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Festival des deutschen Films
Jubiläum des Heimatkinos

Das Festival des deutschen Films in Ludwigshafen hat dieses Jahr seine zehnte Ausgabe gefeiert und mit 78.000 Zuschauern einen neuen Besucherrekord aufgestellt. 19 Filme liefen im Wettbewerb, darunter auch fünf Weltpremieren. Zu den Preisträgern gehören unter anderem Anna Loos und Jan Josef Liefers.

Von Claus Gronenborn |
    Der Preis für Schauspielkunst ging an Anna Loos und Jan Josef Liefers. Anna Loos, neben ihrem Schauspielerberuf Sängerin der Rockband Silly, war bereits 2008 in Tamara Stauds Spielfilm "Nur ein Sommer" beim Festival des deutschen Films präsent.
    Und Jan Josef Liefers ist eben nicht nur der dem Fernsehpublikum bekannte Rechtsmediziner Professor Börne aus dem Münsteraner "Tatort", sondern auch Bühnen- und Filmschauspieler und darüber hinaus auch Musiker in seiner Band Oblivion.
    Apropos "Tatort": Das mit diesem Fernsehformat etablierte deutsche Genrekino fand im Wettbewerbsprogramm ebenso sein Publikum wie der Essayfilm.
    Intelligentes Fernsehen
    Florian Schwarz, Regiedebütant beim ersten Festival des deutschen Films 2005 mit "Katze im Sack"– inszenierte den hessischen "Tatort" "Im Schmerz geboren" als einen blutigen Rachefeldzug von geradezu Shakespeare'schem Format. LKA-Ermittler Felix Murot (Ulrich Tukur) und sein ehemals bester Freund, der Ex-Polizist Richard Harloff, dem Ulrich Matthes schauspielerisch geradezu abgründige, charmant-brutale Tiefendimensionen verleiht, sind die Kontrahenten in diesem brillanten "Spiel" – mit vielen Anspielungen auf die Filmgeschichte - um Leben und Tod, Liebe und Verrat. Intelligentes Fernsehen, das in Ludwigshafen auch der Herausforderung einer großen Kinoleinwand standhielt.
    Das Festival zeichnete den Hessischen Rundfunk als verantwortliche Redaktion dafür mit dem erstmals vergebenen Medienkulturpreis aus. "Im Schmerz geboren" erhielt darüber hinaus den Publikumspreis des Festivals (gemeinsam mit dem Film "Jack" von Edward Berger) und eine "Besondere Auszeichnung" der Filmkunstpreis-Jury.
    Die Suche nach dem, wo und was "Heimat" sein könnte und die Frage danach, was das eigentlich ist, das "Ich", wenn wir "Ich" sagen, setzten wichtige thematische Akzente im Wettbewerb.
    "Der Andi ist wieder da", Weltpremiere des dritten Spielfilms von Friederike Jehn, die 2008 in Ludwigshafen für ihr Regiedebüt "Weitertanzen" den Filmkunstpreis erhielt, erzählt eine Familiengeschichte über die Heimkehr des in Berlin gescheiterten Architekten Andi an den Ort seiner Kindheit.
    In "Vergiss mein Ich" von Jan Schomburg mit einer großartigen Maria Schrader in der Titelrolle, begibt sich Lena, die beruflich erfolgreiche Akademikerin, die nach einer Hirnhautentzündung ihr biografisches Gedächtnis verloren hat, mit intensiv verkörperter, schöner Indifferenz auf die Suche nach ihrem Ich. Nach welchem Ich aber? Nach ihrem alten Ich - was Ehemann und Freunde von ihr erwarten - oder einem möglicherweise neuen Ich?
    Die Suche nach dem Ich
    Was ist das: "Ich"? "Ich ist ein Anderer". So hat es Jacques Lacan in Anspielung auf Arthur Rimbaud einmal formuliert. Jan Schomburg und sein Kameramann Marc Comes bringen das Begehren nach dem "Anderen" in der visuell fulminant choreografierten Schluss-Sequenz von "Vergiss mein Ich" filmisch auf den Punkt: Als "Lücke", die nur die Liebe füllen kann. Absolut verdientermaßen erhielt "Vergiss mein Ich" den - diesmal von einer reinen Schauspielerjury verliehen - Filmkunstpreis.
    Jan Schomburgs Film zeigt in der Essenz, worauf es dem "Festival des deutschen Films" ankommt: Den Blick zu konzentrieren auf diejenigen, die die auf der Leinwand erzählten Geschichten beglaubigen: die Schauspieler. Und: Filme zu präsentieren, in denen nicht nur wichtig ist, was erzählt wird sondern vor allem: Wie erzählt wird.
    Wenn die Werkzeuge des Erzählens sich ändern, dann ändert sich auch die Erzählung, heißt es in "Der Schatten des Körpers des Kameramanns". Alfred Behrens' und Benjamin Dickmanns Video-Essay unternimmt eine dem Geist jazzmusikalischer Improvisation verpflichtete Zeitreise in die Musik, die Literatur, den Film und die Malerei der 1960er-Jahre. Die Anspielung auf "Der Schatten des Körpers des Kutschers", jenen Prosatext, mit dem Peter Weiss 1960 in Deutschland als experimenteller Erzähler bekannt wurde, ist beabsichtigt. Denn Behrens knüpft mit der digitalen Videotechnik des 21. Jahrhunderts an das an, was Peter Weiss mit seiner minutiösen Sprache beabsichtigte und an das, was der französische Filmtheoretiker Alexandre Astruc ein Jahrzehnt zuvor als "camera stylo" bezeichnet hatte.
    "Es geht mir dabei um den Versuch, mit der Kamera und dem Mikrofon nachzudenken über das Schreiben mit der Kamera und dem Mikrofon. Es geht mir darum, neue akustische und visuelle Schreibtechniken zu entwickeln."
    Mit seiner Digitalkamera als "Schreibfeder" gelingt Behrens ein faszinierendes Film-Poem über das Sehen, über die Zeit, die Bewegung im Raum, die Erinnerung und die Kunst "zu finden, was man nicht gesucht hat."