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ExoMars-Mission
"Möglich, dass die Sonde beim Aufschlag explodiert ist"

Bei einem Sturz aus zwei bis vier Kilometern Höhe sei es sehr gut möglich, dass die Sonde beim Aufschlag explodiert sei, sagte Rolf Densing von der European Space Agency (ESA) im DLF. Doch binnen der nächsten zwei Wochen werde man Klarheit darüber haben, was passiert sei, so Densing.

Rolf Densing im Gespräch mit Arndt Reuning |
    Von der NASA-Sonde Mars Reconnaissance Orbiter aufgenommenes Bild der Mars-Oberfläche vom 21. Oktober 2016. Laut ESA könnte das hellere Objekt am unteren Rand des Bildes den Fallschirm und der obige dunkle Punkt den Einschlagskrater des Landers zeigen
    Von der NASA-Sonde Mars Reconnaissance Orbiter aufgenommenes Bild der Mars-Oberfläche vom 21. Oktober 2016. Laut ESA könnte das hellere Objekt am unteren Rand des Bildes den Fallschirm und der obige dunkle Punkt den Einschlagskrater des Landers zeigen (ESA/NASA)
    Arndt Reuning: Zuerst lief alles nach Plan: Der Fallschirm öffnete sich und bremste das Landegerät auf ungefähr dreihundert Kilometer pro Stunde ab. Und auch die Triebwerke gingen zunächst an - schalteten sich dann aber vorzeitig wieder aus. Schiaparelli stürzte auf der Mars-Oberfläche ab. Rolf Densing ist ESA-Direktor für Missionsbetrieb und Leiter des Raumfahrtkontrollzentrums ESOC in Darmstadt. Was können Sie über die Ursache sagen?
    Rolf Densing: Soweit wir das bisher rekonstruieren können, hat die Software aus einem Radar-Höhenmessgerät mit der allgemeinen Navigationssoftware nicht richtig gesprochen. Es hat einen Timeout gegeben, der dann dazu geführt hat, dass der Fallschirm etwas zu früh abgesprengt wurde und der dazu geführt hat, dass das Gerät in dem Glauben war, es wäre bereits auf der Oberfläche, sodass es die Bremsraketen abgeschaltet hat.
    Und jetzt gehen wir davon aus, dass die Sonde aus circa zwei bis vier Kilometern im freien Fall abgestürzt ist. Wir hätten gerne gesehen, dass die Bremstriebwerke etwa 60 Sekunden gezündet hätten, tatsächlich haben sie aber nur drei Sekunden gezündet.
    Also das Bild fügt sich eigentlich nahtlos ineinander. Es ist ein kleines bisschen spekulativ. Wir erwarten aber binnen der nächsten zwei Wochen sehr genaue Aufschlüsse und Klarheit darüber, was passiert ist.
    Schiaparelli ist wahrscheinlich beim Aufschlag explodiert
    Reuning: Am Wochenende hat die ESA ja Bilder veröffentlicht, die mit dem Mars Reconnaissance Orbiter aufgenommen wurden, also mit einem NASA-Satelliten, der den Mars umkreist. Was ist den darauf genau zu sehen?
    Densing: Darauf ist vermutlich der Fallschirm zu sehen. Er ist weiß und hat einen Durchmesser, der mit dem Schiaparelli-Fallschirm übereinstimmt. Dieser Fallschirm hatte zwölf Meter Durchmesser. Und es ist ein schwarzer Punkt und auch ein Krater zu sehen. Das ist wahrscheinlich die Einschlagsstelle - muss man fast sagen - von dem Schiaparelli-Lander.
    Also auch das passt ins Bild und dieser Befund liegt genau da auf der Mars-Oberfläche, wo wir den Landeplatz von Schiaparelli vermutet hätten.
    Reuning: Wenn die Triebwerke, dann heißt das ja wohl auch, dass noch Treibstoff an Bord der Sonde war.
    Densing: Ja, richtig. Es war noch Treibstoff an Bord der Sonde und bei einem Sturz aus zwei bis vier Kilometern Höhe ist es sehr gut möglich, dass die Sonde beim Aufschlag dann explodiert ist.
    Reuning: Inwieweit werden die Informationen, die Sie dann gewinnen, dann in die zweite Phase von ExoMars einfließen, wenn in einigen Jahren wieder eine Landeeinheit auf dem Roten Planeten abgesetzt werden soll?
    Densing: Wir haben sehr gute Erkenntnisse darüber, was passiert ist und was wir für die Mission im Jahr 2020 korrigieren müssen. Sicherlich wäre es schöner gewesen, wenn wir auf der Oberfläche gelandet wären. Ich glaube aber, dass wir alles zusammen haben, um die Mission im Jahr 2020 zu einem Erfolg zu führen.
    Ich denke, dass wir auch bei der jetzigen Mission, wenn man alles zusammen nimmt, sehr viel erreicht haben. Auch wenn das letzte Tüpfelchen aufs I noch gefehlt hat.
    In der Mars-Atmosphäre nach Spuren von Leben suchen
    Trace Gas Orbiter mit zwei Flügeln vor dem Mars
    Diese Grafik der ESA zeigt, wie der Trace Gas Orbiter (TGO) in die Atmosphäre des Mars eindringt - hier noch zusammen mit dem inzwischen verschollen Landemodul Schiaparelli. Er soll die Methan-Gas-Vorkommen analysieren, um so Rückschlüsse auf mögliches organisches Leben zu ziehen (picture alliance / dpa / Esa / Atg Medialab / Handout)
    Reuning: Etwas untergegangen ist vielleicht das Schicksal der Muttersonde, des Trace Gas Orbiters, wie wird es denn mit dem weitergehen?
    Densing: Also das ist eigentlich der wesentliche Teil dieser Mission. Dieser Orbiter dient als Telekom-Relais-Station. Wir haben inzwischen vier Relais-Stationen im Mars-Orbit - zwei amerikanische und zwei europäische Orbiter.
    Damit haben wir eine Infrastruktur um den Mars, die wir brauchen, um bei zukünftigen Missionen die Daten von der Mars-Oberfläche zurück zur Erde zu bringen. Das ist die eine Funktion dieses Orbiters. Dieser Trace Gas Orbiter, wie der Name sagt, hat aber auch eine wissenschaftliche Funktion, er soll nämlich Trace Gases - Spurengase zu Deutsch - in der Mars-Atmosphäre untersuchen.
    Eines dieser interessanten Spurengase ist Methan. Wir hoffen, dass der Trace Gas Orbiter zwischen Methan, das einen geologischen Ursprung hat, und Methan, das einen biologischen Ursprung hat, wird unterscheiden können. Dann können wir die räumliche Verteilung und die relative Verteilung zwischen geologisch und biologisch motiviertem Methan messen.
    Reuning: Hintergrund wäre die Suche nach Leben.
    Densing: So ist es. Methan entsteht beim Stoffwechsel von lebenden Organismen. Das steckt dahinter.