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Energiewende von unten
Ein Dorf erzeugt seinen Strom selbst

Die Schwankungen bei Wind- und Sonnenenergie sind eine der großen Herausforderungen der Energiewende. Ausgerechnet ein kleines Dorf in Brandenburg wird dabei zum Vorreiter: Bis 2015 will Feldheim einen riesigen Lithium-Ionen-Akku bauen - den größten Energiespeicher dieser Art in ganz Europa.

Von Sven Kästner |
    Hinter dem Ortsschild von Feldheim (Brandenburg) drehen sich die Windräder. In dem Ortsteil von Treuenbrietzen (Potsdam-Mittelmark) können die 145 Einwohner sich selbst mit Strom und Wärme versorgen - erzeugt aus Windkraft- und Biogasanlagen.
    Die 145 Einwohner von Feldheim können sich selbst mit Strom und Wärme versorgen. (picture-alliance / dpa / Bernd Settnik)
    Ernteverkehr in Feldheim - einem typischen Brandenburger Dorf. Gut 130 Einwohner, entlang der Dorfstraße reiht sich ein Haus an das andere. Gleich dahinter beginnen die Felder - und dort drehen sich mehr als 40 Windräder. Was andernorts für Unmut sorgt, damit haben sich die Anwohner hier abgefunden. Denn der Strom aus den Anlagen fließt direkt in ihre Steckdosen.
    "Das Besondere in Feldheim ist, dass wir ein besonderes Versorgungsnetz vom Windpark physikalisch in jeden Haushalt haben. Und insofern ein eigenes Netz als Windpark-Betreiber im Ort haben. Man hat einfach die Bindung herstellen können aus Sicht der Energiequelle vom Erzeuger zum Verbraucher."
    Sagt Michael Raschemann, Geschäftsführer des Windpark-Betreibers Energiequelle GmbH. Auch andernorts wird Strom mit Windrädern oder Solaranlagen erzeugt, aber die Anwohner hängen meist am Verbundnetz der großen Stromanbieter. So unabhängig von den Energiekonzernen wie Feldheim ist bisher kein zweiter Ort in Deutschland.
    Riesen-Akku soll Kapazität von zehn Megawatt haben
    Wärme zum Heizen aller Häuser des Ortes kommt aus der rauschenden Biogasanlage am Dorfrand. Die gehört der benachbarten Agrargenossenschaft, die dort die Gülle ihrer Tiere und einen Teil der Maisernte verarbeitet. Insgesamt sind rund um das Dorf Windkraftanlagen mit einer Leistung von 80 Megawatt installiert. Die Feldheimer selbst brauchen zu Spitzenzeiten etwa 0,5 Megawatt. Der Rest wird ins öffentliche Netz eingespeist - egal ob gerade Bedarf besteht oder nicht. Künftig soll das besser gesteuert werden.
    Deshalb wird weiter gebaut am Dorfrand. Bis 2015 soll ein riesiger Lithium-Ionen-Akku entstehen. Mit einer Kapazität von zehn Megawatt einer der größten Energiespeicher dieser Art in Europa. 13 Millionen Euro kostet die Technik, wovon das Land Brandenburg 40 Prozent trägt. Energiequelle-Mitarbeiter Werner Frohwitter erklärt die Idee dahinter:
    "Wenn zu viel Strom im Netz ist, weil zum Beispiel zu viel Wind da ist, dann kann die Batterie einen Teil dieses Stromes aus dem Netz nehmen und damit die Frequenz stabilisieren. Umgekehrt: Wenn die Nachfrage höher ist, dann werden die Stromnetze stärker belastet und es kann dann zunächst einmal zum Frequenzausgleich Strom aus der Batterie entnommen werden."
    Stromschwankungen sind große Herausforderung
    Die Schwankungen bei Wind- und Sonnenenergie sind eine der großen Herausforderungen bei der Energiewende. Die ist im kleinen Feldheim schon weit gediehen. Die Stadt Treuenbrietzen, zu der das Dorf seit einigen Jahren gehört, prüft deshalb, wie das Modell auf andere Ortsteile ausgeweitet werden kann. Ein eigenes Versorgungsnetz für alle 8.000 Einwohner wäre vorerst zu teuer, sagt André Hoyer, der Energiemanager im Rathaus. Schritt für Schritt soll es vorangehen.
    "Wir haben ein großes Gerätewerk, Fahrzeugzulieferindustrie, das einfach einen sehr hohen Stromverbrauch hat. Und dass wir da prüfen, inwiefern man das an den Windparkstrom mit anschließen kann. Dann kann man den nächsten Schritt prüfen: Ob im Umkreis von dem Gerätewerk das dann möglich wäre, angrenzende Wohnhäuser mit zu versorgen. Da hat man dann nicht mehr die riesigen Längen, die man dann überbrücken muss mit Stromleitungen."
    Dann sind da noch die Änderungen im EEG, dem Erneuerbare-Energien-Gesetz. Auf das Feldheimer Projekt wirkt sich die Streichung des sogenannten Grünstrom-Privilegs aus. Bisher waren Direktvermarkter erneuerbarer Energien wie eben die Feldheimer von der EEG-Umlage befreit. Nach dem reformierten Gesetz müssen nun auch sie diese Umlage zur allgemeinen Finanzierung der Energiewende zahlen. Das sei ein Schlag gegen die dezentrale Energieversorgung, kritisiert Energiequelle-Chef Raschemann mit vorsichtiger Ironie:
    "Ich bin der Meinung, dass es nicht Kernziel des Gesetzgebers ist, Feldheims zu schaffen. Ich glaube aber trotzdem, dass die Kraft und das Interesse der Bürger dazu beitragen wird, Energieversorgung immer anfassbarer zu machen. Nicht nur in der Sichtbarkeit von Erzeugungsanlagen. Sondern auch im Bedarf, diesen Strom, diese Energie auch für sich nutzbar und den Lokalvorteil in den Steckdosen wirtschaftlich vermarktbar zu gestalten."
    In diesem Fall würde die Macht der großen Energiekonzerne langfristig sinken - obwohl sie einige ihrer Interessen im novellierten Gesetz unterbringen konnten.