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FC Bundestag
Wenn sich Union und SPD auch beim Fußball bekämpfen

20 Unionsspieler und elf SPDler spielen im FC Bundestag gegeneinander Fußball. Der Fußballmanschaft beizutreten steht allen Parteien, Mitgliedern und Angestellten des Deutschen Bundestags offen, doch seit der letzten Wahl sind die Spieler aus CDU, CSU und SPD unter sich: Von der Opposition keine Spur.

Von Johannes Kulms |
    Fußball Bundesliga 3. Spieltag: 1. FSV Mainz 05 - FC Bayern München, am Samstag (22.08.2009) im Bruchwegstadion in Mainz. Die Schuhe des Münchener Trainers Louis van Gaal (r) und seines Co-Trainer Andries Jonker sind vor Spielbeginn am Spielfeldrand zu sehen. Mainz gewann die Partie mit 2:1. Foto:
    Nur wenige Meter entfernt vom Reichstag wechseln die Parlamentarier vom FC Bundestag Anzug- gegen Fußballschuhe. (picture-alliance/ dpa / Fredrik von Erichsen)
    "Leg mal die Trikots da aus, Thomas!"
    Feierabend, kurz nach 18 Uhr. In einer kleinen Turnhalle im Keller des Elisabeth-Lüders-Hauses steht ein besonderes Parlamentariertreffen bevor - nur wenige Meter entfernt vom Reichstag.
    "Ich bin Marcus Weinberg, Kapitän des FC Bundestags jetzt seit einem dreiviertel Jahr, spiele auf der sogenannten Sechs, also defensives Mittelfeld. "
    Der Hamburger CDU-Abgeordnete Marcus Weinberg ist einer der ersten Spieler in der Halle. Nach und nach trudeln weitere Kollegen ein, allesamt aus dem Unions-Lager. Bloß wo bleiben die Spieler aus der SPD?
    "Wie immer! Die ist überall zu spät, auch beim Fußball! Die wird erst wach, wenn andere schon gefrühstückt haben!"
    "Wir sind schon durchgeschwitzt im zweiten Hemd, bis die überhaupt aus der Kabine kommen!"
    Keine Opposition im FC Bundestag
    Der FC Bundestag steht Abgeordneten aller Parteien offen. Doch seit der letzten Bundestagswahl sind die Spieler aus CDU, CSU und SPD unter sich. Wo ist die Opposition geblieben?
    "Und wir sind auf der Suche nach Abgeordneten von den Grünen und von der Linksfraktion."
    Kicker von diesen zwei Parteien sucht man derzeit in der Mannschaft vergebens. Auch die FDP spielt nicht mehr mit. Gelb ist jetzt nur noch der Trainingsball.
    Wie wird sich die Große Koalition fußballerisch bei ihrem ersten Training seit dem Bekanntwerden der Edathy-Affäre begegnen? Wird es Blutgrätschen oder versteckte Fouls von der CDU geben?
    "Nein, nein, Politik spielt hier keine Rolle. Da wird es keine bösen Fouls geben oder von hinten mal geschubst werden. Im Gegenteil: Da wir uns ja kennen über den Fußball und über die Fußballleidenschaft ist das sogar etwas, was beruhigend in das Parlament trägt, dass man hier und da mal eher verzeihen kann, weil man ihn vom Fußball kennt. Das tut uns gut…",
    versichert Mannschaftskapitän Weinberg. Gegen Viertel nach Sechs ist es soweit: Die ersten SPDler trudeln ein, entspannt, auch hier keine Angst vor hinterhältigen Angriffen des politischen Gegners, sagt der Biberacher Abgeordnete Martin Gerster:
    Sport hilft auch bei politischen Verkrampfungen
    "Nee, überhaupt gar nicht. Wir treffen uns ja hier, um miteinander Fußball zu spielen. Und ich finde, der Sport hat einfach auch die Gabe und die Kraft, so manche Verkrampfung der Politik zu lösen."
    Auch der SPD-Abgeordnete Uli Grötsch aus der Oberpfalz hat keine Extra-Schienbeinschützer mitgebracht. Als sportpolitischer Sprecher der Fraktion ist er immerhin vom Fach:
    "Und wir verstehen uns hier alle toll, und deswegen haut auch keiner hier dem anderen was auf die Socken."
    Dann geht das Trainingsspiel los: Fünf Spieler aus dem Unions-Lager, drei SPDler, dazu noch zwei Mitarbeiter des Bundestages. Anstatt Schwarz-Rot tragen die Spieler hier auf dem Platz rote und weiße Trikots. Die Teams sind gemischt. Das Tempo im Trainingsspiel: hoch. Die Angriffe: durchaus sehenswert. Auffällig ist, dass es die Kondition der Abgeordneten nicht immer so lange hält wie beim Debattieren im Deutschen Bundestag.
    "Das Tempo ist durchaus… leistbar – das hält man auch 'ne Stunde durch! Länger allerdings nicht - Hältst du!"
    Sportliches Miteinander über Fraktionsgrenzen hinaus
    Immer wieder gibt es fliegenden Wechsel und ein, zwei Spieler gehen raus und nehmen für ein paar Minuten auf der schlichten Holzbank Platz, wie auch der Schweriner CDU-Abgeordnete Dietrich Monstadt. Und tatsächlich: bislang noch keine Blutgrätschen oder Rote Karten.
    "Das Schöne ist an dieser Sportgemeinschaft Deutscher Bundestag im Fußball, dass man gerade über die Fraktionsgrenzen hinaus Sport miteinander treiben kann. Und auf eine Art und Weise auch die anderen Fraktionsmitglieder kennenlernen wie man das sonst nicht tun würde."
    Mittlerweile fallen die Tore fast im Minutentakt. Mit dem Zählen kommen weder Spieler noch Beobachter so richtig nach. Auch der Unions-Mann Christian Freiherr von Stetten, der als einer der schärfsten Kritiker des Bündnisses mit der SPD gilt, gibt sich zahm:
    "Ah, das ist ein Klasse-Ausgleich, und den muss es auch geben. Ich sage auch immer, dass ist der wichtigste Termin in der Woche überhaupt!"
    20 Unionsspieler und elf SPDler gehören zum FC Bundestag, aber von einer Unionsübermacht will hier keiner etwas wissen. Im Gegenteil, der linke Flügel sei besonders stark, sagt der Fürther SPD-Abgeordnete Carsten Träger. Bei der etwas unorganisiert wirkenden Truppe kann es allerdings auch mal passieren, dass plötzlich ein SPDler rechtsaußen auftaucht – oder ein CDUler links außen.
    Keine Rückschlüsse auf Bundestagsbetrieb
    "Masse ist nicht gleich Klasse. Das ist das Entscheidende, was man sehen muss. Man muss schon sagen, die Kollegen von der CDU, die verstehen sich eher so ein bisschen auf’s Mauern. Und wir sind diejenigen, die das Spiel machen."
    Jetzt bloß keine Rückschlüsse auf den Bundestagsbetrieb! Und ja, auch die Kicker der Linken und der Grünen hätte man an heute Abend gerne dabei gehabt, versichern die Spieler. Kapitän Weinberg will im Bundestag deswegen noch mal verstärkt die Werbetrommel rühren:
    "Und dann hoffen wir auch noch auf 'ne Frau, das ist auch noch 'n Punkt. Wir brauchen Grüne, Linke und Frauen. Vor vielen Jahren hat eine Frau mitgespielt, aber das war vor 2005, also ist schon länger her…"
    Auch die Kanzlerin kann er sich gut in seiner Mannschaft vorstellen, als Geheimwaffe für eine besondere Position:
    "Ich glaube, zentral in der Mitte, ausgleichend, das Spiel machen. Das heißt, nach hinten absichern und vorne hin die guten Bälle spielen."
    Nach einer knappen Stunde ist Schluss, und die erschöpften Spieler sinken auf den Bänken nieder. Kapitän Weinberg hat einen Kasten Bier aus seiner Heimatstadt Hamburg mitgebracht. Die Spieler diskutieren über das anstehende Internationale Parlamentarierturnier in Wien. Im Mai wird der FC Bundestag dort auf Kollegen aus Österreich, der Schweiz und Finnland treffen. Zu gerne würden die Deutschen Europameister werden.