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Eifersucht im Feenreich

Seine Inszenierung von "Ein Sommernachtstraum" nach Benjamin Britten gerinnt dem lettischen Regisseur Viestur Kairish zu einem merkwürdig zähen, stumpfen Abend. Immerhin: Gesungen wird sehr gut.

Von Georg Friedrich Kühn |
    Komödie. Komödie? Nein, von Komödie ist hier weit und breit nichts zu sehen. Es sei denn, man findet einen beinlangen Schwanz an Zettels Eselskostüm, den er dann auch noch zum Periskop aufplustern kann, furchtbar witzig. Ein paar Gluckser im Publikum immerhin gibt's.

    "Oper in drei Akten" untertitelte Benjamin Britten 1960 schlicht seine Version von Shakespeares "Sommernachtstraum". Ihm ging's dabei um das Recht jedes einzelnen Menschen auf die von ihm begehrte Form seines sexuellen Lebens. Und er fühlte sich da bekanntlich nicht frei.

    Dem lettischen Regisseur Viestur Kairish gerinnt das bei seiner Neu-Inszenierung des Werks an der Berliner Komischen Oper zu einem merkwürdig zähen, stumpfen Abend.

    Die Bühne von Ieva Jurjãne zeigt eine pseudo-naturalistische Felsenschlucht mit Höhlennischen und Weichplastikboden. Die Elfen, ein Kinderchor, marschieren anfangs ein mit Alt-Männer-Kopfmasken und legen zum Teil mannsgroße Teddys ab.

    Ziemlich bald werden denen von den verzweifelten Liebespaaren, die nicht zusammenkommen können, wie sie wollen, die Gliedmaßen ausgerupft. Und später werden die Stofftiere von den Handwerken in einer eigens ausgehobenen Grube begraben.

    Für die Hochzeit im dritten Akt schickt die Ausstatterin tonnendicke Mädels in knallbunten Kleidchen mit Russen-Haarschleifchen auf die Bühne. Die Jungs dazu kommen in kurzen Hosen mit Kniestrümpfen und Schlips zum Fest. Der Höhepunkt des Handwerker-Schauspiels ist eine Begegnung der anderen Art.

    Die Handwerker hopsen ihre Bergmasque in Skelett-Kostümen. Und am Ende lagern sich die Hochzeitsgäste am Boden mit einem der Kind-Greise im Arm. Puck darf dazu aus der obersten Proszeniumsloge eine gute Nacht wünschen. Die hat man auch dringend nötig.

    Immerhin: Gesungen wird sehr gut. Insbesondere David DQ Lee, der koreanische Countertenor in der Rolle des Elfen-Königs Oberon, kann mit seiner silberhellen, schlanken Stimme beeindrucken. Aber auch die jungen Paare sind durchweg ansprechend besetzt. Eine leicht komödiantische Note trägt Stefan Severnich als Zettel bei.

    Im Graben steuert Kristiina Poska das sicher und klangschön aufspielende Orchester der Komischen Oper. Das Publikum applaudierte am Ende überraschend freundlich.

    Was der aus dem Umfeld von Alvis Hermanis stammende Regisseur mit seiner von Teddys, Elfengreisen und infantilen Kobolden bevölkerten Bühne zeigen will, muss man im Programmheft nachlesen. Er will den Figuren des Sommernachtstraums ihre verlorene Kindheit zurückgeben.

    So erwachen die jungen Paare denn auch aus ihrem Traum als humplige Greise zu weiterem Leben. Ein mitreißender Opernabend wird daraus allerdings nicht. Und zur ästhetischen Weiterentwicklung der Komischen Oper trägt er auch nichts bei. Eher im Gegenteil. Traurig – und das, obwohl man sich der deutschen Übersetzung des Librettos durch den einstigen Gründervater des Hauses, Walter Felsenstein, befleißigt. Der besorgte damals die deutsche Erstaufführung von Brittens Oper in Hamburg und dann Berlin.