Es ist der zweite Mord an einem Journalisten in einem EU-Land innerhalb von fünf Monaten: In der Slowakei wurde der Investigativreporter Jan Kuciak erschossen. Der Verdacht liegt nahe, dass die Tat im Zusammenhang mit seiner Arbeit steht. Kuciak recherchierte zu Steuerverbrechen und den Panama Papers - genau so wie die maltesische Journalistin Daphne Caruana Galicia, die im Oktober 2017 durch eine Autobombe getötet wurde.
"Wachsam sein" übertitelt der Investigativ-Chef der "Süddeutschen Zeitung", Bastian Obermayer, einen Kommentar zum Mord an Jan Kuciak heute in der Printausgabe der "Süddeutschen Zeitung" (S. 4, online mit anderem Titel). Wachsam sein, das müsse "die gesamte Europäische Politik", sagte Obermayer im Deutschlandfunk.
Fälle müssten unbedingt aufgeklärt werden
Wenn die Politiker nicht aufpassen würden, dass Fälle wie die der beiden ermordeten Journalisten in Malta und der Slowakei aufgeklärt werden, "dann müssen wir in ein paar Jahren zurückschauen und sagen: Damals hat das angefangen, dass man relativ ungestraft Journalisten töten konnte."
Sorgen macht sich Obermayer in Hinblick auf einen offen feindseligen Blick von Politikern auf Journalisten: US-Präsident Donald Trump etwa und der Premierminister der Slowakei Robert Fico würden "sehr schlecht und mit sehr großer Verachtung" über recherchierende Journalisten sprechen - "irgendwie scheint das ein bisschen Hand in Hand zu gehen".
"Wenn man in Europa langsam das Gefühl haben muss, dass die Presse mehr oder weniger Freiwild ist, dann wird es natürlich auch gefährlicher. Wenn Leute, die Journalisten töten wollen, das Gefühl haben, dass man sie gar nicht richtig jagen wird, weil ja sowieso niemand Journalisten mag, dann wird das ein Beruf werden, in dem es nicht mehr gemütlich wird."
Die Gefahr merkt man meistens zu spät
In Deutschland muss man sich aus Sicht von Obermayer noch keine Sorgen machen. Hier habe man noch keine Atmosphäre, wie sie in anderen Ländern in Osteuropa oder Russland herrsche.
Allerdings mache er sich um Partner Sorgen, mit denen er in anderen Ländern kooperiere, und auch bei internationalen Recherchen habe man jetzt schon "ein ungutes Gefühl": "Man ist dann in Gefahr, wenn man aktuell an einem Thema recherchiert, was mächtige Menschen, meistens Männer, in einem Land betrifft, meistens, was ihr persönliches Vermögen angeht, was die Unterwelt angeht."
Dass man in Gefahr sei, wisse man selbst allerdings oft erst, wenn es zu spät sei, da man dies selten schon im Vorhinein ahnen könne, sagte Obermayer im Dlf.