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Dokument der Woche, 18.10.1989
DLF-Kommentar zum Wechsel von Erich Honecker auf Egon Krenz

Egon Krenz wurde oft als Kronprinz Erich Honeckers bezeichnet. Im Oktober 1989 war es dann soweit. Den Machtwechsel in Ost-Berlin kommentierte für den Deutschlandfunk Karl Wilhelm Fricke, langjähriger Leiter der Ost-West-Abteilung des DLF und selbst prominentes SED-Opfer.

Von Karl Wilhelm Fricke |
    Schwarz-weiß-Nahaufnahme von Egon Krenz, links im Bild und Erich Honecker, rechts im Bild, von der Seite, gucken nach links
    Das Bild stammt von 1986, da war Erich Honecker noch der Chef von Egon Krenz. (picture alliance / dpa / Chris Hoffmann)
    Egon Krenz wurde oft als Kronprinz Erich Honeckers bezeichnet. Im Oktober 1989 war es dann soweit. Die Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag der DDR-Gründung hatten die Position des auch gesundheitlich angeschlagenen Honecker nicht stabilisieren können. Wohl mit Rückendeckung aus Moskau wagte Krenz es in der Politbüro-Sitzung der SED am 17.10.1989. Honecker leistete wenig Widerstand und seine Ablösung wurde beschlossen. Einen Tag später wurde Krenz im Alter von 52 Jahren Staats- und Parteichef der DDR.
    Das Gesicht der DDR in den 1970er und 1980er Jahren
    Der Saarländer Honecker war als Funktionär der KPD und im Nationalsozialismus zu einer zehnjährigen Zuchthausstrafe verurteilt worden. Nach dem Krieg war er in der DDR Mitbegründer und bis 1955 Vorsitzender der Jugendorganisation FDJ. Im ZK der SED war er maßgeblich an den Entscheidungen zum Bau der Berliner Mauer beteiligt. Als Generalsekretär des ZKs der SED, Staatsratsvorsitzender sowie Vorsitzender des Nationalen Verteidigungsrates war er in den 1970er und 1980er Jahren das Gesicht der DDR. Im September 1987 wurde er bei einem offiziellen Besuch der Bundesrepublik in Bonn von Bundeskanzler Helmut Kohl empfangen.
    1992 wurde Honecker wegen der Menschenrechtsverletzungen des DDR-Regimes vor Gericht gestellt. Als das Verfahren wegen seiner Krankheit eingestellt wurde, reiste Honecker sofort zu seiner Familie nach Chile, wo er im Mai 1994 starb.
    Egon Krenz erfand den Begriff "Wende"
    Auch Egon Krenz wurde als FDJ-Chef bekannt. Er war nach dem Oktober 1989 für weniger als zwei Monate SED-Generalsekretär und Staatsratsvorsitzender der DDR. Krenz führte den Begriff „Wende" ein, der auch deshalb umstritten ist. Nach der Wiedervereinigung wurde er wegen Totschlags zu sechseinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. 2003 wurde Krenz aus der Haft entlassen.
    Zu diesem "Dokument der Woche" haben wir 25 Jahre danach folgendes Interview mit Karl-Wilhelm Fricke geführt.