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European Maccabi Games
Selbstverständlich in Deutschland

Alon Meyer organisiert die Europäischen Maccabi-Spiele 2015: jüdische Sportwettkämpfe, ausgerechnet auf dem von den Nazis erbauten Berliner Olympiagelände. Das kann ein Zeichen der Selbstverständlichkeit jüdischen Lebens in Deutschland werden - wenn alles friedlich vonstatten geht.

Von Ronny Blaschke |
    Alon Meyer organisiert die Europäischen Maccabi-Spiele in Berlin.
    Alon Meyer organisiert die Europäischen Maccabi-Spiele in Berlin. (Deutschlandradio - Ronny Blaschke)
    Am vergangenen Mittwoch endete das jüdische Lichterfest Chanukka. Ein Grund für uns, voraus zu schauen auf das vielleicht wichtigste Sportereignis des kommenden Jahres. Am 27. Juli beginnen auf dem Berliner Olympiagelände die Europäischen Makkabi-Spiele. Wo Hitler 1936 sein Regime bejubeln ließ, werden 2015 mehr als 2.000 Athleten in 20 Sportarten aktiv sein. Einer der prägenden Köpfe der Veranstaltung ist der neue Präsident von Makkabi in Deutschland: Alon Meyer.
    "Unsere Intention war es im Prinzip immer, keine Spiele zu organisieren, wie sie bisher in Europa stattgefunden haben: Spiele mit einem gewissen Hinterhof-Charakter, wo die Spieler und die Teilnehmer unter sich bleiben. Wir haben immer gesagt: Wir wollen uns öffnen, wir wollen zeigen, dass wir da sind, dass es normal ist. Die ganze Welt schaut hier nach Deutschland. Wir fühlen uns hier wohl. Und genau dieses Gefühl wollen wir mit den European Maccabi Games in Berlin nach außen hin tragen. Wir wollen, dass hier eine neue Selbstverständlichkeit existiert. Das ist mehr als Politik. Da sagen Bilder, Fotos, Videos mehr als tausend Worte. Das ist eine sehr, sehr politische Aussage."
    Sohn eines Rückkehrers
    Alon Meyer ist seit gut einem Jahr die selbstbewusste Stimme von Makkabi in Deutschland. Meyer ist in Frankfurt aufgewachsen. Er hat dort Fußball gespielt und als Trainer gewirkt. Er hat dort studiert und eine Familie gegründet. Alon Meyer steht auch Makkabi Frankfurt vor, dem größten der 37 Ortsvereine, mit rund 1.300 Mitgliedern. In seinem Büro im Stadtteil Eschersheim spricht Meyer über seine Wurzeln: Sein in Berlin aufgewachsener Vater war 1933 nach Palästina ausgewandert. Als deutscher Jude wurde er im neuen Staat Israel kritisch beurteilt. Und so ging sein Vater zunächst nach New York und dann 1958 nach Frankfurt.
    "Mein Vater war hier in Frankfurt sehr aktiv, nachdem er sich in Frankfurt etabliert hat und eine Arbeitsstelle gefunden hat. Dann hat er auch immer irgendetwas gesucht, etwas Jüdisches, was er Gutes tun kann. Um die Jüdische Gemeinde hier wieder aufkeimen zu lassen. Und dann hat er in der jüdischen Studentenbewegung gearbeitet. Und dann mit ein paar Freunden sich überlegt, dass der jüdische Sport in Frankfurt mal wieder aufgebaut werden sollte, den es ja auch vor dem Zweiten Weltkrieg schon gab. Dann erinnere ich mich noch: bin ich mit meinem Vater rumgelaufen, bei den Spielen der ersten Mannschaft, mit dem Hut. Und wir haben dann die Eintrittsgelder oder die Spenden gesammelt. Also ich bin immer mit meinem Papa mitgegangen. Der hat da wirklich die Tore zugemacht."
    Der Vater von Alon Meyer hat zu Hause nicht über den Holocaust gesprochen, auch nicht über den Antisemitismus in den Fünfziger- oder Sechzigerjahren. Alon Meyer hat später selbst Judenfeindschaft erfahren: als Fußballer, als Betreuer, als Trainer und Funktionär von Makkabi. Er hat die Polizei rufen müssen, Anwälte eingeschaltet, die Medien informiert. Doch in den vergangenen sechs, sieben Jahren sind die Schmähungen subtiler geworden.
    Unterschwellige Vorurteile
    "Das passiert auch bei Funktionären, und vor allem Beamten, bei Gesprächen mit der Stadt, mit der Bank. Wenn wir dann im Prinzip jetzt sprechen über einen neuen Sportplatz, den wir vielleicht irgendwie kriegen, wo ein ganz kleines Licht sich im Dunkeln geöffnet hat. Wenn Sie dann mit den Stadtverantwortlichen reden, dann werden Ihnen Plätze angeboten, die ungebaut sind, wo ein Acker drauf ist. Wo man dann sagt: Hört mal zu, ihr habt doch das Geld, ihr habt doch die entsprechenden Möglichkeiten. Für euch wäre es doch ein Leichtes, wenn wir euch die Fläche geben, da was hinzubauen. Und da merkt man dieses Unterschwellige: Die Juden haben doch Geld, für Euch ist es doch einfacher als für andere Vereine. Das kriegen wir immer wieder mit. Aber auch Spieler, wenn Sie zu uns kommen: Wenn sie über Wechselprämien, über eine Ausstattung reden, dann erwarten die einfach sehr oft mehr, glaube ich, als sie bei anderen Vereinen erwarten."
    Alon Meyer orientiert sich an seinem Vorbild: Dieter Graumann, der ausgeschiedene Präsident des Zentralrats der Juden und frühere Vorsitzende von Makkabi Frankfurt. Beide wollen weniger aus der Opfer-Perspektive heraus argumentieren, sondern konstruktiv nach vorn blicken. Der Betriebswirt Alon Meyer leitet bei Makkabi Deutschland ein komplett neues Präsidium. Das jüngste der zwölf Mitglieder ist 23 Jahre alt, mit 40 ist Meyer fast das älteste. Das Präsidium möchte die Ortsvereine fördern, den Austausch mit Israel stärken und über Inklusion diskutieren. Sport sei wichtig, sagt Meyer, aber wichtiger seien Bildung, Kultur, das soziale Miteinander.
    "Für mich, und mit diesem Ziel bin ich auch angetreten, muss Makkabi Deutschland neben dem Zentralrat, der für das Politische zuständig ist, neben der Zentralwohlfahrtstelle, die für Jugend und Soziales zuständig ist, so muss Makkabi als dritte jüdische Säule etabliert werden - für den jüdischen Sport."
    Kulturelles neben den Spielen
    Die Europäischen Makkabi-Spiele sind ein Meilenstein. Siebzig Jahre nach Ende des Krieges, fünfzig Jahre nach Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen Israel und Deutschland. Schirmherr des neuntägigen Sportfests ist Bundespräsident Gauck. Als Botschafter haben zugesagt: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, Bayern-Profi Jerome Boateng oder die jüdische Schwimmerin Sarah Poewe. Immer wieder sprechen Alon Meyer und seine Mitstreiter bei Ministerien, Stiftungen und Unternehmen vor. Sie wollen einen Etat von sechs Millionen Euro verwirklichen, um Wettbewerbe, Konzerte und Bildungsveranstaltungen auf hohem Niveau durchführen zu können. Ein Viertel der Kosten ist für die Sicherheit veranschlagt. Die große Mehrheit der Teilnehmer wird in einem Hotel im Bezirk Neukölln untergebracht sein.
    "Ich hoffe und wünsche mir, dass diese Spiele erst mal friedlich zu Ende gehen, ohne Vorfälle. Aber in zweiter Linie: Natürlich würde ich mich freuen, wenn wir es schaffen könnten, vor allem in Deutschland aber auch außerhalb Deutschlands zu zeigen, wie wir hier gerade aufblühen, was wir gerade erleben - und wie schön Deutschland ist."