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DVD-Neuerscheinung
Terri Hooley und das "Good Vibrations"

Das "Good Vibrations" in Belfast war und ist ein Plattenladen und -label für Independent- und Punkrock-Bands. Hier feierten Rudi oder The Undertones ihren Durchbruch. Gründer Terri Hooley gilt bis heute in Nordirland als "Godfather of Punk". Die Regisseure Lisa Barros D'Sa und Glenn Leyburn haben ihm den Film "Good Vibrations" gewidmet, der jetzt auf DVD erscheint.

    "Meine Freunde waren Anarchisten, Marxisten, Sozialisten, Pazifisten und Feministen. Dann fiel der erste Schuss, die erste Bombe ging los. Es gab nur noch Protestanten oder Katholiken."
    In den 1970er-Jahre lebt Terri Hooley mitten in Belfast und träumt davon, fernab von allen politischen oder religiösen Barrieren ein normales Leben mit seiner Frau Ruth zu führen. Eigentlich ist er DJ. Doch die Gewalt auf den Straßen hat das Nachtleben zerstört.
    "Vielleicht sollten wir einfach hier wegziehen."
    "Genau das erwarten die. Das wollen die doch."
    Doch dann hat Terri eine geniale Idee.
    "Was haben sie gesagt?"
    "Ich will einen Plattenladen aufmachen."
    "Auf der Great Victoria Street? Der Bombenallee?"
    Bomben mit Musik bekämpfen
    Terri will die Bomben mit Musik bekämpfen: Mit Reggae und Country, mit Folk Blues und Rockabilly. Der Laden, "Good Vibrations" genannt, kommt nur schleppend in Gang. Doch im Januar 1978 erlebt Terri das Konzert der jungen nordirischen Band "Rudi" und hört ihren Song "Big Time". Es ist seine erste Berührung mit der noch jungen Punkbewegung, und Terri ist aus dem Häuschen.
    "Jungs, wo habt ihr mein Leben lang gesteckt?"
    "Kennen wir dich?"
    "Terri Hooley. Ich habe einen Plattenladen und diesen 'Big Time Song', 'Big Time, you ain´t no friend of...' den will ich in meinem Laden haben."
    "Wollen kannst du alles."
    "Den gibt es nicht auf Platte?"
    "Auf Platte? Na klar! Wer kommt schon nach Belfast und signed uns? So sieht es aus. Ist uns egal."
    "Ich mache es. Ich bring euch raus!"
    "Du bist besoffen."
    "Na und! Ich bringe die Platte raus."
    Terri schafft eine Stätte der Begegnung und mutiert allmählich zum "Godfather of Punk", wie er sich noch heute erinnert. Interviews mit den wahren Protagonisten von damals finden sich im Bonusmaterial.
    "Wenn es irgendeinen Platz in der Welt gab, der Punk brauchte, dann war es Belfast. Punk war die vereinigende Kraft. Zum ersten Mal seit den Straßenkämpfen kamen Protestanten und Katholiken an einem Ort zusammen."
    Doch nicht alle teilen Terris Begeisterung. Als er für "Rudi" einen Plattenvertrieb in London sucht, bekommt er nur Absagen. Und auch die nächste heiße Single, "Teenage Kicks" von den "Untertones", wird von allen abgelehnt.
    "Wo sind die Knarren?
    "Sorry?"
    "Die Knarren, die Bomben, die Panzer?"
    "Panzer?
    "Der Zorn."
    "Na, Ölgemälde sind das nicht gerade. Haben die gut aussehende Freundinnen?"
    "Das ist shit!"
    "Shit?"
    "Ja, shit!"
    "Das ist kein Shit!"
    "Doch ist es!"
    "Das ist Shit!!!"
    "Schickt die Security her, schnell!"
    Mischung aus Biografie und Komödie
    Terri bleibt nur noch der Gang zur BBC, wo er dem DJ und Musikentdecker der Nation, John Peel, eine Single hinterlässt. Und dann geschieht nicht nur für Undertons-Schlagzeuger Bill Doherty ein Wunder.
    "Es war eine Montagnacht, als er die Platte spielte, und wir waren so begeistert. Und dann passierte das Unglaubliche: Er spielte den Song gleich noch mal."
    Es ist die großartigste Szene des Films, wenn Terri Holley freudeschreiend vors Haus rennt und dort im Scheinwerferlicht eines Armeehubschraubers die Arme in die Höhe reißt. "Good Vibration" ist eine Mischung aus Biografie und Komödie, vor allem aber ein Werk, das vom Idealismus des Protagonisten lebt und viele denkwürdige Szenen liefert: wie sich alle Musiker im Laden versammeln, um gemeinsam das Cover der ersten Untertones-Single zu falten, wie Terri völlig unfähig ist, aus dem Erfolg von "Teenage Kicks" Geld zu machen, oder wie die "Outcasts" ihr erstes Konzert in der irischen Provinz spielen und nach langem Zögern der erste junge Mann tänzelnd auf die Konzertfläche tritt. Und schließlich wie Terri - wieder einmal pleite - 1980 das erste internationale Punk und New Wave-Festival organisiert und erklärt, warum die Punk-Bewegung in Belfast Zuhause ist. Ein großartiger Film.
    "New York hat die Frisuren, London hat die Hosen, aber Belfast hat den Grund dazu."