Ein Autohof kurz vor Bremen. Es ist 17 Uhr, der Parkplatz ist brechend voll. Am Rand steht eine Gruppe vor einem PKW-Kofferraum und sortiert Brotdosen und Infoblätter in Einkaufskörbe - alle ausgestattet mit einer Warnweste, auf der steht, faire Arbeit, faire Löhne, faire Mobilität. In Russisch, in Polnisch, ungarisch, tschechisch. Alle sind Mitarbeiter von Beratungsstellen für mobile Beschäftigte, alle sprechen sie unterschiedliche Sprachen. Sie wollen LKW-Fahrer über ihre Rechte informieren.
Michael Wahl vom DGB koordiniert die Aktion. Er reist seit Monaten über die LKW-Parkplätze der Republik. Er kennt sich aus mit der Situation der Arbeiter in der Logistik-Branche.
Michael Wahl vom DGB koordiniert die Aktion. Er reist seit Monaten über die LKW-Parkplätze der Republik. Er kennt sich aus mit der Situation der Arbeiter in der Logistik-Branche.
"Wir fangen an, aus dem ersten Grund, weil ihr es besser erkennen könnt, geht von vorne dran, aus dem zweiten, dann sieht euch der Fahrer auch, und weiß direkt, dass ihr da seid. Falls die Fahrer abblocken im ersten Moment, sagt einfach ein Stichwort a la Arbeitsrecht oder kostenlose Beratung, dann sind sie meistens bereit mich euch zu sprechen."
In Zweiergruppen geht es los. Michael Wahl mahnt die Kollegen, immer auf die Kennzeichen zu achten. Oftmals kommen Anhänger und Zugmaschinen aus unterschiedlichen Ländern. "Hier haben wir zum Beispiel ein Unternehmen, das ist ein slowakisches Kennzeichen."
Mit Briefkastenfirmen Standards umgehen
Aber die Firma, die mit quietschend grünen LKW durch ganz Europa fährt, gehört, das hat Michael Wahl recherchiert, zu einem skandinavischen Unternehmen. Das hat Briefkastenfirmen in ganz Osteuropa hat, um die Tariflöhne, die in Westeuropa gelten, zu umgehen.Ein Modell, das sich auch viele Unternehmen aus EU-Mitgliedstaaten zu eigen machen. Lohndumping, Sozialbetrug, Scheinselbstständigkeit sind dabei fast die Regel, sagt der Gewerkschafter.
"Wenn man hier einen Betrug nachweisen will, dann muss man mit drei Partnern zusammenarbeiten, um irgendwas für den Fahrer zu erreichen, also es sind extrem komplizierte Konstruktionen und die Firmen wissen ganz genau, warum sie das machen."
Gemäß der Entsenderichtlinien, über deren Reform die EU heute diskutiert, dürfte es solche Fälle eigentlich nicht geben. Aber noch gibt es zu viele Schlupflöcher. Und unterschiedliche Auffassungen darüber, für wen diese Richtlinien gelten sollen. Michael Wahl spricht einen Fahrer, einen Polen in einem LKW einer großen ungarischen Spedition an. Der Wagen hat ein slowakisches Kennzeichen.
"Wenn man hier einen Betrug nachweisen will, dann muss man mit drei Partnern zusammenarbeiten, um irgendwas für den Fahrer zu erreichen, also es sind extrem komplizierte Konstruktionen und die Firmen wissen ganz genau, warum sie das machen."
Gemäß der Entsenderichtlinien, über deren Reform die EU heute diskutiert, dürfte es solche Fälle eigentlich nicht geben. Aber noch gibt es zu viele Schlupflöcher. Und unterschiedliche Auffassungen darüber, für wen diese Richtlinien gelten sollen. Michael Wahl spricht einen Fahrer, einen Polen in einem LKW einer großen ungarischen Spedition an. Der Wagen hat ein slowakisches Kennzeichen.
Am Anfang attraktiv
Der Fahrer macht sich Sorgen um seine Altersvorsorge. Er bekommt hohe Spesen, aber nur einen sehr geringen Lohn. Auch typisch für die Fahrer aus Osteuropa. Das heißt, ihr sozialversicherungspflichtiger Lohn ist sehr gering, der Rest zum Mindestlohn wird mit Bargeld aufgestockt.
"Für den Fahrer ist das im ersten Moment attraktiv, er bekommt viel mehr als in Ungarn aber langfristig..."
...droht die Altersarmut und:
"Vor allem erfüllt es auf gar keinen Fall die EU-Forderung nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort."
Agniezka Lason kommt auf Michael Wahl zu. Sie arbeitet in der Bremer Beratungsstelle MOBA und hat einen Ukrainer im Schlepptau. Der Mann sieht grau vor Müdigkeit aus. Er ist seit zwei Monaten fast ununterbrochen im Truck unterwegs.
"Sehr interessant. Der Mann arbeitet für einen polnischen Unternehmer, ist aber nach Niederlande entsendet worden, also was steht ihm zu?" "14,50, wenn es gut läuft."
"Für den Fahrer ist das im ersten Moment attraktiv, er bekommt viel mehr als in Ungarn aber langfristig..."
...droht die Altersarmut und:
"Vor allem erfüllt es auf gar keinen Fall die EU-Forderung nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort."
Agniezka Lason kommt auf Michael Wahl zu. Sie arbeitet in der Bremer Beratungsstelle MOBA und hat einen Ukrainer im Schlepptau. Der Mann sieht grau vor Müdigkeit aus. Er ist seit zwei Monaten fast ununterbrochen im Truck unterwegs.
"Sehr interessant. Der Mann arbeitet für einen polnischen Unternehmer, ist aber nach Niederlande entsendet worden, also was steht ihm zu?" "14,50, wenn es gut läuft."
Die ersten Klagen laufen
Michael Wahl hört zu und überlegt. Ein klassischer Fall. Die osteuropäischen Fahrer fahren haben einen osteuropäischen Arbeitsvertrag, sie fahren aber nur in Westeuropa. Ein rumänischer Fahrer hat sich entschieden gegen diese Art der Ausbeutung zu klagen - unterstützt von der dänischen und rumänischen Gewerkschaft. Er hat für ein skandinavisches Unternehmen mit Sitz in der Slowakei gearbeitet und hat fünf Jahre lang Ikea-Möbel in Skandinavien umhergefahren - für slowakischen Lohn. Nun will er die Lohndifferenz einklagen - rund 240.000 Euro.
Die LKW-Fahrer kennen seinen Fall. Alle warten auf das Ergebnis des Prozesses. Allerdings wird - das teilte die dänische Gewerkschaft dem Deutschlandfunk mit - die erste Anhörung erst im April 2018 sein.