Michael Jackson ist immer dabei. In kaum einer Marc-Brandenburg-Ausstellung fehlt ein Motiv des Popstars, und bevorzugt wiederholt sich seit einem Jahr das Porträt des noch jungen King of Pop aus der "präoperativen" Phase, also mit den noch unentstellten Gesichtszügen in einer fast ungewohnt lockeren Daumen-hoch-Pose. Marc Brandenburg hat es kurz nach dem Tod des Sängers gezeichnet, in memoriam, wie er sagt. Was nicht unbedingt heißen soll, dass er Michael Jackson-Fan gewesen sei, eher, dass Michael Jackson zu denjenigen Figuren gehörte, denen man schlechterdings in Deutschland nicht ausweichen konnte, nachdem Marc Brandenburg im Alter von 12 Jahren aus den USA wieder nach Westberlin zurückgekommen war. In den Achtzigern brach dann die Jackson-Welle los. "Es ist mir einfach oft alles zu viel", sagt Brandenburg noch heute, er fühlt sich geplättet vom "medialen Overkill da draußen".
So war es schon damals, so ist es auch heute. Wenn er nicht gerade zeichnet, schleicht Brandenburg übernächtigt durch die Stadt, ohne Handy und Kopfhörer. Seine Zeichnungen, die er seit fünfzehn Jahren zunächst meist im Din-A4-Format, zunehmend aber auch in extremen Klein- und Großformaten anfertigt, bieten ihm das Rückzugsgebiet, den Filter, durch den er die Bilderfluten bändigen und in eine Art Ordnung überführen kann. Sie wirken dann in all ihrer vermeintlichen Härte und zeitweiligen Bewegtheit erstarrt, domestiziert, während der Kunstmarkt ihn als abgründigen Chronisten der Popkultur feiert. Er fotografiert Szenen im Park, im Nachtleben, in der schwulen und linken Subkultur, Freunde, Demonstrationszüge, Fußballfans, Hare-Krischna-Anhänger, Rummelplätze; er sammelt Bilder auch aus Magazinen oder Comics und verwandelt das meiste davon mit dem Fotokopierer, dem Scanner oder am Computer in Negative, verzerrt es dabei zuweilen noch künstlich wie unter einer riesigen Wasserblasenoptik. Das Ergebnis zeichnet er dann mit Grafitstiften penibel ab.
Die Negativ-Erscheinungen verkehren diese Welt des Medialen und Alltäglichen fürwahr in ein Jenseits, ein Kabinett stiller Geistererscheinungen, die ihre fleischliche Präsenz eingebüßt haben; ausdruckslos schauen sie wie Figurinen aus dem Bildern zurück in die Welt des Betrachters, die bislang ja noch so belebt zu sein schien. Aber dieser Kontrast ist Marc Brandenburg schon aufgefallen, und er arbeitet erkennbar an dessen Aufhebung.
In der Hamburger Kunsthalle hat er sich ironischerweise den Saal der Meisterzeichnung für seine Ausstellung ausgewählt, weil dieser völlig fensterlos ist. Das Licht ist ausgeschaltet, stattdessen hat er eine umlaufende Reihe von UV-Licht-Röhren anbringen lassen, die diese vormals so belebte, fleischliche Welt des Publikums nun in dasselbe geisterhafte Pandämonium verwandelt, wie es auf den Negativzeichnungen erschien. Die Zeichnungen wiederum leuchten unter dem sogenannten Schwarzlicht wie jenseitige Traumbilder oder, je nach Assoziation, verstrahlte Objekte. Humor spielt bei Brandenburg immer eine große Rolle, seine Ideen bringen ihn selbst oft zum Lachen, und in diesem Fall dürfte es nicht anders gewesen sein. Es ist die Freude des Autodidakten an seiner eigenen Meisterschaft, am Aufgehen des Handwerklichen, der Perspektive von Außen.
Aufgewachsen in der texanischen Heimat seines Vaters in einer kaputten Familie, als Zwölfjähriger mit der Mutter nach Westberlin zurückgekehrt, ohne wirklich irgendwo anzukommen. Vielleicht hängt das Außenseitergefühl auch mit seiner dunklen Hautfarbe zusammen. Oder mit seiner Homosexualität. "Vor allem aber mit dieser Grunderfahrung, die Punkrock mit sich brachte", erzählt Brandenburg. 1979, als Punk in Berlin groß wurde, war der 14-jährige Marc früh dabei, trug Schottenrock, lebte im Hausbesetzerkiez, wohnte später mit Christiane F., dem Kind vom Bahnhof Zoo, in einer WG. Startete dann als Modedesigner, spielte in Filmen und Videos mit. Nicht unbedingt eine Karriere, die im Saal der Meisterzeichnung der Hamburger Kunsthalle enden muss.
So war es schon damals, so ist es auch heute. Wenn er nicht gerade zeichnet, schleicht Brandenburg übernächtigt durch die Stadt, ohne Handy und Kopfhörer. Seine Zeichnungen, die er seit fünfzehn Jahren zunächst meist im Din-A4-Format, zunehmend aber auch in extremen Klein- und Großformaten anfertigt, bieten ihm das Rückzugsgebiet, den Filter, durch den er die Bilderfluten bändigen und in eine Art Ordnung überführen kann. Sie wirken dann in all ihrer vermeintlichen Härte und zeitweiligen Bewegtheit erstarrt, domestiziert, während der Kunstmarkt ihn als abgründigen Chronisten der Popkultur feiert. Er fotografiert Szenen im Park, im Nachtleben, in der schwulen und linken Subkultur, Freunde, Demonstrationszüge, Fußballfans, Hare-Krischna-Anhänger, Rummelplätze; er sammelt Bilder auch aus Magazinen oder Comics und verwandelt das meiste davon mit dem Fotokopierer, dem Scanner oder am Computer in Negative, verzerrt es dabei zuweilen noch künstlich wie unter einer riesigen Wasserblasenoptik. Das Ergebnis zeichnet er dann mit Grafitstiften penibel ab.
Die Negativ-Erscheinungen verkehren diese Welt des Medialen und Alltäglichen fürwahr in ein Jenseits, ein Kabinett stiller Geistererscheinungen, die ihre fleischliche Präsenz eingebüßt haben; ausdruckslos schauen sie wie Figurinen aus dem Bildern zurück in die Welt des Betrachters, die bislang ja noch so belebt zu sein schien. Aber dieser Kontrast ist Marc Brandenburg schon aufgefallen, und er arbeitet erkennbar an dessen Aufhebung.
In der Hamburger Kunsthalle hat er sich ironischerweise den Saal der Meisterzeichnung für seine Ausstellung ausgewählt, weil dieser völlig fensterlos ist. Das Licht ist ausgeschaltet, stattdessen hat er eine umlaufende Reihe von UV-Licht-Röhren anbringen lassen, die diese vormals so belebte, fleischliche Welt des Publikums nun in dasselbe geisterhafte Pandämonium verwandelt, wie es auf den Negativzeichnungen erschien. Die Zeichnungen wiederum leuchten unter dem sogenannten Schwarzlicht wie jenseitige Traumbilder oder, je nach Assoziation, verstrahlte Objekte. Humor spielt bei Brandenburg immer eine große Rolle, seine Ideen bringen ihn selbst oft zum Lachen, und in diesem Fall dürfte es nicht anders gewesen sein. Es ist die Freude des Autodidakten an seiner eigenen Meisterschaft, am Aufgehen des Handwerklichen, der Perspektive von Außen.
Aufgewachsen in der texanischen Heimat seines Vaters in einer kaputten Familie, als Zwölfjähriger mit der Mutter nach Westberlin zurückgekehrt, ohne wirklich irgendwo anzukommen. Vielleicht hängt das Außenseitergefühl auch mit seiner dunklen Hautfarbe zusammen. Oder mit seiner Homosexualität. "Vor allem aber mit dieser Grunderfahrung, die Punkrock mit sich brachte", erzählt Brandenburg. 1979, als Punk in Berlin groß wurde, war der 14-jährige Marc früh dabei, trug Schottenrock, lebte im Hausbesetzerkiez, wohnte später mit Christiane F., dem Kind vom Bahnhof Zoo, in einer WG. Startete dann als Modedesigner, spielte in Filmen und Videos mit. Nicht unbedingt eine Karriere, die im Saal der Meisterzeichnung der Hamburger Kunsthalle enden muss.