Mal ist es ein besonders heftiger Sturm, mal eine ungewöhnlich lange Dürre oder eine schwere Überflutung. Solche Extremwetterereignisse richten dort, wo sie auftreten, verheerende Schäden an. Aber nicht nur dort, sagt Leonie Wenz vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung, kurz PIK.
Wir haben in den vergangenen Jahren verschiedene Beispiele gehabt, Taifun Hayan auf den Philippinen hat die Produktion von Kokosnussöl sehr stark beeinträchtigt, das ist ein ganz wichtiges Fett für die globale Lebensmittelproduktion. Ein anderes Beispiel wären die Überschwemmungen in Australien, wo der Kohleabbau für Tage unterbrochen war was auch über die Ländergrenzen hinweg ökonomische Folgen hatte.
Sowohl Taifune als auch Überschwemmungen könnten im Zuge des Klimawandels häufiger auftreten. Die Mathematikerin wollte deshalb in ihrer Doktorarbeit herausfinden, wie solche Extremwetterereignisse die globale Wirtschaft beeinflussen – eben indem zum Beispiel plötzlich Kokosnussöl oder Kohle zur Mangelware werden und Produktionsketten in ganz anderen Weltregionen ins Stocken geraten.
"Wir haben in unserer Arbeitsgruppe am PIK ein Modell entwickelt dass es ermöglicht, die Ausbreitung von solchen Schäden entlang globaler Lieferketten abzubilden, zu simulieren, und für die Studie haben wir Daten zur Temperatur, zur Bevölkerung und zum ökonomischen Netzwerk kombiniert aus der Vergangenheit und mithilfe des Modells geschaut, wie sich diese Produktionsverluste durch Hitzestress weiter ausbreiten können."
Hitzestress führt zu Produktionseinbrüchen
Aus früheren Studien war bekannt, dass Hitzestress gerade in der Land- und Forstwirtschaft, dem Baugewerbe oder auch der Textilindustrie zu Produktionseinbrüchen führt: je wärmer es ist, desto schneller sind die Arbeiter erschöpft und desto weniger effizient können sie arbeiten. Diese Verbindung ist linear. Mit jedem Grad mehr sinkt die Produktivität. Die Forscher untersuchten mit ihrem Computermodell den Zeitraum 1991 bis 2011. Sie betrachteten die Wirtschaftsbeziehungen zwischen 186 Ländern und 26 Industriesektoren. In den ersten Jahren wirkten sich die Ausfälle durch Hitzestress kaum auf andere Weltregionen aus. Ab dem Jahr 2000 aber zeigte das Modell immer stärker werdende Folgen für den Rest der Welt. Leonie Wenz‘ Ansicht nach liegt das an den globalen Lieferbeziehungen, die seit Beginn des 21. Jahrhunderts massiv zugenommen haben. Unter normalen Umständen erhöht diese Globalisierung die Effizienz der Wirtschaft. In Zeiten des Klimawandels aber erhöhen sie auch die Risiken.
"Es zeigt erstmal, dass, wenn wir über Klimaschäden nachdenken, dass dann nicht nur die eigentliche Erwärmung des Planeten eine Rolle spielt, sondern eben auch die Art oder die Belastbarkeit der Gesellschaft und des Wirtschaftssystems auf die diese Schäden treffen."
Anfälligkeit globaler Lieferbeziehungen abmildern
Ihren Daten zufolge hat sich die Anfälligkeit der globalen Wirtschaft für Hitzestress im vergangenen Jahrzehnt verdoppelt. So sind heute zum Beispiel viel mehr Länder auf Rohstoffe aus Indien angewiesen , als noch im Jahr 1991. Eine Hitzewelle dort zieht Produktionsketten selbst im weit entfernten Alaska in Mitleidenschaft. In einem nächsten Schritt wollen die Forscher nun schauen, wie sich diese Anfälligkeit globaler Lieferbeziehungen abmildern lässt.