Alle Welt kannte Heinrich Kühn. Die monumentalen Landschaftsaufnahmen des in Innsbruck lebenden Fotografen wurden in Ausstellungen dies- und jenseits des Atlantiks gezeigt. Seine Porträts, die arkadischen Szenen mit italienischen Villen und spielenden Kindern erschienen regelmäßig in den einschlägigen Fotozeitschriften. Doch das war vor über hundert Jahren. Um die vorletzte Jahrhundertwende galt Heinrich Kühn, der 1944 im Alter von achtundsiebzig Jahren starb, als Pionier der Kunstfotografie. Der impressionistische anmutende Stil mit den verschwommenen Konturen und intensiven Oberflächen beherrschte den fotografischen Zeitgeschmack. Noch vor dem Ersten Weltkrieg war es damit allerdings vorbei. Heute erinnert man sich nicht mehr an Heinrich Kühn, sondern an zwei seiner engsten Freunde und Weggefährten: Alfred Stieglitz und Edward Steichen.
"'"Das Verhältnis zwischen Stieglitz, Steichen und Kühn entwickelt sich im Laufe ihrer engen Freundschaft, die wohl von 1904 bis 1911 datiert. 1907 treffen sie sich in Deutschland und machen gemeinsam Autochrome, das ist die erste Farbtechnik und es sind alle ganz begeistert davon.""
Das ist Monika Faber, die die Ausstellung über Kühn, Stieglitz und Steichen in der Neuen Galerie kuratiert hat. Schon vor dem Treffen der drei Fotografen in Tutzing, war Alfred Stieglitz nach Tirol gereist, um Heinrich Kühn kennenzulernen. Auch bei dieser Gelegenheit fotografierten die beiden gemeinsam. Zum Beispiel einen pflügenden Bauern. Bei Stieglitz sieht man einen Mann bei der Arbeit. Kühn zeigt eine Figur mit zwei Pferden, die auf Wolken zu wandeln scheint:
"Prinzipiell ist Stieglitz immer viel mehr interessiert am Thema, an dem, was da sich abspielt auf dem Bild, und Kühn immer viel mehr an der Atmosphäre, die durch das Licht entsteht und durch Oberflächenreize zu einem Stimmungsbild führt."
Lange waren es Stieglitz und Steichen, die die technische Perfektion und die theatralischen Kompositionen Heinrich Kühns zu imitieren versuchten. Doch im Lauf ihrer Freundschaft kehrte sich dieses Verhältnis um und der Einfluss seiner amerikanischen Kollegen wird in Kühns Werk deutlich. Die Formate werden kleiner, die Oberflächen zarter. Die Tiefenräumlichkeit kehrt zurück, und die dramatischen Lichtsituationen machen einem klaren Tageslicht Platz, das Heinrich Kühn selber das "amerikanische Licht" nannte.
Wie sehr Kühn, Stieglitz und Steichen einander schätzten, beweist die Tatsache, dass sie ihre Werke von Anfang an gegenseitig sammelten. So stammt die Mehrheit der rund hundertzwanzig Exponate in dieser Ausstellung aus den jeweiligen Nachlässen. Stieglitz, mit dem er 35 Jahre lang korrespondierte, zeigte Kühns Arbeiten in einer der ersten Ausstellungen in seiner bald legendären New Yorker Galerie 291. 1911 widmete er ihm sogar eine Einzelnummer seiner bedeutenden Fotozeitschrift Camera Work. Monika Faber:
"Das ist eine große Ehre. Nur fünf Leute insgesamt ist das passiert. Und diese Nummer ist sozusagen eine Abschiedsnummer. Stieglitz erkennt, dass diese Art von Fotografie sich totgelaufen hat und nicht mehr entwicklungsfähig ist. Und man könnte sagen, es ist ein Abschied, ein bewundernder Abschied von seinem Freund Kühn. Gleichzeitig stellt er in seiner Galerie in New York schon Picasso aus. Man könnte das sozusagen als Rückblick und Vorschau ansehen."
"Heinrich Kühn habe nie aufgehört, in den ästhetischen Kategorien der Jahrhundertwende zu denken, sagt Monika Faber. Er habe sich vom Fin de siècle, dem Jugendstil, dem Impressionismus nicht lösen können. Dennoch hat man in dieser Ausstellung nie den Eindruck, Staub zu atmen. Man wird vielmehr Zeuge des fruchtbaren künstlerischen Austausches zwischen drei Fotografen, die alle die Geschichte ihres Mediums mitgeschrieben haben."
Neue Galerie, New York: Heinrich Kühn and His American Circle: Alfred Stieglitz and Edward Steichen". Bis 27. August. Zur Ausstellung ist unter demselben Titel ein 130-seitiger Katalog erschienen. Er kostet 130 Franken.
"'"Das Verhältnis zwischen Stieglitz, Steichen und Kühn entwickelt sich im Laufe ihrer engen Freundschaft, die wohl von 1904 bis 1911 datiert. 1907 treffen sie sich in Deutschland und machen gemeinsam Autochrome, das ist die erste Farbtechnik und es sind alle ganz begeistert davon.""
Das ist Monika Faber, die die Ausstellung über Kühn, Stieglitz und Steichen in der Neuen Galerie kuratiert hat. Schon vor dem Treffen der drei Fotografen in Tutzing, war Alfred Stieglitz nach Tirol gereist, um Heinrich Kühn kennenzulernen. Auch bei dieser Gelegenheit fotografierten die beiden gemeinsam. Zum Beispiel einen pflügenden Bauern. Bei Stieglitz sieht man einen Mann bei der Arbeit. Kühn zeigt eine Figur mit zwei Pferden, die auf Wolken zu wandeln scheint:
"Prinzipiell ist Stieglitz immer viel mehr interessiert am Thema, an dem, was da sich abspielt auf dem Bild, und Kühn immer viel mehr an der Atmosphäre, die durch das Licht entsteht und durch Oberflächenreize zu einem Stimmungsbild führt."
Lange waren es Stieglitz und Steichen, die die technische Perfektion und die theatralischen Kompositionen Heinrich Kühns zu imitieren versuchten. Doch im Lauf ihrer Freundschaft kehrte sich dieses Verhältnis um und der Einfluss seiner amerikanischen Kollegen wird in Kühns Werk deutlich. Die Formate werden kleiner, die Oberflächen zarter. Die Tiefenräumlichkeit kehrt zurück, und die dramatischen Lichtsituationen machen einem klaren Tageslicht Platz, das Heinrich Kühn selber das "amerikanische Licht" nannte.
Wie sehr Kühn, Stieglitz und Steichen einander schätzten, beweist die Tatsache, dass sie ihre Werke von Anfang an gegenseitig sammelten. So stammt die Mehrheit der rund hundertzwanzig Exponate in dieser Ausstellung aus den jeweiligen Nachlässen. Stieglitz, mit dem er 35 Jahre lang korrespondierte, zeigte Kühns Arbeiten in einer der ersten Ausstellungen in seiner bald legendären New Yorker Galerie 291. 1911 widmete er ihm sogar eine Einzelnummer seiner bedeutenden Fotozeitschrift Camera Work. Monika Faber:
"Das ist eine große Ehre. Nur fünf Leute insgesamt ist das passiert. Und diese Nummer ist sozusagen eine Abschiedsnummer. Stieglitz erkennt, dass diese Art von Fotografie sich totgelaufen hat und nicht mehr entwicklungsfähig ist. Und man könnte sagen, es ist ein Abschied, ein bewundernder Abschied von seinem Freund Kühn. Gleichzeitig stellt er in seiner Galerie in New York schon Picasso aus. Man könnte das sozusagen als Rückblick und Vorschau ansehen."
"Heinrich Kühn habe nie aufgehört, in den ästhetischen Kategorien der Jahrhundertwende zu denken, sagt Monika Faber. Er habe sich vom Fin de siècle, dem Jugendstil, dem Impressionismus nicht lösen können. Dennoch hat man in dieser Ausstellung nie den Eindruck, Staub zu atmen. Man wird vielmehr Zeuge des fruchtbaren künstlerischen Austausches zwischen drei Fotografen, die alle die Geschichte ihres Mediums mitgeschrieben haben."
Neue Galerie, New York: Heinrich Kühn and His American Circle: Alfred Stieglitz and Edward Steichen". Bis 27. August. Zur Ausstellung ist unter demselben Titel ein 130-seitiger Katalog erschienen. Er kostet 130 Franken.