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Europa
EuGH-Urteil zu Studentenvisa für Drittstaatenangehörige

Die Luxemburger Richter haben entschieden: Wer einmal die im EU-Recht verankerten Kriterien für ein Studentenvisum erfüllt, dem dürfen die Mitgliedsstaaten keine weiteren Zulassungsbedingungen vorschreiben.

Von Johannes Kulms |
    Eine gute Nachricht nicht nur für den Tunesier Ben Alaya, sondern auch für die deutschen Hochschulen insgesamt, findet Thomas Böhm, Referatsleiter der Internationalen Abteilung bei der Hochschulrektoren-Konferenz, kurz HRK:
    "Ja, das Urteil stärkt aus unserer Sicht, die Rolle der Hochschulen insgesamt beim Zulassungsverfahren für Studieninteressierte aus Drittstaaten. Denn es sagt ja, dass letztendlich keine zusätzlichen Zulassungsbedingungen geschaffen werden dürfen. Das heißt, die fachliche Bewertung liegt bei den Hochschulen."
    Seit 2010 versucht Ben Alaya, ein Visum für die Bundesrepublik zu erhalten. Mehrfach ist er von der Technischen Universität Dortmund zum Mathematikstudium zugelassen worden. Zudem hat Ben Alayas seit den 70er Jahren in Deutschland lebenden Vater erklärt, dass er für den Unterhalt seines Sohnes während eines Studiums in Europa aufkommen würde. Mohamed Ben Alaya war 1989 in Deutschland geboren und 1995 nach Tunesien gezogen, wo er aufwuchs.
    Ben Alaya hatte alle Bedingungen für ein Studierendenvisum erfüllt, wie sie die entsprechende EU-Richtlinie festlegt.
    Trotzdem haben die deutschen Behörden dem 25-Jährigen das Visum mehrfach verweigert. Denn in Deutschland hatte man Zweifel an der Motivation des Antragstellers: Ben Alayas Noten seien zu schlecht, seine Deutschkenntnisse zu gering und es sei auch nicht klar, warum er ausgerechnet in Deutschland Mathematik studieren müsse, um in Tunesien Lehrer zu werden, hieß es aus Deutschland.
    Doch dieser Ermessensspielraum stehe den Mitgliedsstaaten nicht zu, sagt der EuGH: Wenn ein Bürger aus einem Drittstaat einmal die Bedingungen der EU-Richtlinie erfülle, dann müsse ihn der entsprechende Mitgliedsstaat auch auf sein Hoheitsgebiet lassen. Die HRK erwartet von dem Urteil jedoch nicht, dass sich die Zahlen der Studienbewerber aus Nicht-EU-Staaten deutlich ändern wird. Thomas Böhm:
    "Denn es gibt viele, viele inhaltliche Gründe, um nach Deutschland zu kommen. Aber es ist auch wirklich schwer einzuschätzen, wenn Sie jetzt fragen, weitere Klagen, denn wir von Seiten der HRK können nicht einschätzen, ob der vorliegende Fall eher als Einzelfall zu bewerten ist oder ob deutsche Botschaften häufiger kein Studienvisum ausstellen, weil es eben Zweifel gibt."
    Das Auswärtige Amt, wollte sich gegenüber dem Deutschlandfunk zur Zahl der abgelehnten Visumsanträge nicht äußern.
    Eine Frage, die sich deutsche Behörden aber nun stellen dürften, lautet: Erleichtert das Urteil den Missbrauch von Studienvisa? Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hatte 2012 eine Studie zusammen mit dem Europäischen Migrationsnetzwerk vorgelegt, die sich mit der Zuwanderung von internationalen Studierenden aus Drittstaaten beschäftigt.
    Generell könnten bei allen Aufenthaltserlaubnissen Missbrauchsfälle vorkommen, heißt es dort. Jedoch, Zitat:
    "Es sind derzeit im Bundesgebiet keine systematischen Missbrauchsfälle des Studierendenstatus bekannt."
    An diesen Erkenntnissen haben sich nichts geändert, teilte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dem Deutschlandfunk mit.
    Die Luxemburger Richter hoben bei ihrem Urteil vor, die EU-Richtlinie solle die Mobilität von Studierenden aus Drittstaaten fördern, damit Europa im Bereich von Studium und beruflicher Bildung weltweit Maßstäbe setze.
    Und doch stellten sie eine Ausnahme klar, die Mitgliedsstaaten auch in Zukunft erlaubt, Studienvisa abzulehnen: Dann nämlich, wenn eine Bedrohung für die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder die Gesundheit bestehe. Im Falle des Tunesiers Ben Alaya hätten die deutschen Behörden eine solche Bedrohung aber nie geltend gemacht.