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EU-Modellprojekt Bodensee
Landwirte fit machen für den Klimawandel

Heftige Stürme, Hochwasser oder Trockenperioden: Von den Auswirkungen des Klimawandels sind besonders die Landwirte betroffen. Ein EU-Modellprojekt am Bodensee soll ihnen nun helfen, sich auf die Wetterextreme einzustellen und Treibhausgase zu reduzieren.

13.01.2014
    "Wir sind jetzt in unserem Jungviehstall. Da laufen die Kühe alle frei rum. Insgesamt sind das hundert Tiere."
    Obwohl er kein Biolandwirt ist, legt Hans-Peter Buhl auf den freien Auslauf seiner Kühe großen Wert. Seit Jahrzehnten bewirtschaftet er das Hofgut Homboll am Rande der kleinen Gemeinde Hilzingen, rund 15 Kilometer vom Bodensee entfernt. Doch gerade in letzter Zeit bereitet ihm so manches Sorgen:
    "Hauptsächlich sind da die Wetterextreme, von sehr nass bis trocken, von sehr kalt bis sehr heiß. Das spüren wir hautnah, Tag für Tag, in der ganzen Vegetationszeit."
    Vor allem ein Problem tritt immer gravierender zutage:
    "Das Wasser ist das Hauptproblem."
    Die Quellfassungen geben immer weniger Wasser her; in Trockenperioden wird so mancher Bach zum Rinnsal. All dies, glaubt Bauer Hans-Peter Buhl, sind unverkennbare Auswirkungen des Klimawandels. Und er glaubt auch, dass Landwirte wie er sich darauf vorbereiten müssen. Deswegen war Buhl sofort bereit, an einem Modellprojekt teilzunehmen, das die "Internationale Bodenseekonferenz", getragen von den Regierungen aller Bodensee-Anrainerstaaten, auf den Weg gebracht hat. Am Anfang steht der Klimacheck jener zehn ausgewählten Bauernhöfe, die bei dem Projekt mitmachen.
    "Wir beginnen mit den Landwirten mit dem Klimaschutzprojekt, in dem wir schauen: Was können die Landwirte selbst verändern in den Betrieben, um ihren Treibhausgasausstoß zu reduzieren? Und anschließend schauen wir auf die Thematik: Wie stellen sich die Landwirte am besten auf den Klimawandel und seine Veränderungen ein?"
    , erklärt Projektleiter Volker Kromrey von der Bodenseestiftung, die das Projektumsetzt.Konkret heißt das: Die Fachleute checken jeden beteiligten Landwirtschaftsbetrieb daraufhin ab, wo verborgene Potentiale zur Reduzierung von Treibhausgasen liegen. Auf dieser Basis erarbeiten sie Handlungsempfehlungen für die Landwirte. Nachdem die Öko-Experten da waren, hat sich auf dem Hofgut Homboll von Hans-Peter Buhl und seiner Ehefrau Doris vieles verändert:
    "Wir haben viel Daten erhoben. Und anhand der Daten konnten wir ermitteln, wo unsere Energieverbräuche sind, Treibstoff, Diesel, Stromverbrauch, Pflanzenschutzmittel, das Plastik. Das ist alles erhoben worden. Und es wurden uns Vorschläge gemacht, wo wir da sparen können."
    Und da lässt sich eine ganze Menge einsparen. Beispiel: Ihre alten Wasserpumpen ließen die Buhls durch so genannte "Effizienzpumpen" ersetzen. Daneben haben sie ein eigenes Nahwärmenetz aufgebaut, mit dem sie die verschiedenen Gebäude des Hofgutes beheizen. Den Strom, den sie benötigen, erzeugen Doris und Hans-Peter Buhl mit einer Biogasanlage und einem Fotovoltaik Dach.
    Und wenn Hans-Peter Buhl mit seinem Traktor die Felder bearbeitet, geschieht das ein Stück weit klimaneutraler als vorher, dank der Tipps aus dem Modellprojekt.
    "Wir fahren mit GPS. Das heißt: Wir können ganz exakt fahren und die Arbeitsbreite exakt einhalten. Und das bedeutet: weniger Dieselverbrauch, weniger Pflanzenschutzmitteleinsatz, weniger Dünger. Also alles wird höchst effizient eingesetzt."
    Wie stark ist die Bereitschaft der Landwirte ganz generell, solche Ideen zur Schadstoffreduktion umzusetzen? Auch dies ist ein Ziel des Projektes – und das mit gutem Grund:
    "Man hat sich international darauf geeinigt, dass in etwa 15 Prozent aller Treibhausgas-Emissionen direkt von der Landwirtschaft verursacht werden."
    Dies aber, so Projektleiter Volker Kromrey, weil viele Höfe längst noch nicht "klima-optimal" betrieben werden. Hier gebe es mit den entsprechenden Maßnahmen, wie sie derzeit am Bodensee erprobt werden, noch erhebliche Einsparpotentiale.
    "Also insgesamt haben wir die Erfahrung gemacht, dass zwischen zehn und 30 Prozent der Energieverbräuche eingespart werden können über die Betriebe. Und das Gleiche gilt auch für die Treibhausgasemissionen, das zehn bis sogar 40 Prozent der Treibhausgase reduziert werden können."
    Allerdings haben viele Landwirte ein Problem damit, von Organisationen wie der Bodenseestiftung Ratschläge entgegen zu nehmen. Schließlich ist das Verhältnis zwischen Naturschutz und Landwirtschaft nicht immer gut gewesen. Hans-Peter Buhl aus Hilzingen sieht hier allerdings mit Blick auf das, was sich so alles auf seinem Hof getan hat, einen Sinneswandel – nicht nur bei den Landwirten.
    "Auch der Naturschutz und die Naturschutzverbände haben erkannt: Man muss miteinander arbeiten. Und dann klappt das."