Gereizt ist der Ton vor den Krisentreffen am Wochenende, denn genervt vom jeweils anderen sind beide Koalitionspartner. Die SPD zeigt auf die CSU: "Das Schauspiel, was Horst Seehofer und seinesgleichen gerade organisieren, ist wirklich unerträglich", sagt SPD-Vize-Thorsten Schäfer-Gümbel im Deutschlandfunk und springt am Morgen Parteichef Sigmar Gabriel zur Seite. Der ist genervt von den Forderungen der CSU an die CDU nach schärferen Maßnahmen gegen den Zustrom vom Flüchtlingen, hält dieses Vorgehen für unwürdig und schlicht verantwortungslos, seine Generalsekretärin spricht sogar von Kasperltheater....
"Hier geht's ums deutsche Volk", kontert Markus Söder, der bayrische Finanzminister, in der ARD. Und macht klar, als wessen Anwalt sich die CSU fühlt: "Wenn man die Bürger im Land fragt, spürt man eindeutig, dass aus einer Willkommens- eine Besorgniskultur geworden ist und das muss die Regierung aufnehmen. Deswegen geht es jetzt nicht um Ultimaten, aber um Entscheidungen. Wobei die SPD von Zugzwang nichts wissen will, so Generalsekretärin Yasmin Fahimi: "Wir werden uns doch nicht auf diese Art und Weise erpressen lassen", sagt sie mit Blick auf das was, die Union am Wochenende von der SPD erwartet. "Die CSU muss aufhören, sich wie kleines Kind in der Bundesregierung aufzuführen und endlich wieder konstruktiv an den Tisch kommen."
Grundsatzeinigung, die dann dementiert wurde
Wozu am Wochenende reichlich Gelegenheit besteht. Am Samstagvormittag berät intern zunächst die SPD-Spitze, am Abend wollen Angela Merkel und Horst Seehofer die Haltung von CSU und CDU klären, bevor dann am Sonntagmorgen um 9 Uhr der Dreiergipfel mit SPD-Chef Gabriel folgt. In der Sache tobt der Streit vor allem um die Einrichtung von Transitzonen an den Landesgrenzen. Vor einigen Tagen hatte Bundesinnenminister de Maizière eine Grundsatzeinigung zwischen Union und SPD verkündet, die von der SPD aber flugs dementiert wurde.
Es geht darum, in solchen Transitzonen niemanden einzusperren, sondern schnell zu prüfen, ob Asylanträge Aussicht auf Erfolg haben und wenn das nicht der Fall ist, diesen Ankömmling rasch wieder abzuschieben. Doch das reicht vor allem der CSU nicht, die sich am Vorbild der Transitzonen auf Flughäfen orientiert, wo Ankömmlinge solange festgehalten werden, bis ihr Antrag geklärt ist. Dieses Festhalten – die SPD spricht von Einsperren – ist mit der SPD aber nicht zu machen.
SPD lehnt Festhalten Tausender Flüchtlinge in Transitzonen ab
"Transitzonen nach Vorstellung der CSU sind große Inhaftierungseinrichtungen, die im Prinzip außerterritorial funktionieren, und das wird es mit uns nicht geben", sagt SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel. Dies auch deshalb, weil die Sozialdemokraten das Festhalten Tausender Flüchtlinge in solchen Transitzonen für nicht praktikabel halten. Doch genau solche – und andere Ergebnisse will die CSU sehen, macht auch Thomas Mayer klar, der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion: "Jetzt bedarf es endlich konkreter weiterer Maßnahmen, die dazu dienen und auch geeignet sind, den massenhaften Zustrom von Flüchtlingen insbesondere über die bayrisch-österreichische Grenze deutlich und vor allem schnell zu reduzieren.
Und dazu gehören aus Sicht der CSU an erster Stelle die Transitzonen. Denn, so Markus Söder: "So wie jetzt kann es nicht weiter gehen." Und Söder räumt angesichts des Streits in der Koalition sogar ein: "Deswegen ist das eine Regierungskrise. Denn das Vertagen, das ständige Hinausschieben, das Hoffen und Warten darauf, dass internationale Partner wie die Türkei oder Griechenland die Probleme für Deutschland lösen, das geht nicht. Deutschland muss auch in der Lage sein, seine eigenen Probleme zu lösen. Sonst wäre das auch eine Kapitulation des Rechtsstaates. Und eine Regierung muss immer zeigen, dass sie auch für die Einheimischen handeln kann."
Eine solche Demonstration der Handlungsfähigkeit soll am Wochenende von den Spitzentreffen ausgehen. Bleibt sie aus, wird es zumindest in der Unionsfraktion weiter rumoren wegen einer Kanzlerin, hinter der alle stehen, deren Politik in der Flüchtlingskrise aber nicht alle in der Union mehr mittragen.