Auf die Zutaten kommt es an - bei einem guten Gourmetessen ebenso wie beim Unterhaltungskino. Man nehme also einen anerkannten Bestseller, einen versierten Literaturverfilmer, einen Haufen bekannter Hauptdarsteller und eine Prise Hollywood-Bollywood und fertig ist der Kinoerfolg. Ganz so einfach ist das dann doch nicht. Sicher, Richard Morais multikulturelle Komödie "The Hundred-Foot Journey" wurde in Amerika als die bevorzugte Sommerlektüre des Jahres 2010 gefeiert. Lasse Hallström hat auch mehrfach, unter anderem bei der Verfilmung von John Irvings "Gottes Werk und Teufels Beitrag", gezeigt, dass man ihm getrost jeden x-beliebigen Bestseller anvertrauen kann. Hauptdarstellerin Hellen Mirren ist die unbestrittene "Queen" in ihrem Rollenfach der eleganten Dame mittleren Alters ebenso wie Om Puri Bollywoods netter Onkel von nebenan ist. Soweit so gut. Die Zutaten sind wichtig, aber auf die konkrete Mischung kommt es an. Lasse Hallströms Film, der unter dem deutschen Titel "Madame Mallory und der Duft von Curry" ins Kino kommt, schildert den Kulturkampf zweier Restaurants. Das Eine ist traditionell französisch. Madame führt hier ein strenges und traditionsbewusstes Regime.
"Gestern abend servierten wir in unserem Restaurant das. In unserem Restaurant verstehen wir Kochen nicht als alte eingeschlafene Ehe, sondern als leidenschaftliche Affäre."
Ein Kulturbruch bahnt sich an
Nur wenige Schritte entfernt, sowie es der Originaltitel "The Hundred Journey" andeutet, bahnt sich ein Kulturbruch an. Ausgerechnet dort will der mit seiner Familie in Frankreich gestrandete Papa Kadam nämlich sein indisches Restaurant "Maison Mumbai" errichten. Da ist der Konflikt zwischen den beiden alten Restauranthasen vorprogrammiert. Bei Madame geht es steif und distinguiert zu. Bei Papa Kadam soll es laut und scharf gewürzt zugehen. Nicht die Konkurrenz in Sachen Kochkunst fürchtet die Französin so sehr, eher eine von ihr befürchtete Abwertung der ganzen Gegend. Sie setzt alle Hebel in Bewegung, um das Unternehmen des Inders zu verhindern. Sie wird beim Feinschmecker-Bürgermeister vorstellig und setzt sich mit scharfer Zunge zur Wehr. Doch Papa Kadam hält dagegen. Man kauft sich sogar gegenseitig den Fisch vom Markt weg. Helen Mirren und Om Puri fühlen sich sichtlich wohl in ihren Rollen und machen aus dem schlichten Restaurantstreit eine handfeste vergnügliche Dialogkomödie.
"Fangt an!" - "Ist das dort eine Hochzeitsfeier?" - "Ein Begräbnis, das des guten Geschmacks."
Weitere Zutat: Liebegeschichte
Bei den Zutaten war noch vergessen worden, dass zu einem Unterhaltungsfilm natürlich auch eine Liebesgeschichte gehört. Zum Glück hat der Inder einen Sohn und die Meisterköchin einen weiblichen Sous-Chef. Sohn Hassan ist auch ein wenig vorsichtiger und der französischen Küche durchaus zugetan. Für Papa Kadam ist er jedoch zunächst sein bestes Pferd im Stall.
"Samstagabend ist Eröffnung. Mein Sohn ist der beste indische Koch in Europa."
Natürlich nähern sich die beiden Lager über den Streit immer mehr an. Hassan erlernt sogar die Basics der "Haute Cuisine", auch, wenn er heimlich immer ein paar der streng genommen in der französischen Küche verpönten Gewürze seiner Mutter hineinmischt. Lasse Hallström ist mit diesem Film fast schon so leichtfüßig wie in seinem legendären Filmerfolg "Chocolat" im Jahr 2000 auf lässige Weise ein weiteres Plädoyer für das Miteinander der Kulturen gelungen. Neben den Darstellern stellt er, gestützt auf die Arbeit des Kameramanns Linus Sandgren, stilsicher die Sinnlichkeit der schönen Zutaten und des Kochens in farbsatten Bildern in den Mittelpunkt. Die beiden Hauptdarsteller bereichern darüber hinaus den ganzen Film mit zwinkernder Streitlust. Ein leichter, betörender Sommerfilm, der auch das Zutatenkino ein wenig verschiebt - in Richtung Curry.
"Wieso ein Rezept ändern, das schon 200 Jahre alt ist. " - "Vielleicht sind 200 Jahre lang genug."