Diese Stadt, die in diesem Jahr ihr Tausendjähriges feiert, die immer stolz war auf ihre weltstädtischen Traditionen, maß sich gern mit den großen Metropolen der Welt, was manchmal - auf dem Gebiet der Literatur im 18. und dem der Musik im 19. Jahrhundert - tatsächlich gelang. Und so es nicht gelang, hatte man doch wenigstens den Versuch unternommen - wenn nicht Paris, dann war man wenigstens "Klein-Paris".
Leipzig hat sich in 1.000 Jahren immer wieder neu erfunden, zog und zieht seine Kraft aus Visionen und dem Glauben, sie umsetzen zu können. Ob als Welthauptstadt des Buchdrucks und Buchhandels, des Pelzhandels und der Parfümindustrie. In Leipzig wurde der Notendruck erfunden, die erste europäische Ferneisenbahnstrecke gebaut. Hier gönnt man sich das größte Orchester und den größten Denkmalsbau der Welt.
In Leipzig gab es den ersten Atomunfall der Geschichte, hier wurde der buddhistische Missionsverein für Deutschland gegründet. Oder wie der Leipziger Kabarettist Bernd-Lutz Lange es ausdrückt: "Wenn man richtig guckt, kommt ja eigentlich alles aus Leipzig."
2015 feiert Leipzig ein Doppeljubiläum: 1000 Jahre Ersterwähnung, 850 Jahre Stadtrecht. Diese Stadt anekdotisch und in ihrer historischen Genese zu erzählen, mal mit dem schrägen Blick "von unten", mal in der Überschau des Historiengemäldes, mal mit der Detailverliebtheit Leipziger Literaten, daß ist der Kompositionsansatz dieser Langen Nacht. Wie ein "Leipziger Allerlei" - für den Unkundigen scheinbar zusammengerührt, tatsächlich aber von erlesenen Zutaten und schon beim ersten Kosten schmackhaft.
Leipzig lebt anders als andere deutsche Handelsstädte: Weltoffener und bildungshungriger, musischer und lockerer. Von diesem Charme und dem Werden dieser Stadt erzählt die Lange Nacht - gegliedert in drei thematische Stunden:
Leipzig lebt anders als andere deutsche Handelsstädte: Weltoffener und bildungshungriger, musischer und lockerer. Von diesem Charme und dem Werden dieser Stadt erzählt die Lange Nacht - gegliedert in drei thematische Stunden:
Erste Stunde: Lipsia - Leipzsch - Hypzig: Der Geist von Leipzig
Leipzig - Kein Tor zur Welt wie Hamburg, kein Krönungsort deutscher Könige wie Frankfurt, nicht mal freie Reichsstadt wie Nordhausen oder Augsburg. Leipzig - eine Stadt, abhängig von ihren Landesherren in Dresden. Der aber noch stärker von Leipzig abhängig ist, von dem Mehrwert, der hier geschaffen wird.
Der Leipziger Bürgerstolz, er reibt sich jahrhundertelang am höfischen Prunk, schafft in Konkurrenz mit der Residenzstadt Dresden eine vielfältige Kultur(landschaft), mit der weder die Hamburger Pfeffersäcke noch die gravitätischen Frankfurter Patrizier mithalten können. Eine Kultur, die in Deutschland ihresgleichen sucht. Anders als die großen Konkurrenten Hamburg und Frankfurt beherbergt Leipzig eine Uni in seinen Mauern. Kein reibungsfreies Miteinander, aber ein fruchtbares. Die Herren Professoren - sie lehren nicht nur Medizin oder Jurisprudenz an der alma mater, sie heilen auch im städtischen Georg- und Johanneshospital, sitzen im Rat und im Leipziger Schöppenstuhl und mehren so seinen Ruf als wichtigstes deutsches Gericht in Handelsfragen. Und die Leipziger Verleger drucken die Bücher der Gelehrten. Grenzüberschreitender Handel und Grenzen sprengendes Denken gehen eine einmalige Symbiose ein, machen Leipzig zum Umschlagplatz für neue Ideen.
Leipzigs Götter sind Merkur und Apoll, hier kann jeder nach seiner Façon selig werden. Die Stadt lockt Hellseher, Geisterbeschwörer, Goldmacher, Sinn- und Gottessucher an. Thomas Müntzer studiert hier, der deutsche Buddhistenverband wird hier ebenso gegründet wie die SPD, Leipzig ist der Sitz der Theosophen, hier versammeln sich Tierrechtler, Zionisten und Antisemiten, Mazdaznan-Anhänger und Germanophile. Im Kaiserreich ist Leipzig die Hauptstadt alternativer Lebensentwürfe. Und wird es in der DDR erneut. In Hinter- und Klubhäusern, Galerien und Kirchengruppen wird die "Revolution im geschlossenen Raum" erprobt.
Alles zusammen macht Leipzig zu einem besonderen Ort in Deutschland, von dem schon Ernst Moritz Arndt sagte, er sei die Keimzelle einer demokratischen Bürgergesellschaft.
"Es ist ein Ort, an dem lauter Privatleute leben und keine Herrschaft residiert. Die zwei Hauptstände sind der Gelehrte und der Kaufherr, die unter sich in schönster Verbindung leben. Eben daher findet man eben auch sehr vernünftige und halbgelehrte Handelsleute. Diese Öffentlichkeit und Gemeinschaft hat auch eine andere Gemeinschaft zur Folge, die auf die Humanität außerordentlich vortheilhaft wirkt, sie führet zur Menschengemeinschaft."
Die Kehrseite von Bürgerstolz und Selbstbewußtsein ist der Leipziger Größenwahn. Man gönnt sich das größte Rathaus Deutschlands, baut für die erste deutsche Ferneisenbahn den größten europäischen Kopfbahnhof. Als dieser zugunsten eines Parkhauses zwei Gleise verliert, gehen die Bürger monatelang auf die Straßen - der Titel des europagrößten Kopfbahnhofes ist in Gefahr. Man zählt die Bankfilialen zusammen und sieht sich als zweites "Mainhattan". Man träumt von Olympia in Leipzig und ist völlig fassungslos, dass man LE anderswo gar nicht kennt.
Ein persönlicher Leipzig-Tipp (von Lorenz Hoffmann)
Der Leipziger Bürgerstolz, er reibt sich jahrhundertelang am höfischen Prunk, schafft in Konkurrenz mit der Residenzstadt Dresden eine vielfältige Kultur(landschaft), mit der weder die Hamburger Pfeffersäcke noch die gravitätischen Frankfurter Patrizier mithalten können. Eine Kultur, die in Deutschland ihresgleichen sucht. Anders als die großen Konkurrenten Hamburg und Frankfurt beherbergt Leipzig eine Uni in seinen Mauern. Kein reibungsfreies Miteinander, aber ein fruchtbares. Die Herren Professoren - sie lehren nicht nur Medizin oder Jurisprudenz an der alma mater, sie heilen auch im städtischen Georg- und Johanneshospital, sitzen im Rat und im Leipziger Schöppenstuhl und mehren so seinen Ruf als wichtigstes deutsches Gericht in Handelsfragen. Und die Leipziger Verleger drucken die Bücher der Gelehrten. Grenzüberschreitender Handel und Grenzen sprengendes Denken gehen eine einmalige Symbiose ein, machen Leipzig zum Umschlagplatz für neue Ideen.
Leipzigs Götter sind Merkur und Apoll, hier kann jeder nach seiner Façon selig werden. Die Stadt lockt Hellseher, Geisterbeschwörer, Goldmacher, Sinn- und Gottessucher an. Thomas Müntzer studiert hier, der deutsche Buddhistenverband wird hier ebenso gegründet wie die SPD, Leipzig ist der Sitz der Theosophen, hier versammeln sich Tierrechtler, Zionisten und Antisemiten, Mazdaznan-Anhänger und Germanophile. Im Kaiserreich ist Leipzig die Hauptstadt alternativer Lebensentwürfe. Und wird es in der DDR erneut. In Hinter- und Klubhäusern, Galerien und Kirchengruppen wird die "Revolution im geschlossenen Raum" erprobt.
Alles zusammen macht Leipzig zu einem besonderen Ort in Deutschland, von dem schon Ernst Moritz Arndt sagte, er sei die Keimzelle einer demokratischen Bürgergesellschaft.
"Es ist ein Ort, an dem lauter Privatleute leben und keine Herrschaft residiert. Die zwei Hauptstände sind der Gelehrte und der Kaufherr, die unter sich in schönster Verbindung leben. Eben daher findet man eben auch sehr vernünftige und halbgelehrte Handelsleute. Diese Öffentlichkeit und Gemeinschaft hat auch eine andere Gemeinschaft zur Folge, die auf die Humanität außerordentlich vortheilhaft wirkt, sie führet zur Menschengemeinschaft."
Die Kehrseite von Bürgerstolz und Selbstbewußtsein ist der Leipziger Größenwahn. Man gönnt sich das größte Rathaus Deutschlands, baut für die erste deutsche Ferneisenbahn den größten europäischen Kopfbahnhof. Als dieser zugunsten eines Parkhauses zwei Gleise verliert, gehen die Bürger monatelang auf die Straßen - der Titel des europagrößten Kopfbahnhofes ist in Gefahr. Man zählt die Bankfilialen zusammen und sieht sich als zweites "Mainhattan". Man träumt von Olympia in Leipzig und ist völlig fassungslos, dass man LE anderswo gar nicht kennt.
Ein persönlicher Leipzig-Tipp (von Lorenz Hoffmann)
Erlesene Off-Kultur in historischer Kulisse.
Der Zauber, der die ersten Kinobesucher vor über hundert Jahren in diesem Saal mit der außergewöhnlichen Portikus-Bühne erfasst haben muss, ist noch zu ahnen, auch wenn heute (in gesundheitsverträglichem Rahmen) der Putz von der Kuppeldecke rieselt. Einst eines der ältesten Lichtspieltheater Deutschlands (erste Vorstellung 1912) war das UT Connewitz bis 1985 als Kino in Betrieb, danach unter anderem Treffpunkt der Leipziger Punkszene. Zwischen 1992 und 2001 stand es leer, dann gründete sich ein kleiner, feiner Verein, der sich seither darum bemüht, den weitgehend im Originalzustand von anno dunnemals belassenen und von entsprechenden Alterserscheinungen geplagten Aufführungssaal vor der regelmäßig drohenden Schließung durch das Bauamt zu bewahren. Und auserlesene Indie-Konzerte, schräges Offtheater, wunderbare Lesungen und natürlich hochwertige Lichtspielkunst auf die historische Bühne zu bringen.
Ein persönlicher Leipzig-Tipp (von Tobias Barth)
Der Zauber, der die ersten Kinobesucher vor über hundert Jahren in diesem Saal mit der außergewöhnlichen Portikus-Bühne erfasst haben muss, ist noch zu ahnen, auch wenn heute (in gesundheitsverträglichem Rahmen) der Putz von der Kuppeldecke rieselt. Einst eines der ältesten Lichtspieltheater Deutschlands (erste Vorstellung 1912) war das UT Connewitz bis 1985 als Kino in Betrieb, danach unter anderem Treffpunkt der Leipziger Punkszene. Zwischen 1992 und 2001 stand es leer, dann gründete sich ein kleiner, feiner Verein, der sich seither darum bemüht, den weitgehend im Originalzustand von anno dunnemals belassenen und von entsprechenden Alterserscheinungen geplagten Aufführungssaal vor der regelmäßig drohenden Schließung durch das Bauamt zu bewahren. Und auserlesene Indie-Konzerte, schräges Offtheater, wunderbare Lesungen und natürlich hochwertige Lichtspielkunst auf die historische Bühne zu bringen.
Ein persönlicher Leipzig-Tipp (von Tobias Barth)
Es schallert und knattert, es flimmert und rauscht: Und während Charly Chaplin scheinbar unbeholfen über die Leinwand tapst oder Buster Keaton seine unglaublichen Kapriolen vollführt, tippt der Organist live in die Tasten, zieht alle Register und macht erst aus dem Stummfilm ein echtes Kinoabenteuer, das einem Sehen und Hören nicht vergeht, sondern erfreut! Eine echte Kinoorgel von 1927 (von Welte aus Freiburg gebaut, geborgen aus einem Lichtspielhaus in Erfurt) ist im Grassi-Museum Leipzig liebevoll restauriert worden und wir immer wieder einmal bespielt. Ein solcher Abend mit Kinoorgel ist ein wunderbarer Höhepunkt nach einem Besuch im Grassi-Museum für Musikinstrumente. Dort steht der älteste im Original erhaltene Hammerflügel der Welt von Bartolomeo Cristofori 1726 gebaut, dort erfährt man alles über so ungewöhnliche Instrumente wie Trumscheit, Lure und Serpent. Und wer sich eher für Design und Kunsthandwerk interessiert, der gehe gleich nebenan ins Grassi-Museum für Angewandte Kunst - mein Lieblingsmuseum.
Leipzig
Eine landeskundliche Bestandsaufnahme.
Herausgegeben von Denzer, Vera; Dix, Andreas; Porada, Haik Th.
Landschaften in Deutschland, Werte der deutschen Heimat.
2015 Böhlau Verlag
Manchmal genügt ein Blick, um die Veränderungen einer Stadt sinnlich erfahrbar zu machen. Die vier Karten über Landnutzung 1850,1930, 1990 und 2010 zeigen eine Stadt, die explosionsartig sich ins Umland ausdehnt, im Süden von Braunkohlentagebauen angefressen wird (1990) und 2010 über eine wunderbare Seenlandschaft verfügt." Leipzig - eine landeskundliche Bestandsaufnahme" schildert die Geschichte und vor allem Gegenwart aus der Sicht von Geografen - und das heißt sehr karten- und bilderreich.
Bernd-Lutz Lange
Gebrauchsanweisung für Leipzig
überarbeitete Neuauflage, Piper Verlag München 2014
Bernd-Lutz Langes Bühnenprogramme und Erinnerungsbücher sind legendär. Hier zeigt er uns sein Leipzig, die Messemetropole und Buchstadt mit ihrer Kunst- und Literaturszene, dem Thomanerchor und dem Gewandhaus, den Passagen und Märkten. Er blickt auf seine tausendjährige Stadt, in der die Menschen freiheitsliebend und liberal sind, deren historischer Charme und Attraktivität von Jahr zu Jahr mehr Touristen anlockt. Er flaniert zu Auerbachs Keller, durch das Barfußgässchen, die Ausgehmeile. Er durchquert die Stadt neuerdings unterirdisch, durch den viel kritisierten wie gelobten City-Tunnel. Er streift durch das Umland mit Weißer Elster und Cospudener See, porträtiert seine Heimat als Paradies für Paddler und Pedalritter.
Leipzig
Eine landeskundliche Bestandsaufnahme.
Herausgegeben von Denzer, Vera; Dix, Andreas; Porada, Haik Th.
Landschaften in Deutschland, Werte der deutschen Heimat.
2015 Böhlau Verlag
Manchmal genügt ein Blick, um die Veränderungen einer Stadt sinnlich erfahrbar zu machen. Die vier Karten über Landnutzung 1850,1930, 1990 und 2010 zeigen eine Stadt, die explosionsartig sich ins Umland ausdehnt, im Süden von Braunkohlentagebauen angefressen wird (1990) und 2010 über eine wunderbare Seenlandschaft verfügt." Leipzig - eine landeskundliche Bestandsaufnahme" schildert die Geschichte und vor allem Gegenwart aus der Sicht von Geografen - und das heißt sehr karten- und bilderreich.
Bernd-Lutz Lange
Gebrauchsanweisung für Leipzig
überarbeitete Neuauflage, Piper Verlag München 2014
Bernd-Lutz Langes Bühnenprogramme und Erinnerungsbücher sind legendär. Hier zeigt er uns sein Leipzig, die Messemetropole und Buchstadt mit ihrer Kunst- und Literaturszene, dem Thomanerchor und dem Gewandhaus, den Passagen und Märkten. Er blickt auf seine tausendjährige Stadt, in der die Menschen freiheitsliebend und liberal sind, deren historischer Charme und Attraktivität von Jahr zu Jahr mehr Touristen anlockt. Er flaniert zu Auerbachs Keller, durch das Barfußgässchen, die Ausgehmeile. Er durchquert die Stadt neuerdings unterirdisch, durch den viel kritisierten wie gelobten City-Tunnel. Er streift durch das Umland mit Weißer Elster und Cospudener See, porträtiert seine Heimat als Paradies für Paddler und Pedalritter.
Geschichte der Stadt Leipzig
Enno Buenz
Universitätsverlag 2015
Auf mehr als 1.000 Seiten schildert dieser erste Band einer auf vier Bände angelegten Stadtgeschichte die Leipziger Historie von den Anfängen bis zur Reformation. "Das Spektrum der behandelten Themen umfaßt die politische Geschichte ebenso wie die Wirtschafts-, Sozial- und Kirchengeschichte bis hin zur Kultur- und Alltagsgeschichte, wobei die prägenden Kräfte städtischen Lebens besonders im Blick stehen. Zahlreiche farbige Abbildungen, Karten, Grafiken und Tabellen erläutern die Darstellung." (Universitätsverlag)
Leipzig an einem Tag
Ein Stadtrundgang
Doris Mundus
Lehmstedt 2015
Leipzig, die Messe- und Universitätsstadt im Herzen Europas, zieht seit Jahrhunderten Menschen aus aller Welt in ihren Bann. Nach einem beispiellosen Um- und Wiederaufbau präsentiert sich die Stadt heute als weltoffenes Zentrum von Handel, Kultur und Wissenschaft, in dem Tradition und Moderne eine faszinierende Einheit bilden. Der Stadtrundgang führt zu allen wichtigen Sehenswürdigkeiten im Zentrum Leipzigs. Zu Fuß und an einem Tag - natürlich mit den nötigen Pausen, um die Leipziger Gastlichkeit zu genießen - kann man eintausend Jahre Stadtgeschichte unterhaltsam und informativ erleben.
Musikstadt Leipzig in Bildern
2. Band: Das 19. Jahrhundert
von Doris Mundus
Lehmstedt 2014
Der zweite Band der illustrierten Musikgeschichte Leipzigs umfasst die Glanzzeit der Musikstadt - von der Gründung des Gewandhausorchesters 1781 bis zu den Berufungen von Arthur Nikisch, Karl Straube und Max Reger nach Leipzig an der Wende zum 20. Jahrhundert. Das glückliche Zusammenspiel vieler Faktoren machte Leipzig, beginnend mit dem Wirken Mendelssohns, zum Mittelpunkt des Musiklebens in Deutschland und für eine geraume Zeit zur Musikhauptstadt Europas. Die Gewandhauskonzerte etablierten ein Orchester auf höchstem künstlerischen Niveau und boten zugleich gastierenden Musikern von Mozart über Liszt bis zu Brahms und Tschaikowski ein ideales Podium. Zahlreiche Werke der klassischen und romantischen Musik wurden hier komponiert und uraufgeführt. Die Absolventen des 1843 gegründeten Konservatoriums beeinflussten über Jahrzehnte hinweg das musikalische Leben von den USA bis Australien; Leipziger Musikkritiker prägten den Musikgeschmack einer ganzen Epoche. In aller Welt spielte man auf Instrumenten von Leipziger Instrumentenbauern und nach Noten aus Leipziger Musikverlagen. Anhand von etwa 200, teilweise erstmals veröffentlichten Bildern bietet Doris Mundus ein eindrucksvolles Panorama der Musikmetropole Leipzig in der Zeit ihrer größten Blüte.
100 x Leipzig: 1000 Jahre Geschichte
Volker Rodekamp
Michael Imhoff Verlag 2015
Vor 1000 Jahren wurde Leipzig erstmals schriftlich erwähnt. Die Geschichte einer Stadt kann anhand von Archivalien erzählt werden, aber auch entlang der Dinge aus historischen Zeiten. Das Buch unternimmt mit 100 ausgewählten Exponaten aus dem Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig eine Zeitreise in die Geschichte der letzten 1000 Jahre. Darunter sind Highlights ebenso wie Alltägliches. So kündet ein Silberschatz vom Aufstieg der Handelsmetropole, eine Eisenbahnbrille vom Aufbruch in das Zeitalter der Mobilität oder eine stehen gebliebene Uhr vom Trauma einer Kriegsnacht des Jahres 1943. Kunstvoll fotografierte Gegenstände erzählen von Leipzigs Werden und Sein, vom historischen Augenblick und von den Menschen dieser Stadt. So entstand ein Buch für alle, die Leipzig lieben, und auch für jene, die schon alles über die Stadt zu wissen glauben.
Homepage des Stadtgeschichtlichen Museums: Dortselbst wird noch bis zum 17. Januar eine große Sonderausstellung zur 100 Jahre Stadtgeschichte präsentiert.
Leipzig an einem Tag
Ein Stadtrundgang
Doris Mundus
Lehmstedt 2015
Leipzig, die Messe- und Universitätsstadt im Herzen Europas, zieht seit Jahrhunderten Menschen aus aller Welt in ihren Bann. Nach einem beispiellosen Um- und Wiederaufbau präsentiert sich die Stadt heute als weltoffenes Zentrum von Handel, Kultur und Wissenschaft, in dem Tradition und Moderne eine faszinierende Einheit bilden. Der Stadtrundgang führt zu allen wichtigen Sehenswürdigkeiten im Zentrum Leipzigs. Zu Fuß und an einem Tag - natürlich mit den nötigen Pausen, um die Leipziger Gastlichkeit zu genießen - kann man eintausend Jahre Stadtgeschichte unterhaltsam und informativ erleben.
Musikstadt Leipzig in Bildern
2. Band: Das 19. Jahrhundert
von Doris Mundus
Lehmstedt 2014
Der zweite Band der illustrierten Musikgeschichte Leipzigs umfasst die Glanzzeit der Musikstadt - von der Gründung des Gewandhausorchesters 1781 bis zu den Berufungen von Arthur Nikisch, Karl Straube und Max Reger nach Leipzig an der Wende zum 20. Jahrhundert. Das glückliche Zusammenspiel vieler Faktoren machte Leipzig, beginnend mit dem Wirken Mendelssohns, zum Mittelpunkt des Musiklebens in Deutschland und für eine geraume Zeit zur Musikhauptstadt Europas. Die Gewandhauskonzerte etablierten ein Orchester auf höchstem künstlerischen Niveau und boten zugleich gastierenden Musikern von Mozart über Liszt bis zu Brahms und Tschaikowski ein ideales Podium. Zahlreiche Werke der klassischen und romantischen Musik wurden hier komponiert und uraufgeführt. Die Absolventen des 1843 gegründeten Konservatoriums beeinflussten über Jahrzehnte hinweg das musikalische Leben von den USA bis Australien; Leipziger Musikkritiker prägten den Musikgeschmack einer ganzen Epoche. In aller Welt spielte man auf Instrumenten von Leipziger Instrumentenbauern und nach Noten aus Leipziger Musikverlagen. Anhand von etwa 200, teilweise erstmals veröffentlichten Bildern bietet Doris Mundus ein eindrucksvolles Panorama der Musikmetropole Leipzig in der Zeit ihrer größten Blüte.
100 x Leipzig: 1000 Jahre Geschichte
Volker Rodekamp
Michael Imhoff Verlag 2015
Vor 1000 Jahren wurde Leipzig erstmals schriftlich erwähnt. Die Geschichte einer Stadt kann anhand von Archivalien erzählt werden, aber auch entlang der Dinge aus historischen Zeiten. Das Buch unternimmt mit 100 ausgewählten Exponaten aus dem Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig eine Zeitreise in die Geschichte der letzten 1000 Jahre. Darunter sind Highlights ebenso wie Alltägliches. So kündet ein Silberschatz vom Aufstieg der Handelsmetropole, eine Eisenbahnbrille vom Aufbruch in das Zeitalter der Mobilität oder eine stehen gebliebene Uhr vom Trauma einer Kriegsnacht des Jahres 1943. Kunstvoll fotografierte Gegenstände erzählen von Leipzigs Werden und Sein, vom historischen Augenblick und von den Menschen dieser Stadt. So entstand ein Buch für alle, die Leipzig lieben, und auch für jene, die schon alles über die Stadt zu wissen glauben.
Homepage des Stadtgeschichtlichen Museums: Dortselbst wird noch bis zum 17. Januar eine große Sonderausstellung zur 100 Jahre Stadtgeschichte präsentiert.
Zweite Stunde: Tonale Resonanzen - Leipzig und die Musik
"Ach wie beneide ich immer Leipzig um seine Musik!"
Clara Schumann schreibt das von einer ihrer Konzertreisen und pflegt als gebürtige Leipzigerin den ewigen Groll der Bürgerstadt Leipzig auf die sächsische Residenz:
"Ein wahres Krähwinkel ist Dresden in musikalischer Beziehung und für den Künstler eine elende Existenz."
Leipzig ist die Bachstadt. Manchmal auch Mendelssohn-, Schubert- oder Wagnerstadt. Je nach Neigung oder Jubiläum. Leipzigs Musikleben - es beginnt mit dem Minnesänger Heinrich von Morungen und dem vor mehr als 800 Jahren gegründeten Thomanerchor. Bis heute ein Aushängeschild der Stadt.
Das ist und war den Leipziger stets wichtig - musikalisch will man die erste Geige in Deutschland spielen. Deshalb wirbt der Rat anno 1623 gegen den Widerstand der Geistlichkeit den Komponisten Bach aus Köthen als Thomas-Kantor ab (nachdem man den seinerzeit noch berühmteren Telemann nicht hat nach Leipzig locken können - der allerdings als Jura-Student in Leipzig endgültig zur Musik fand), deshalb holt man später Felix Mendelssohn-Bartholdy an das Gewandhaus und lockt Riccardo Chailly aus Amsterdam fort.
Die Stadt von Apoll und Merkur, von Kunst und Handel - sie will zugleich das deutsche Helikon, der Musensitz sein, wie es in der Bachkantate "Schwingt freudig euch empor" heißt. Und damit alle Welt es mitbekommt, wie wohltönend in Leipzig musiziert wird, erfindet man hier die Konzerttournee. Arthur Nikisch geht als erster mit dem Gewandhausorchester auf Tour, Karl Straube mit den Thomanern.
Doch Leipzig ist auch die Stadt studentischer Musizierfreude. So mancher Studiosi begann hier brav Theologie oder Jura zu studieren und verfiel dann der Musik. Telemann beispielsweise, dessen Karriere hier mit einer Studentenkapelle begann. Und was seinerzeit die Kaffeehäuser von Richter oder Zimmermann waren - Orte, an denen die neuen ungewohnte Klängen ihr Publikum fanden - das sind heute Klubs wie die Distillery, Ilses Erikas oder im Sommer die Sachsenbrücke.
Und nicht zu vergessen: Leipzig ist die Stadt des Musikinstrumentenbaus. Blüthner fertigt hier bis heute seine weltweit begehrten Klaviere und im späten 19. Jahrhundert war Leipzig die Metropole mechanischer Musikinstrumente - von der Spieluhr bis zum Polyphon.
Die zweite Stunde der Langen Nacht erzählt von der Hochkultur der Thomaner und studentischen Muggen, von den unbekannten Seiten bekannter Komponisten von alten und neuen Werken, von der Klaus-Renft-Combo und der Leipziger Beatdemo, die in gewisser Weise ein Meilenstein auf dem Weg zur friedlichen Revolution 1989 war - die nebenbei bemerkt auch wieder maßgeblich durch einen Leipziger Musiker gestützt wurde: Gewandhausdirigent Kurt Masur.
Ein persönlicher Leipzig-Tipp der Autoren: Fahrradfahren durch Leipzig:
Starten Sie Ihre Tour aber mit einer Fahrstuhlfahrt. Gegen einen kleinen Obolus kommt man auf die Aussichtsplattform des "Weisheitszahnes", des früheren Unihochhauses, und sieht aus 120 Meter Höhe über die Stadt und die umliegenden Landschaften. Staunen wie grün Leipzig ist, in dem auch heute noch Wald und Parks fast bis ins Zentrum reichen. Und dann losfahren - gen Süden zu den Seen. Nach Westen entlang von Luppe, Elster, Nahle. In Richtung Osten auf dem Grünzug des einstigen Eilenburger Bahnhofs. Oder nach Norden (fast) immer durch Parks oder Auenwälder, immer flach. Und abends am Cospudener, Schladitzer oder Markkleeberger See den Sonnenuntergang mit einer Flasche Wein genießen. Man kann sich natürlich auch einfach die Adolf-Südknecht - auch Kali oder offiziell Karl-Liebknecht-Straße genannte Kneipen-, Kultur und Kleinladenmeile entlangtreiben lassen.
Dritte Stunde: Verlegene Verleger und die dichteste Dichterdichte
In Leipzig kommt um 1800 statistisch ein Schriftsteller auf 170 Einwohner. Dichter war die Dichterdichte nie und nirgendwo. Wer nach Leipzig kommt, greift zur Feder: Der junge Goethe tut es, um lyrisch Käthchen Schönkopf selbigen zu verdrehen, Christian Reuter alias Schellmufsky rächt sich literarisch an seiner zänkischen Zimmerwirtin, der aufklärerische Christian Felix Weiße schreibt als erster deutscher Autor Kinderbücher zur Bildung und Erbauung der Jüngsten.
Später verfassen hier Uwe Johnson, Wolfgang Hilbig und Clemens Meyer ihre ersten Werke. Manch anderer wird allerdings erst zum Literaten, als er Leipzig wieder verlassen muss. Wie Karl May, der im Rosenthal mit einem geklauten Pelz ertappt wird, ins Zuchthaus kommt und dort zu schreiben anfängt. Und manche schreibt gar unter fremdem (Männer)Namen und wird erst spät als Mutter des historischen Romans entdeckt - so geschehen mit der Leipzigerin Christiane Benedikte Naubert.
In Leipzig entdeckt Lessing "die ganze Welt im Kleinen" sieht, Goethe sieht in seinem Studienort ein "Klein Paris", und August Salomon Maurer rät:
"Freund, Sie müssen Leipzig sehen ... denn dann wissen Sie erst, was Welt und Menschen sind - und was ihre Tollheit vermag."
Für Wolfgang Hilbig verkörpert die Stadt die Geschichte selbst:
"Die Geschichte sitzt hier persönlich zwischen den Mauern, in oszillierender Ungestalt, oder als lebender Leichnam von unbeschreiblicher Vielgestalt. Hier reicht die Geschichte tief hinab unter den Strand des Pflasters, bis tief in die kaltgewordenen Wellen der erstarrten Erde."
Literarische Texte über Leipzig und die Leipziger verknüpfen sich mit Anekdoten und Geschichten von Leipziger Literaten und der Literatur und Verlagsgeschichte dieser Stadt, in der mit der ersten Zeitung, der ersten wissenschaftlichen Zeitschrift, mit dem "Brockhaus", "Reclams Universalbibliothek" oder der "Gartenlaube" deutsche Verlagsgeschichte geschrieben wurde. Eine einzigartige Verknüpfung von Dichtern und Druckern, Verlegern und Buchnarren machte aus Leipzig das deutsche literarische Habitat - bis heute spürbar in der Deutschen Nationalbibliothek und dem Literaturinstitut, bis heute lebendig alljährlich bei der Leipziger Buchmesse.
Die Autoren
Tobias Barth
geb. 1970 in Halle/Saale, Abitur 1989, Arbeit als Industriekletterer, in Umwelt- und Jugendprojekten (Halle / Saale und Jinja / Uganda), Tischlerlehre; 1996 - 2003 Studium Medienwissenschaft und Germanistik in Leipzig und Basel, seit 1997 freie Mitarbeit für Hörfunk, Print und Fernsehen, Features zu Zeitgeschichte und Literatur, seit 2001 freier Redakteur für MDR FIGARO / Künstlerisches Wort / Feature, als Autor zuletzt: "Blühende Landschaften, ukrainisch - Eine sächsische Agrargenossenschaft expandiert" (MDR FIGARO / rbb Kulturradio 2015) "Die Renaissance der Binsenbummler - Das Faltboot und seine Geschichte" (DeutschlandRadio 2014)
Lorenz Hoffmann
geb. 1974, ist in Salzwedel in der Altmark aufgewachsen, hat in Magdeburg Abitur gemacht, zwei Jahre in einem Kindergarten in Minsk (Belarus) gearbeitet und danach Germanistik und Ostslavistik in Leipzig studiert. Er ist Vater zweier Töchter. Seit Abschluss des Studiums arbeitet er als freier Autor für Rundfunksender und Hörbuchverlage. Zuletzt schrieb er die "acoustic novel" "Thälmannstraße 89" (MDR FIGARO 2014) und das Feature "Giftgas in der Ostsee" (MDR FIGARO / rbb Kulturradio 2015)
Hartmut Schade
geb. 1960 in der berühmten Stadt der drei "Os" - Karl-Marx-Stadt. Gelernter Landmaschinenschlosser und studierter Deutsch- und Geschichtslehrer. Seit 1992 freier Journalist mit Schwerpunkt Wissenschaft und Geschichte. Ab 1997 Redakteur bei MDR Figaro / Kulturpublizistik, zuletzt (gemeinsam mit Tobias Barth) Autor und Produzent des Hörbuchs "Facetten der Universitätsgeschichte - 600 Jahre Universität Leipzig", jüngste Feature-Produktionen: "Und siehst den Wald vor Buchen nicht - das Weltnaturerbe deutsche Buchenwälder" (MDR FIGARO / rbb Kulturradio 2012) und "Das Metzeln und das Monstrum - Die Lange Nacht der Völkerschlacht und des Völkerschlachtdenkmals" (Deutschlandradio 2013)
Clara Schumann schreibt das von einer ihrer Konzertreisen und pflegt als gebürtige Leipzigerin den ewigen Groll der Bürgerstadt Leipzig auf die sächsische Residenz:
"Ein wahres Krähwinkel ist Dresden in musikalischer Beziehung und für den Künstler eine elende Existenz."
Leipzig ist die Bachstadt. Manchmal auch Mendelssohn-, Schubert- oder Wagnerstadt. Je nach Neigung oder Jubiläum. Leipzigs Musikleben - es beginnt mit dem Minnesänger Heinrich von Morungen und dem vor mehr als 800 Jahren gegründeten Thomanerchor. Bis heute ein Aushängeschild der Stadt.
Das ist und war den Leipziger stets wichtig - musikalisch will man die erste Geige in Deutschland spielen. Deshalb wirbt der Rat anno 1623 gegen den Widerstand der Geistlichkeit den Komponisten Bach aus Köthen als Thomas-Kantor ab (nachdem man den seinerzeit noch berühmteren Telemann nicht hat nach Leipzig locken können - der allerdings als Jura-Student in Leipzig endgültig zur Musik fand), deshalb holt man später Felix Mendelssohn-Bartholdy an das Gewandhaus und lockt Riccardo Chailly aus Amsterdam fort.
Die Stadt von Apoll und Merkur, von Kunst und Handel - sie will zugleich das deutsche Helikon, der Musensitz sein, wie es in der Bachkantate "Schwingt freudig euch empor" heißt. Und damit alle Welt es mitbekommt, wie wohltönend in Leipzig musiziert wird, erfindet man hier die Konzerttournee. Arthur Nikisch geht als erster mit dem Gewandhausorchester auf Tour, Karl Straube mit den Thomanern.
Doch Leipzig ist auch die Stadt studentischer Musizierfreude. So mancher Studiosi begann hier brav Theologie oder Jura zu studieren und verfiel dann der Musik. Telemann beispielsweise, dessen Karriere hier mit einer Studentenkapelle begann. Und was seinerzeit die Kaffeehäuser von Richter oder Zimmermann waren - Orte, an denen die neuen ungewohnte Klängen ihr Publikum fanden - das sind heute Klubs wie die Distillery, Ilses Erikas oder im Sommer die Sachsenbrücke.
Und nicht zu vergessen: Leipzig ist die Stadt des Musikinstrumentenbaus. Blüthner fertigt hier bis heute seine weltweit begehrten Klaviere und im späten 19. Jahrhundert war Leipzig die Metropole mechanischer Musikinstrumente - von der Spieluhr bis zum Polyphon.
Die zweite Stunde der Langen Nacht erzählt von der Hochkultur der Thomaner und studentischen Muggen, von den unbekannten Seiten bekannter Komponisten von alten und neuen Werken, von der Klaus-Renft-Combo und der Leipziger Beatdemo, die in gewisser Weise ein Meilenstein auf dem Weg zur friedlichen Revolution 1989 war - die nebenbei bemerkt auch wieder maßgeblich durch einen Leipziger Musiker gestützt wurde: Gewandhausdirigent Kurt Masur.
Ein persönlicher Leipzig-Tipp der Autoren: Fahrradfahren durch Leipzig:
Starten Sie Ihre Tour aber mit einer Fahrstuhlfahrt. Gegen einen kleinen Obolus kommt man auf die Aussichtsplattform des "Weisheitszahnes", des früheren Unihochhauses, und sieht aus 120 Meter Höhe über die Stadt und die umliegenden Landschaften. Staunen wie grün Leipzig ist, in dem auch heute noch Wald und Parks fast bis ins Zentrum reichen. Und dann losfahren - gen Süden zu den Seen. Nach Westen entlang von Luppe, Elster, Nahle. In Richtung Osten auf dem Grünzug des einstigen Eilenburger Bahnhofs. Oder nach Norden (fast) immer durch Parks oder Auenwälder, immer flach. Und abends am Cospudener, Schladitzer oder Markkleeberger See den Sonnenuntergang mit einer Flasche Wein genießen. Man kann sich natürlich auch einfach die Adolf-Südknecht - auch Kali oder offiziell Karl-Liebknecht-Straße genannte Kneipen-, Kultur und Kleinladenmeile entlangtreiben lassen.
Dritte Stunde: Verlegene Verleger und die dichteste Dichterdichte
In Leipzig kommt um 1800 statistisch ein Schriftsteller auf 170 Einwohner. Dichter war die Dichterdichte nie und nirgendwo. Wer nach Leipzig kommt, greift zur Feder: Der junge Goethe tut es, um lyrisch Käthchen Schönkopf selbigen zu verdrehen, Christian Reuter alias Schellmufsky rächt sich literarisch an seiner zänkischen Zimmerwirtin, der aufklärerische Christian Felix Weiße schreibt als erster deutscher Autor Kinderbücher zur Bildung und Erbauung der Jüngsten.
Später verfassen hier Uwe Johnson, Wolfgang Hilbig und Clemens Meyer ihre ersten Werke. Manch anderer wird allerdings erst zum Literaten, als er Leipzig wieder verlassen muss. Wie Karl May, der im Rosenthal mit einem geklauten Pelz ertappt wird, ins Zuchthaus kommt und dort zu schreiben anfängt. Und manche schreibt gar unter fremdem (Männer)Namen und wird erst spät als Mutter des historischen Romans entdeckt - so geschehen mit der Leipzigerin Christiane Benedikte Naubert.
In Leipzig entdeckt Lessing "die ganze Welt im Kleinen" sieht, Goethe sieht in seinem Studienort ein "Klein Paris", und August Salomon Maurer rät:
"Freund, Sie müssen Leipzig sehen ... denn dann wissen Sie erst, was Welt und Menschen sind - und was ihre Tollheit vermag."
Für Wolfgang Hilbig verkörpert die Stadt die Geschichte selbst:
"Die Geschichte sitzt hier persönlich zwischen den Mauern, in oszillierender Ungestalt, oder als lebender Leichnam von unbeschreiblicher Vielgestalt. Hier reicht die Geschichte tief hinab unter den Strand des Pflasters, bis tief in die kaltgewordenen Wellen der erstarrten Erde."
Literarische Texte über Leipzig und die Leipziger verknüpfen sich mit Anekdoten und Geschichten von Leipziger Literaten und der Literatur und Verlagsgeschichte dieser Stadt, in der mit der ersten Zeitung, der ersten wissenschaftlichen Zeitschrift, mit dem "Brockhaus", "Reclams Universalbibliothek" oder der "Gartenlaube" deutsche Verlagsgeschichte geschrieben wurde. Eine einzigartige Verknüpfung von Dichtern und Druckern, Verlegern und Buchnarren machte aus Leipzig das deutsche literarische Habitat - bis heute spürbar in der Deutschen Nationalbibliothek und dem Literaturinstitut, bis heute lebendig alljährlich bei der Leipziger Buchmesse.
Die Autoren
Tobias Barth
geb. 1970 in Halle/Saale, Abitur 1989, Arbeit als Industriekletterer, in Umwelt- und Jugendprojekten (Halle / Saale und Jinja / Uganda), Tischlerlehre; 1996 - 2003 Studium Medienwissenschaft und Germanistik in Leipzig und Basel, seit 1997 freie Mitarbeit für Hörfunk, Print und Fernsehen, Features zu Zeitgeschichte und Literatur, seit 2001 freier Redakteur für MDR FIGARO / Künstlerisches Wort / Feature, als Autor zuletzt: "Blühende Landschaften, ukrainisch - Eine sächsische Agrargenossenschaft expandiert" (MDR FIGARO / rbb Kulturradio 2015) "Die Renaissance der Binsenbummler - Das Faltboot und seine Geschichte" (DeutschlandRadio 2014)
Lorenz Hoffmann
geb. 1974, ist in Salzwedel in der Altmark aufgewachsen, hat in Magdeburg Abitur gemacht, zwei Jahre in einem Kindergarten in Minsk (Belarus) gearbeitet und danach Germanistik und Ostslavistik in Leipzig studiert. Er ist Vater zweier Töchter. Seit Abschluss des Studiums arbeitet er als freier Autor für Rundfunksender und Hörbuchverlage. Zuletzt schrieb er die "acoustic novel" "Thälmannstraße 89" (MDR FIGARO 2014) und das Feature "Giftgas in der Ostsee" (MDR FIGARO / rbb Kulturradio 2015)
Hartmut Schade
geb. 1960 in der berühmten Stadt der drei "Os" - Karl-Marx-Stadt. Gelernter Landmaschinenschlosser und studierter Deutsch- und Geschichtslehrer. Seit 1992 freier Journalist mit Schwerpunkt Wissenschaft und Geschichte. Ab 1997 Redakteur bei MDR Figaro / Kulturpublizistik, zuletzt (gemeinsam mit Tobias Barth) Autor und Produzent des Hörbuchs "Facetten der Universitätsgeschichte - 600 Jahre Universität Leipzig", jüngste Feature-Produktionen: "Und siehst den Wald vor Buchen nicht - das Weltnaturerbe deutsche Buchenwälder" (MDR FIGARO / rbb Kulturradio 2012) und "Das Metzeln und das Monstrum - Die Lange Nacht der Völkerschlacht und des Völkerschlachtdenkmals" (Deutschlandradio 2013)