Eva Bahner: Frau Reimer, steht das Geschenk an die Industrie nun damit auf der Kippe?
Jule Reimer: Ja, falls die EU-Kommission zu dem Ergebnis kommt, dass die Komplettbefreiung von Großverbrauchern eine staatliche Beihilfe ist, dann prüft Brüssel in einem zweiten Schritt, ob diese Beihilfen den befreiten Unternehmen einen unzulässigen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen in der EU verschaffen. Übrigens gibt es auch zahlreiche Beschwerden deutscher Verbraucherorganisationen gegen die großzügige Netzentgeltbefreiung vieler Industrieunternehmen.
Das Ausmaß der Befreiung – ganz oder teilweise abgestuft - hängt von der Höhe des Stromverbrauchs ab und auch davon, ob die Unternehmen mit ihrer Stromnachfrage zur Stabilisierung und Entlastung des Netzes beitragen, also unter anderem ihren Strom eher nachts als tagsüber beziehen. Beispiele für befreite Unternehmen sind einmal der viel zitierte Golfplatz, eine Papierfabrik - mit 3,3 Millionen Euro begünstigt; ein Aluminiumhersteller, der sich an nur einem Standort so fast 20 Millionen Euro spart, dabei handelt es sich möglicherweise um eine Komplettbefreiung. Ansonsten zum Beispiel Metzgereien, Geflügelzüchter, evangelische Altenheime, dabei geht es um kleinere Summen.
Und um diese Ausnahmen zu finanzieren wird den Normalverbrauchern rund 0,3 Cent pro Kilowattstunde auferlegt, pro Jahr macht das beim vierköpfigen Durchschnittshaushalt um die 12 Euro aus.
Bahner: Wie hat die Bundesregierung darauf reagiert?
Reimer: Gelassen. Bundeswirtschaftsminister Philip Rösler war schon klar, dass aus Brüssel Gegenwind kommt. Das Bundeswirtschaftsministerium argumentiert, es liege keine staatliche Beihilfe vor, denn die Befreiungen würden durch die Umlage von allen Stromkunden finanziert. Mit einer ähnlichen Argumentation hat wiederum Brüssel übrigens in der Vergangenheit die deutsche Förderung der Erneuerbaren Energien durch die EEG-Umlage gerade noch durchgehen lassen. Dennoch: Das Ministerium arbeitet an einer Neuordnung.
Bahner: Auch das Oberlandesgericht Düsseldorf stellt die Befreiung für stromintensive Unternehmen ja auch infrage, allerdings nicht nur aus Wettbewerbsgründen – worum geht bei der Klage aus Düsseldorf?
Reimer: Dort wurde die Beschwerde von fünf regionalen und überregionalen Netzbetreibern verhandelt. Die Unternehmen hielten die komplette Freistellung der Unternehmen mit hohem Strombedarf für rechtswidrig und für einen Verstoß gegen EU-Recht. Das hat das Gericht heute bestätigt: Die Verordnung sei verfassungswidrig und nichtig. Auch sei eine vollständige Befreiung von den Netzentgelten aus Gleichheitsgründen nicht zulässig. Aber dieser Beschluss des Oberlandesgerichts ist noch nicht rechtskräftig.
Bahner: Druck aus Brüssel und aus Düsseldorf – bedeutet das, das die Energiewende nun doch teurer wird für die Unternehmen und im Gegenzug vielleicht doch günstiger für die Bürger?
Reimer: Ja, wobei die Netzentgeltbefreiungen eher den kleineren Batzen und die Beträge der EEG-Umlage - also die Kasse, aus der die Erzeuger von Erneuerbaren Energien ihren Strom vergütet bekommen - für die Verbraucher den deutlich größeren Batzen ausmachen. Bei der EEG-Umlage hat Bundesumweltminister Altmaier bereits angekündigt: Mit 700 Millionen Euro pro Jahr sollen auch die stromintensiveren Unternehmen hier stärker als bisher zur Kasse gebeten werden, nämlich indem die Mindestumlage für sie angehoben wird. Branchen, die nicht im internationalen Wettbewerb stehen, sollen aus der Ausnahmeregelung ganz rausfliegen und wer Strom selbst erzeugt – und zwar auch mit dem eigenen Kohlekraftwerk – der muss künftig ebenfalls eine Mindestumlage zahle.
Allerdings gibt es außerdem weiterhin ein ganzes Dickicht an Ausnahmen für Unternehmen bei der Strompreisberechnung, Stichworte sind unter anderem die Stromsteuer, Energiesteuer und die Konzessionsabgaben.
Jule Reimer: Ja, falls die EU-Kommission zu dem Ergebnis kommt, dass die Komplettbefreiung von Großverbrauchern eine staatliche Beihilfe ist, dann prüft Brüssel in einem zweiten Schritt, ob diese Beihilfen den befreiten Unternehmen einen unzulässigen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen in der EU verschaffen. Übrigens gibt es auch zahlreiche Beschwerden deutscher Verbraucherorganisationen gegen die großzügige Netzentgeltbefreiung vieler Industrieunternehmen.
Das Ausmaß der Befreiung – ganz oder teilweise abgestuft - hängt von der Höhe des Stromverbrauchs ab und auch davon, ob die Unternehmen mit ihrer Stromnachfrage zur Stabilisierung und Entlastung des Netzes beitragen, also unter anderem ihren Strom eher nachts als tagsüber beziehen. Beispiele für befreite Unternehmen sind einmal der viel zitierte Golfplatz, eine Papierfabrik - mit 3,3 Millionen Euro begünstigt; ein Aluminiumhersteller, der sich an nur einem Standort so fast 20 Millionen Euro spart, dabei handelt es sich möglicherweise um eine Komplettbefreiung. Ansonsten zum Beispiel Metzgereien, Geflügelzüchter, evangelische Altenheime, dabei geht es um kleinere Summen.
Und um diese Ausnahmen zu finanzieren wird den Normalverbrauchern rund 0,3 Cent pro Kilowattstunde auferlegt, pro Jahr macht das beim vierköpfigen Durchschnittshaushalt um die 12 Euro aus.
Bahner: Wie hat die Bundesregierung darauf reagiert?
Reimer: Gelassen. Bundeswirtschaftsminister Philip Rösler war schon klar, dass aus Brüssel Gegenwind kommt. Das Bundeswirtschaftsministerium argumentiert, es liege keine staatliche Beihilfe vor, denn die Befreiungen würden durch die Umlage von allen Stromkunden finanziert. Mit einer ähnlichen Argumentation hat wiederum Brüssel übrigens in der Vergangenheit die deutsche Förderung der Erneuerbaren Energien durch die EEG-Umlage gerade noch durchgehen lassen. Dennoch: Das Ministerium arbeitet an einer Neuordnung.
Bahner: Auch das Oberlandesgericht Düsseldorf stellt die Befreiung für stromintensive Unternehmen ja auch infrage, allerdings nicht nur aus Wettbewerbsgründen – worum geht bei der Klage aus Düsseldorf?
Reimer: Dort wurde die Beschwerde von fünf regionalen und überregionalen Netzbetreibern verhandelt. Die Unternehmen hielten die komplette Freistellung der Unternehmen mit hohem Strombedarf für rechtswidrig und für einen Verstoß gegen EU-Recht. Das hat das Gericht heute bestätigt: Die Verordnung sei verfassungswidrig und nichtig. Auch sei eine vollständige Befreiung von den Netzentgelten aus Gleichheitsgründen nicht zulässig. Aber dieser Beschluss des Oberlandesgerichts ist noch nicht rechtskräftig.
Bahner: Druck aus Brüssel und aus Düsseldorf – bedeutet das, das die Energiewende nun doch teurer wird für die Unternehmen und im Gegenzug vielleicht doch günstiger für die Bürger?
Reimer: Ja, wobei die Netzentgeltbefreiungen eher den kleineren Batzen und die Beträge der EEG-Umlage - also die Kasse, aus der die Erzeuger von Erneuerbaren Energien ihren Strom vergütet bekommen - für die Verbraucher den deutlich größeren Batzen ausmachen. Bei der EEG-Umlage hat Bundesumweltminister Altmaier bereits angekündigt: Mit 700 Millionen Euro pro Jahr sollen auch die stromintensiveren Unternehmen hier stärker als bisher zur Kasse gebeten werden, nämlich indem die Mindestumlage für sie angehoben wird. Branchen, die nicht im internationalen Wettbewerb stehen, sollen aus der Ausnahmeregelung ganz rausfliegen und wer Strom selbst erzeugt – und zwar auch mit dem eigenen Kohlekraftwerk – der muss künftig ebenfalls eine Mindestumlage zahle.
Allerdings gibt es außerdem weiterhin ein ganzes Dickicht an Ausnahmen für Unternehmen bei der Strompreisberechnung, Stichworte sind unter anderem die Stromsteuer, Energiesteuer und die Konzessionsabgaben.