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Doping-Vorwürfe
"Russland ist ein durch alle Schichten verseuchtes System"

Der deutsche Marathonläufer Arne Gabius forderte im DLF das IOC auf, die Whistleblowerin Julia Stepanowa zu den Olympischen Spielen nach Rio einzuladen - als Signal, dass Whistleblower willkommen und wichtig seien, um Problemen im Sport Herr zu werden. Dass der Leichtathletik-Weltverband die russischen Sportler für internationale Wettbewerbe gesperrt hat, bezeichnete Gabius als "Schritt in die richtige Richtung".

Arne Gabius im Gespräch mit Andrea Schültke |
    Der Marathon-Läufer Arne Gabius, aufgenommen am 05.04.2016 in Stuttgart (Baden-Württemberg).
    Der Marathon-Läufer Arne Gabius. (picture alliance/dpa - Marijan Murat)
    Der russische Sport brauche noch 18 bis 24 Monate, um den Code der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) zu erfüllen, hatte die Anti-Doping-Task-Force unter der Führung von IAAF-Chefermittler Rune Andersen mitgeteilt. Diesen Code bezeichnete Arne Gabius im DLF als Minimalkriterium, um einen sauberen Sport zu gewährleisten. Daher sei der Ausschluss der russischen Leichtathleten bei den Olympischen Spielen ein erster Schritt. Der zweite Schritt sei, dass die Russen regelkonform würden.
    Zur Frage, ob der gesamte russische Sport ausgeschlossen werden sollte, sagte Gabius, man müsste erst den Report zu den Manipulationsverdächtigungen bei den Olympischen Spielen in Sotschi abwarten - dort steht auch eine Einmischung des russischen Geheimdienstes im Raum.
    Kenia nicht vergleichbar mit systematischem Doping in Russland
    Im Gegensatz zu Russland sei Kenia, Läufernation und Trainingsland von Gabius, ein Entwicklungsland. Kenia habe "nicht mal eine nationale Anti-Doping-Agentur". Die Strukturen dort seien mit russischem systematischen Doping nicht vergleichbar. Wenn Doping in Kenia passiere, handle es sich um kleinere Trainingsgruppen und Ärzte, die Trainer überzeugen. Dort sei die soziale Not ein Antrieb für Doping, wohingegen "Russland durch alle Schichten hindurch ein verseuchtes System" sei.
    Gabius forderte, die Welt-Anti-Doping-Agentur besser finanziell aufstellen. Dass die WADA den Münchner Kriminalbeamten Günter Younger als Chefermittler eingestellt hat, habe ihn "sehr erfreut". Younger war einer von drei Ermittlern der unabhängigen WADA-Kommission, die anhaltende Verstöße gegen die Anti-Doping-Richtlinien russischer Athleten aufgedeckt hatte. Er brauche aber Kompetenzen und mehr Geld, so Gabius, um auch in anderen Ländern wie Kenia, Marokko, Äthiopien oder in der Türkei Nachforschungen anzustellen.
    Geld den richtigen Zwecken zuführen
    In den letzten 20 Jahren habe man wenig zur Bekämpfung von Doping getan. "Ich hoffe, dass die finanziellen Mittel bereit gestellt werden", sagte Gabius. "Geld ist im Sport genug da. Es muss nur in die richtigen Kanäle geleitet werden."
    Gabius sagte, das IOC sollte die Whistleblowerin Julia Stepanova einladen, die mit ihren Enthüllungen dazu beitrug, das systematische Doping in der russischen Leichtathletik aufzudecken. Das IOC habe das Hausrecht, Athleten einzuladen, egal ob sie sich sportlich qualifiziert haben. Das wäre "ein richtiges Zeichen an alle, die in einem System gefangen sind, aus dem sie ausbrechen wollen und die Frau Stepanova als Vorbild nehmen". Damit würde man das Signal senden: "Whistleblower sind willkommen, sie sind wichtig" - anders werde man den Problemen nicht Herr. "Deswegen ist mein Appell an das IOC, Frau Stepanova nicht irgendwelche Hürden in den Weg zu stellen. Sondern einfach zu sagen, sie ist willkommen in der olympischen Familie, sie darf in Rio starten."
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