Einmal darf Samia Yosuf Omar ihren Traum leben: Bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking. Der Somalische Verband wählt sie als Starterin für die Sprint-Wettbewerbe aus, bei der Eröffnungsfeier darf sie sogar als Fahnenträgerin ins Stadion einlaufen. Samia Yosuf Omar geht im Vorlauf über 200 Meter an den Start.
Neben den hochprofessionalisierten, perfekt ausgerüsteten Sprinterinnen aus Jamaika und Russland sticht die 17-Jährige heraus: Mit schwarzer Leggins und weitem T-Shirt. Bei diesem Rennen läuft sie so schnell wie noch nie in ihrem Leben – doch sie kommt als Letzte ins Ziel und scheidet aus.
Ihren Traum von einem olympischen Triumph, von einem Leben als Profisportlerin, träumt Samia weiter – ihr nächstes Ziel: London 2012. Doch in der somalischen Hauptstadt Mogadischu, wo sie mit ihrer Mutter in ärmlichen Verhältnissen lebt, beherrscht die islamistische Al-Shabaab Miliz den Alltag: Nach deren Vorstellung gehört es sich für eine Frau nicht, Sport zu treiben.
Für ihr sportliches Ziel verlässt die Läuferin Somalia im Jahr 2010 – nachdem sie auch im Nachbarland Äthiopien nicht trainieren kann, entschließt sie sich nach Europa zu fliehen. Voller Hoffnung auf eine leuchtende Zukunft als Profisportlerin. Wie genau es dann für sie weitergeht ist nicht eindeutig belegt: Sie schlägt sich offenbar nach Libyen durch und besteigt wohl im Frühjahr 2012 ein Flüchtlingsboot nach Europa.
Der ehemalige somalische Läufer Abdi Bile macht Samias Tod öffentlich: In einem You-Tube Video vom August 2012 ist sein Gesicht bei einer Rede tränenüberströmt. Samia ertrinkt wohl auf der Überfahrt nach Europa, offenbar bereits im April. Ihr Fall wird weltweit bekannt: Der Traum von einem Leben als somalische Profisportlerin – er endet für Samia Yosuf Omar im echten Leben tödlich, wenige Monate vor den Olympischen Spielen in London.