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Draufgänger und Melancholiker

Er war einer der ersten großen Stars, die das deutsche Kino hatte: Hans Albers. Noch heute laufen seine Filme im Fernsehen und die Lieder, die er gesungen hat, sind noch immer Ohrwürmer. Bereits zu Lebzeiten war der Schauspieler und Sänger ein Mythos: ein Synonym für Hamburg und St. Pauli, Heimat und Fernweh.

Von Vanessa Loewel |
    Strahlend wasserblaue Augen, Hamburger Slang und blonde Haare – das waren seine Markenzeichen. Auf Fotos präsentierte er sich mit Kapitänsmütze, Zigarette im Mundwinkel, im Arm ein Schifferklavier oder eine junge Frau. "Hans in allen Gassen", "Der Draufgänger" oder "Der Sieger" heißen die Filme, für die ihn das Publikum Anfang der 30er-Jahre geliebt hat. In einer Zeit der Unsicherheiten verkörperte er den harten Kerl mit dem jungenhaften Charme.

    "Hoppla, jetzt komm ich! Alle Türen auf, alle Fenster auf, Hoppla jetzt komm ich und wer mit mir geht, kommt einen rauf."

    1891 wird Hans Albers in Hamburg als Sohn eines Schlachters geboren. Nach Jahren privaten Schauspielunterrichts, ersten Engagements in Tingeltangel- und Provinztheatern, geht er mit 25 Jahren nach Berlin.

    "So schnell siegt man ja nicht. (...) Zuerst habe ich gespielt am Theater des Westens, im Operettenfach, dann war ich eine ganze Zeit Revue-Star, tausend nackte Beine, da musste ich dann vom Kronleuchter runter springen, und da habe ich die harte Schule des täglichen Theaterspielens durchgemacht."

    Hans Albers ist ein Kraftprotz. Für keinen Gag, kein akrobatisches Kunststück ist er sich zu schade. Bald entdeckt ihn der Stummfilm: Die Schurken, Spione und Hochstapler werden sein Fach. Seinen Durchbruch als ernstzunehmenden Schauspieler feiert er auf der Bühne:
    1928 holt ihn Max Reinhard an das Deutsche Theater, 1931 spielt er den Karussel-Ausrufer Liliom im gleichnamigen Rummelplatz-Klassiker.

    "Komm auf die Schaukel, Luise! Es ist ein großes Plaisir. Du fühlst Dich wie im Paradiese und zahlst nur nen Groschen dafür."

    Doch erst der Tonfilm macht ihn zu einem Leinwandstar. Endlich kann er seine unverkennbare Stimme einsetzen.

    "Jawohl, meine Herren, so haben wir es gern. Von heut an gehört uns die Welt. Jawoll meine Herrn, die Sorgen sind fern. Wir tun, was uns gefällt."

    Während des Nationalsozialismus gehört Hans Albers neben Heinz Rühmann und Zarah Leander zu den größten Stars der UFA. Er spielt den Sheriff, den raubeinigen Abenteurer, den unerschrockenen Piloten. Als Baron Münchhausen fliegt er auf einer Kanonenkugel über die Leinwand. Für die Nazis dreht er meist Unterhaltung, Durchhaltestreifen, aber auch Propagandafilme. Doch Einladungen von Goebbels lehnt er ab, und von seiner jüdischen Lebensgefährtin Hansi Burg trennt er sich erst, als sie 1938 ins Londoner Exil flieht.

    Nach dem Krieg ist Hans Albers einer der ersten Stars der NS-Zeit, die wieder im Kino wieder Rollen bekommen. 1946 feiert er mit "Große Freiheit Nr. 7" unter der Regie von Helmut Käutner einen seiner größten Erfolge.

    "Seemanns Braut ist die See, und nur ihr kann er treu sein. Wenn der Sturmwind sein Lied singt, dann winkt mir - der Großen Freiheit Glück!"

    Aus dem Sieger ist ein Melancholiker geworden. Wieder trifft er damit die Stimmung seines Publikums. Der alternde Seemann, der Kapitän, der nach Hause zurückkehrt, wird seine neue Paraderolle.

    "Ich bin jetzt mit meinem Film 'Der letzte Mann' eigentlich dazu übergegangen, nie mehr Leute zu spielen, die jünger sind als ich selber. Dieses Wort 'Hoppla, jetzt komm ich', was in der Presse und überall eigentlich über eine Generation lang gebraucht wurde, dieses Wort möchte ich, von mir aus, nicht mehr gerne hören. Und, hoppla, jetzt kommt ein anderer Albers, und ich hoffe, dass ihr Berliner mich auch als älteren Herren noch weiter lieb haben werdet. Das wär mein größter Wunsch."

    Viele Filme, die er in den 50er-Jahren dreht, versuchen an seine alten Erfolge anzuknüpfen. Noch einmal kehrt er auf die Große Freiheit, nach St. Pauli, zurück

    "Auf der Reeperbahn nachts um halb eins, ob du 'n Mädel hast oder auch keins, amüsierst du dich, denn das findet sich auf der Reeperbahn nachts um halb eins."

    Er braucht das Rampenlicht wie seinen Cognac. Im Alter von 69 Jahren bricht Hans Albers während einer Theateraufführung zusammen, mit schweren inneren Blutungen. Er stirbt drei Monate später, am 24. Juli 1960.