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Düngemittel
Wohin mit der Gülle?

Gülle fällt in vielen Regionen Deutschlands im Übermaß an - die Entsorgung wird oft zum Problem. Die Bauern schaffen mit sogenannten Nährstoffbörsen teils selbst Abhilfe und auch Landhandelsunternehmen steigen in das Geschäft ein. Gleichzeitig arbeiten Wissenschaftler an alternativen Verwertungsmethoden.

Von Angelika Gördes-Giesen |
    Ein Landwirt in Niedersachsen bei Hoopte bringt Gülle aufs Feld.
    Ein Landwirt in Niedersachsen bei Hoopte bringt Gülle aufs Feld. (picture alliance / dpa)
    Im Frühjahr hinterlassen Trecker oft Gülle-Düfte, die immer mehr Anwohner, Spaziergänger aber auch Berufskollegen ärgern. Deshalb hat die Landwirtschafts-Kammer NRW ein Internetportal für Verbraucher eingerichtet. Hier erfährt man, wo man sich beschweren kann, aber auch wie schwierig das Geschäft mit der Gülle geworden ist. Tagelang dürfen Güllepfützen nicht auf dem Acker stehen, das ist verboten. Erlaubt ist gerade mal so viel Gülle, das maximal 17o Kilogramm Stickstoff auf einem Hektar landen, erklärt Dieter Trautz, Ackerboden-Spezialist an der Hochschule Osnabrück:
    "Gülle ist dann klimaschädlich, wenn bei der Ausbringung klimawirksame Spurengase entstehen, Gase die zum Treibhauseffekt beitragen und ein ganz klassisches ist das N2O, 'das Lachgas.'"
    Neue Techniken, Gülle direkt tröpfchenweise in den Boden einzuarbeiten, sind aufwendig und teurer. Hans Werner Olfs hat sie an der Hochschule in Osnabrück getestet. Sie erzielen bessere Düngereffekte:
    "In der Gülle sind viele Nährstoffe drin, neben Stickstoff und Phosphor, den beiden wichtigsten, auch relativ viel Kalium. Es sind aber auch Mikronährstoffe drin, Kupfer zum Beispiel, Zink, Mangan. Es ist eigentlich ein Multi-Nährstoff-Dünger, kann man sagen."
    Rund 1,5 Millionen Tonnen Gülle werden in Deutschland produziert - Tendenz steigend. So entwickelten sich in den letzten Jahren Nährstoff-Börsen.
    Nach dem Motto: biete Gülle - suche Ackerflächen, gelangt zum Beispiel Schweine-Gülle aus dem Kreis Steinfurt ins Rheinland, wo Betriebe, die nur Getreide anbauen, Dünger brauchen. Das klappt aber nur nach genauer Bodenanalyse, so Dieter Trautz:
    "Wichtig ist aber nur, dass wir uns vorher den Boden angucken und mit den Landwirten das besprechen, dann geben wir generelle Empfehlungen: Auf den eigenen Böden funktioniert das gut, hier funktioniert das eingeschränkt und bei anderen Böden lass die Finger davon."
    Verkaufe Futter - nehme Gülle zurück
    So wird das Geschäft mit der Gülle immer teurer, denn auch Vermittlungs- und Transportkosten steigen, zudem verlangen manche Ackerbauern bereits Einarbeitungskosten. Gülle in hofeigenen Biogasanlagen zu nutzen, um Strom und Wärme zu erzeugen, ist kaum noch wirtschaftlich, da die Einspeise-Vergütungen gesenkt wurden.
    Trotzdem steigt die AGRAVIS in das Gülle-Biogasgeschäft ein. Das Land-Handels-Unternehmen kaufte eine der größten Biogasanlage in NRW. Das Geschäftskonzept: Verkaufe Futter - nehme Gülle zurück, erklärt Ludger Leyfker:
    "Da wir sehr stark im Futtermittelgeschäft unterwegs sind, sehen wir es als Aufforderung an, den Landwirten nicht nur Futtermittel zu verkaufen, sondern auch was den gesamten Kreislauf angeht, sprich bei der Nährstoffverwertung, Lösungen anzubieten."
    Die Biogasanlage in Dorsten direkt am Weser-Dattel Kanal kann rund sechs Mega-Watt Strom erzeugen sowie drei Blockheizkraftwerke betreiben. Die Energieerzeugung steht aber nicht im Mittelpunkt, sondern die Gülleverwertung:
    "Es muss sich rechnen, wie sich jedes Investment rechnen muss, aber wir stellen an dieses Investment bei Weitem nicht die Anforderung, die wir sonst an unsere Investments stellen, sondern die ist ein Teil in der Gesamtkette: Landwirtschaft, Futtermittelherstellung, Nährstoffverwertung."
    Futtermittel aus Rindergülle
    Am Ende bleiben aber jede Menge Gärreste übrig, die ebenso wie Gülle, Nährstoffe enthalten. Sie werden verkauft:
    "Wir haben keine Probleme, das loszuwerden. Wir haben ja in Norddeutschland, in Ostdeutschland ja sehr große Ackerbauregionen, wo wir entsprechenden Bedarf an Dünger haben. Da können wir mit unseren Gärresten aus unserer Anlage einen Beitrag leisten und dort die Dünung unterstützen.
    Aber egal ob Gärreste, Gülle oder Mist: zu viel belastet die Umwelt und deshalb fordern die Grünen in der Diskussion um die neue Dünge-Verordnung Höchstmengen-Begrenzungen und genaue Dokumentation, was alles auf dem Acker landet. Um das Geschäft mit der Gülle lukrativ zu machen, sind andere Lösungen gefragt. Wissenschaftler arbeiten bereits an grüner Bio-Kohle aus Gülle, Dünger für den Hobbygärtner oder an neuen Eiweiß-Stoffen für Futtermittel, wie Christoph Wetter an der Fachhochschule Steinfurt:
    "Da haben wir Futtermittel gemacht aus Rindergülle, aus Schweinegülle in einem Konversionsprozess mit Hilfe der Abwassertechnik. Wir haben Einzeller-Protein erzeugt, haben das Protein aufgeschlossen und es dann an Fische verfüttert, das hat gut funktioniert."