Für Carsten Probst ist der Raubkunstschwerpunkt in der Neuen Galerie kein bloßer Ersatz dafür, dass es der documenta nicht gelungen ist, den Nachlass des NS-Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt zu zeigen. Das war ursprünglich geplant. Die Künstlerin Maria Eichhorn etwa habe das Thema "sehr schön aufgearbeitet". Es sei klar, dass die documenta das Thema Raubkunst nicht erschöpfend bearbeiten könne. Für Ingo Arend zählt bei der Auseinandersetzung mit Raubkunst, dass sie "eine Funktion in die Öffentlichkeit hinein" entwickle. Das sei wichtig, weil das Thema sonst oft im Bereich der Wissenschaft verschwinde.
Wichtig, dass die Athener Sammlung in Kassel ist
Die Sammlung des Athener Museums für Zeitgenössische Kunst, die im Fridericianum zu sehen ist, überzeugt Carsten Probst. Man müsse sich vielleicht nicht in jedes einzelne Werk hineinfühlen, sondern es zähle, dass "die Sammlung überhaupt hier" in Kassel besucht werden könne. Die Schau verstehe sich "als Kommentar zur Situation im heutigen Griechenland, aber auch in einem Kontext zum Weltgeschehen".
Was das Konzept der zwei Orte Athen und Kassel für die documenta 14 angeht, so meint Ingo Arend, dass die Kasseler Schau die Fehler von Athen wiederhole. Das betreffe vor allem ein fehlendes Motto, so Arend. Zu sehen sei eine Palette an "kapitalismuskritischen Nadelstichen". Das kulminiere aber nicht in eine These.
Probst: "Ich vermisse eine ästhetische Vision"
Carsten Probst sieht eine inhaltliche Grundthese der documenta: Sie wolle wieder ein Ort des Lernens und der Erziehung sein. Das sei sie schon 1955 gewesen. Doch sie "überfordert sich mit diesem Anspruch", so Probst. Die Welt von 1955 sei nicht mehr die von heute, die Situation sei ein völlig andere. "Ich glaube, die documenta vernachlässigt diese eigene Mission ein bisschen auf der ästhetischen Seite." Probst: "Die ästhetische Vison, die ein bisschen weiter in die Zukunft denken lassen könnte, die vermisse ich hier ein bisschen vor lauter museumspädagogischen, wertvollen Ansätzen."