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Fadenwürmer gegen Streptomyces
Ein medizinischer Boxkampf

Den Medizin-Nobelpreis bekommen William C. Campbell und Satoshi Omura dafür, dass sie ein Mittel gegen die parasitären Fadenwürmer gefunden haben. Dazu setzen die Forscher auf ein scheinbar harmloses Bakterium. Wie es Streptomyces gelingt, die tückischen Würmer K.O. zu schlagen, erläutert Wissenschaftsjournalist Michael Lange.

Von Michael Lange |
    Der Kämpfer in der linken Ecke ist lang und dünn, er gehört eindeutig zu den Nematoden – den Fadenwürmern. Gerade einmal millimeterlang, aber äußerst variantenreich. Alleine ist er ein niemand, er lebt in anderen Organismen, ohne festen Wohnsitz. Als kleine Larve war er unterwegs in einem blutsaugenden Insekt – seinem Zwischenwirt, einer Art Sparrings-Partner. Und als der Blutsauger zustach, wechselte er den Wohnort, fand seine neue Heimat und seine Berufung. In einem Tier oder einem Menschen entfaltet er seine gnadenlosen Fähigkeiten. Gerne besiedelt er die Lymphgefäße, und die Folge sind Krankheiten wie die Flussblindheit. Gegen so einen Gegner scheint kein Kraut gewachsen.
    In der rechten Ecke, ein Kämpfer, der sich bewährt hat gegen allerlei schädliche Erreger. Sein Name: Streptomyces. Ein Bakterium, das mit seinem Geflecht aus langen Fäden an einen Pilz erinnert. Von Hause aus ein friedlicher Geselle, der gern im Boden vor sich hin lebt und der Erde im Wald ihren typischen Duft verleiht. Warum Experten auf diesen unscheinbaren Vertreter wetten, ist klar. Es sind seine chemischen Fähigkeiten, die die Fachwelt überzeugen. Streptomyces bildet allerlei Antibiotika, mit denen er in seiner langen Karriere manches krankmachende Bakterium auf die Matte schickte. Aber dass er auch Würmer umhaut, überraschte so manchen Zweifler. Dahinter steckt seine Geheimwaffe: Avermectin. Kein verbotenes Doping, sondern ein Kampfstoff, mit dem Streptomyces Fadenwürmer k.o. schlägt.