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Flüchtlingslager in Libyen
"Furchtbar, entsetzlich, grauenhaft"

Um seine Nachfolge gibt es bereits Streit mit den USA, doch noch ist Martin Kobler Gesandter der Vereinten Nationen für Libyen. Mit deutlichen Worten warnte der deutsche Diplomat nun vor Plänen in Berlin und Brüssel, gerettete Bootsflüchtlinge nach Libyen zurückzubringen. Die Lager dort seien "furchtbar, entsetzlich, grauenhaft".

    Migranten stehen im Auffanglager für Flüchtlinge in Misrata (Libyen) hinter Gittern.
    Migranten stehen im Auffanglager in Misrata (Libyen): "Die Menschen würden eingepfercht." (pa/dpa/Schwinghammer)
    Der UNO-Koordinator für Libyen, Martin Kobler, hat davor gewarnt, aus dem Mittelmeer gerettete Bootsflüchtlinge nach Libyen zurückzubringen. Die Lage vor Ort sei menschenunwürdig, sagte Kobler der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". Die Zustände in den 21 Lagern, in denen sich derzeit Flüchtlinge befänden, seien "furchtbar, entsetzlich und grauenhaft". Die Menschen würden im Dunkeln eingepfercht, müssten in Schichten schlafen und litten an Unterernährung.
    Darüber hinaus existierten Lager, die von Schleppern illegal betrieben würden und für UNO-Vertreter nicht zugänglich seien, sagte Kobler. Von Flüchtlingen wisse er, dass dort gefoltert und vergewaltigt werde. Zum Teil gebe es sogar Erschießungen, um Platz für Neuankömmlinge zu schaffen.
    Der UNO-Koordinator hält das gesamte Vorhaben der Bundesregierung und der EU für unrealistisch, mit Libyen nach dem Vorbild des Türkei-Deals einen Flüchtlingspakt zu schließen. Libyen sei kein funktionierender Staat. "Mit welcher Regierung will man einen solchen Pakt schmieden? Deutschland unterhält bislang schließlich nicht einmal eine eigene Botschaft in dem Land."
    Der UNO-Sondergesandte für Libyen, Martin Kobler.
    Der UNO-Sondergesandte für Libyen, Martin Kobler. (imago / Agencia EFE)
    Gerettete Flüchtlinge nach Libyen?
    Seit dem Sturz von Machthaber Muammar al-Gaddafi 2011 herrscht in Libyen Chaos und Gewalt. Zwei Regierungen und mehrere Milizen konkurrieren um die Macht. Die Macht von Ministerpräsident Fajas Sarradsch, mit dem die EU verhandelt, nimmt seit seiner Ernennung Ende 2015 eher wieder ab. Bundesinnenminister Thomas de Maizière hatte die Möglichkeit angesprochen, im Mittelmeer gerettete Flüchtlinge nach Libyen zu bringen.
    Um die Nachfolge von Kobler gab es zuletzt zwischen den Vereinten Nationen und den USA Streit. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres sprach sich für Salam Fajad aus, Washington ist gegen eine Ernennung des früheren palästinensischen Ministerpräsidenten. Hintergrund ist der Vorwurf der Voreingenommenheit gegen die UNO in palästinensisch-israelischen Fragen. Die UNO stehe bereits viel zu lange auf Seiten der Palästinenserregierung, was zulasten des US-Verbündeten Israels gehe, sagte die amerikanische Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley.
    (bor/tgs)