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Fleetenkieker

Viel Wasser fließt in der Hansestadt Hamburg und bestimmt somit auch das Bild der Stadt. Da gibt es zum einen die mächtige Elbe und zum anderen die eher beschauliche Alster mit ihren vielen kleinen Seitenarmen, den sogenannten Alsterfleeten. Doch gerade diese Fleete werden immer wieder als Müllkippe missbraucht, in der alles mögliche landet - vom alten Fahrrad über den Einkaufswagen bis zur Dose. Weil der Abfall das idyllische Bild trübt, aber von offizieller Seite nichts dagegen unternommen wurde, hat sich in Hamburg ein Verein gegründet, der gegen diesen Müll im Wasser ankämpfen will. Und verbunden wird dieser Kampf gegen den Müll mit einem Beitrag zur Umwelterziehung. Martin Koch stellt die Idee und den Verein vor.

von Martin Koch |
    Da ist was! Christian, da ist eine Dose! - Soll ich mit dem Käscher druntergehen?

    Den achtjährigen Nico hat das Jagdfieber gepackt: er ist zusammen mit fünf anderen Kindern auf der Suche nach Dingen, die nicht ins Wasser gehören. Die Müllpatrouille der "Fleetenkieker" ist jeden Tag mit ihren zwei motorisierten Holzbooten unterwegs, immer mit wechselnder Besetzung. Meistens hat Organisator Thomas Rüsch Schulklassen an Bord oder, jetzt in den Ferien, Teilnehmer des Kinderferienprogramms. Um sie leichter anheuern zu können, benutzt er einen kleinen Trick:

    Wenn die Lehrerin meinetwegen ankündigt: "So, liebe Kinder, morgen wollen wir Müll sammeln", dann heißt es "Ach nee, ich bleib zuhause, ich bin krank". Aber wenn die Lehrerin sagt: "Morgen machen wir Jagd auf das Alstergold!", dann gehen die Augen ganz groß auf und die Ohren werden immer größer: "Was, wie, wo: Alstergold, da will ich aber dabei sein."

    Der Begriff "Alstergold" ist neu - Pate standen die in der Sonne glänzenden Getränkedosen, die sich zu Hunderten im Wasser finden. Der Name "Fleetenkieker" aber ist schon 450 Jahre alt. Bis vor hundert Jahren sammelten sie im Auftrag des Senats mit Zangen und Eimern den Müll aus dem Wasser. An sie erinnerte sich Rudolf Carstens, als er sich vor sieben Jahren wieder einmal über den Zustand der Alster ärgerte - und gründete kurzerhand den Verein "De Fleetenkieker e.V." Von seinem Konzept für moderne Umwelterziehung ist der 79-Jährige noch immer überzeugt:

    Ja, meine Bilanz ist sehr, sehr positiv. Es geht nach unserem Motto "Lernen durch Erleben", das heißt, das Erlebnis mit uns kann kein Schulbuch ersetzen.

    Für die Zukunft hat er eigentlich nur einen Wunsch:

    Mich würde es freuen, wenn wir Firmen finden könnten, die sich unser annehmen, damit wir unseren Haushalt konsolidieren können und nicht, wie wir es heute oft müssen, von der Hand in den Mund leben.

    Die Arbeit der Fleetenkieker wird von offizieller Seite wohlwollend begleitet - materielle Unterstützung bleibt allerdings aus, weil die rechte Hand nicht weiß, was die Linke nicht tut, sagt Thomas Rüsch:

    Die Umweltbehörde denkt, die Baubehörde sponsert uns, die Baubehörde denkt, der Senat sponsert uns, der Senat denkt..., also irgendwie denkt jeder, irgendjemand finanziert uns, aber wir sind ein ganz bescheidener Verein, und mein Gehalt, das ist noch nicht mal Peanuts, das ist eine Erdnussschale für das Engagement.

    Aber es geht den Fleetenkiekern nicht ums Geld verdienen. Ihr Ziel ist eine saubere Alster und ein Aha-Effekt bei den Kindern. Und die sind es auch, die Thomas Rüsch immer wieder motivieren.

    Dann sind sie schon vom Ponton runter und laufen schon durch die Grünanlagen, und dann kommt so ein kleiner Junge zurück und sagt: "Thomas, Thomas, eins wollt ich Dir noch sagen: ab heute habe ich ein Vorbild!" Also, wenn ich dann so was höre, dann schmilzt mein Herz!

    Auf der Suche nach dem Alstergold sehen die Kinder ihre Stadt aus einer ganz anderen Perspektive: Haubentaucher brüten neben einem achtlos ins Fleet geworfenen Einkaufswagen, Fische schimmern unter der Wasseroberfläche, ein Hobbymusiker übt am Alsterufer, während Nico und Christian gerade zwei alte Öldosen aus dem Wasser angeln. Sie sind begeistert. Am Ende der zweistündigen Tour füllt die Beute der Goldsucher einen großen Müllsack. Zufriedenes Fazit der Kinder:

    Dass wir alles rausgeholt haben und die Alster jetzt vielleicht etwas sauberer ist. Ich habe alles rausgeholt mit Zange und Eimer. Dass man da selber rausfischen konnte und dass wir da die Musik gehört haben. Das war schon alles gut.