An der Zusammenarbeit mit Google und Facebook führt für die deutschen Zeitungsverlage kein Weg mehr vorbei. Und natürlich profitieren die Verlage von der Vermarktung ihrer Produkte, ihrer Texte über die Suchmaschine oder das soziale Netzwerk, erklärt Götz Hamann von der Zeit:
"Die Aufmerksamkeit und die Nutzer, die wir über Facebook und Google bekommen, beginnen viele Verlage inzwischen recht erfolgreich in Abonnenten zu verwandeln. Und an der Stelle ist es ein Weg, um für uns in der Zukunft neue, jüngere Abonnenten zu gewinnen."
Plötzlich seltener im Newsfeed
Allerdings berge die Zusammenarbeit mit den übergroßen Partnern auch Gefahren. Zum Beispiel dann, so Götz Hamann…
"… wenn Facebook vor zwei Monaten seinen Algorithmus verändert, dadurch ein erheblicher Teil der Aufmerksamkeit auf Nachrichten von großen Nachrichtenorganisationen und Medien auf einmal verschwindet, weil die nicht mehr so oft im Newsfeed auftauchen, und man weiß nicht warum! Insofern ist das schwierig, wenn man sich auch mit Investment und Energie und Kraft auf diese Plattform einlässt und wie von einem Hagelsturm getroffen wird und auf einmal einen Teil seiner Ernte nicht mehr einfahren kann!"
Tech-Konzerne sollten mit Abstand betrachtet werden
Bei der Podiumsdiskussion des International Press Institutes in Hamburg mahnte auch sein Kollege Espen Egil Hansen von der norwegischen "Aftenposten" vor einer allzu großen Abhängigkeit von den beiden Tech-Konzernen:
"Wir sind nicht miteinander verheiratet und es ist schon kompliziert. Daran müssen wir arbeiten. Denn wenn man mit einem Elefant ins Bett steigt und er bewegt sich, dann hat man ein Problem. Ich würde also schon auf ein bisschen Distanz achten."
Meinungsäußerung und Demokratie soll gestärkt werden
Unterm Strich, so die Einschätzung von Espen Egil Hansen, würden Google und Facebook durch die Zusammenarbeit mehr Geld verdienen als die Verlage und Sender. Auch Googles Digitale Nachrichten Initiative, die DNI, wird von der Branche mit zwiespältigen Gefühlen aufgenommen.
150 Millionen Euro hat der Suchmaschinen- und Werbekonzern zur Verfügung gestellt, um mit kleinen und großen Medienhäusern Projekte anzuschieben, die journalistische Inhalte im Netz besser auffindbar und konsumierbarer zu machen.
Das Technik-Magazin Golem.de entwickelt mit den Geldern eine Software, die je nach Nutzer verschiedene Textlängen ausspucken soll: Wer wenig Zeit zum Lesen hat, bekommt eine kurze Zusammenfassung des Artikels, wer mehr wissen will, dem wird - möglichst automatisiert - eine ausführliche Analyse angeboten. Gerrit Rabenstein von Google fasst das Ziel der DNI so zusammen:
"Wir wollen die freie Meinungsäußerung und weltweit die Demokratie stärken! Indem wir Menschen mit diesem Fonds von 150 Millionen Euro unterstützen, ihre eigenen Ideen zu entwickeln, wie Journalismus und neue Technologien und wirklich neue Ideen zusammen kommen können."
Finanzstarke Zeitungen werden weiterhin unabhängig sein
Die Gefahr, dass durch die Gelder von Google und Facebook am Ende ungewollte und allzu große Abhängigkeiten entstehen könnten, sieht Götz Hamann von der "Zeit" nicht. Zumindest nicht für die relativ finanzstarke Hamburger Wochenzeitung:
"Wenn ich mir angucke, wo wir das größte Investment selber haben, dann hat das mit Google und Facebook nichts zu tun, mit deren Fonds oder mit den Kooperationen mit denen. Das ist nicht das Zentrum unserer Veränderung und unserer publizistischen Innovationsstrategie!"
Verbreitung von Inhalten führt zu mehr Google-Nutzung
Offen bleibt, wie abhängig kleinere Verlage und Zeitungen in Zukunft von Google und Facebooks Geldern und Geschäftsmodellen sein werden. Die beiden Konzerne geben ihre Millionen wohl kaum aus rein idealistischen Gründen. Die Entwicklung passgenauer Online-Techniken für die Verbreitung von Inhalten kann in jedem Fall zu einer höheren Verweildauer auf Facebook, zur vermehrten Google-Nutzung führen. Und die beschert beiden Konzernen neue Einnahmen, die am Ende höher sein könnten als die Kosten für die so großzügig gefüllten Fonds.