In einer schmucklosen Fabrikhalle in einem Augsburger Industriegebiet tanzt ein Titan Ballett: groß wie ein Elefant, leichtfüßig wie eine Gazelle. Der größte Roboter von Kuka.
"Wenn er sich ausstreckt, ist er über vier Meter groß. Fast fünf Tonnen schwer. Offiziell kann er ein Gewicht von über 1.000 Kilogramm handeln. Bei voller Geschwindigkeit", erklärt Kuka-Produktionsleiter Edmund Bahr.
Der gewaltige Schwenkarm hinter ihm kann ein Auto in Sekundenbruchteilen aufheben und fünf Meter entfernt millimetergenau absetzen.
"Jetzt schwenkt die Vorrichtung nach außen an den Drehtisch. Das nächste Teil wird eingelegt. Und dann bringt’s der Roboter an die nächste Arbeitsstation."
Pausenloses Arbeiten
Der orangefarbene Stahl-Dinosaurier arbeitet ohne Pause, wie in Trance. Er gleicht einem abgerichteten Zirkustier, gefangen hinter einem drei Meter hohen Metallzaun.
"Der ist auch erforderlich. Ich mein, der Roboter hebt 1.300 Kilogramm! Er ist kein sensitiver Roboter. Keiner, der fühlt. Daher brauche ich einen Zaun, der Roboter und Mitarbeiter trennt."
Doch genau das wollen sie ändern bei Kuka – sie wollen die Roboter aus ihren Käfigen befreien. Dazu müssen sie Ihnen Gefühle beibringen. Eine Aufgabe für Dr. Johannes Kurth. Der Ingenieur steht vor einem hüfthohen Kobold, der Schrauben in ein Getriebe dreht wie ein übereifriger Praktikant.
"Wir haben nämlich hier die nächste Generation der Robotik vor uns. Das sind Roboter, die fühlen können. Das heißt, wir haben in jedem Gelenk einen Momenten-Sensor. Und daher kann er auf Kräfte von außen reagieren."
Roboter, die fühlen können
Wenn Entwicklungsleiter Kurth den neuartigen Roboter berührt, stoppt der sofort seine Bewegung wie eine beleidigte Mimose. Andere Modelle haben Ohren oder weitere Sinnesorgane.
"Wo man in der Forschung gerade schwerpunktmäßig arbeitet, ist das Thema Sehen. Also 2D- oder 3D-Kamerasysteme. Damit die Roboter – und das wird sicher der nächste Schritt Richtung kognitive Robotik sein – auch Veränderungen in ihrem Umfeld wahrnehmen können und selbstständig darauf reagieren."
Aus dem Hintergrund surrt ein Roboter auf Rädern heran. KRM iiwa sieht ein bisschen aus wie R2D2 aus Stars Wars. Nur dass der Kuka-Roboter schüchterner als sein Filmkollege ist. KRM iiwa würde gern vorbeifahren, weil er ein Päckchen Schrauben abliefern muss. Er will aber nicht aufdringlich werden.
"Nein, das ist ein freundlicher Roboter, der lässt unseren Mitarbeitern und Gästen immer noch den Vorrang."
Noch. Aber bald schon könnte ein autonomer Roboter sein Gegenüber vorsichtig anstupsen oder hupen. Gefährlich soll er dem Menschen dabei nicht werden – weder körperlich noch in Bezug auf dessen Arbeitsplatz, sagt Kuka-Produktionsleiter Bahr:
"Das, was man momentan macht, das direkte Zusammenarbeiten von Mensch und Roboter, da habe ich ja den Menschen integriert. Auch die Industrie-4.0-Überlegungen sind ja, Entscheidungen zu treffen, die nach wie vor der Mensch treffen wird. Also Automatisierung heißt nicht, den Menschen zu ersetzen."
Menschen sollen nicht ersetzt werden
In Zukunft will Kuka sensitive Roboter beispielsweise an Krankenhäuser oder Altenheime liefern. Dort sollen sie Botengänge übernehmen oder Patienten helfen – etwa beim Aufstehen. Ein riesiger Markt, den das bayerische Unternehmen in den nächsten zehn Jahren erschließen will. Industrie 4.0 für den Hausgebrauch. Edmund Bahr definiert das so:
"Die richtigen Daten zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort, um die richtigen Entscheidungen zu treffen. Das bringt Geschwindigkeit und senkt Kosten."
Und darauf kommt es letztlich an beim Roboterbau. Keine Zeit für sentimentale Science-Fiction-Phantasien.