Das Internet verändert den Journalismus - das bestreitet niemand. Welche Konsequenzen das für die Medien hat, schon. Das zeigte das Panel "Nachrichten im digitalen Zeitalter." Frank Olbert, stellvertretender Leiter der Kulturredaktion des "Kölner Stadt-Anzeigers", berichtete vom wachsenden wirtschaftlichen Druck auf Printmedien. Die Verlage seien aber auch selbst schuld, wenn sie ihre Inhalte umsonst ins Netz stellten. "Das ist eine Idiotie." Inzwischen seien sie dabei, das zu relativieren.
Schwierig ist nach Ansicht von Olbert, dass es inzwischen mehr PR-Redakteure gibt als Journalisten. Für manche Journalisten sei es schwer, da zu widerstehen, denn PR erleichtere die Arbeit. "Wir haben noch zu wenig darüber nachgedacht, wie wir im digitalen Zeitalter besonders sind", lautete sein Fazit. Printmedien seien viel mehr aufgefordert, Hintergrund und Meinung zu liefern, denn die Nachricht sei schon am Vorabend im Internet bekannt. Sein Wunsch: dass alle, die Qualitätsjournalismus machen, viel mehr zusammenarbeiteten.
"Es gibt mehr Verdunkelungsexperten"
Peter Ludes, Kommunikationswissenschaftler an der Jacobs University Bremen, sprach von einem Umbruch. Der Gründer der "Initiative Nachrichtenaufklärung" betonte: "Wir wissen im Verhältnis zu dem, was wir wissen müssten, zu wenig." Auch er sieht eine wachsende Gefahr, dass Redakteure von PR manipuliert werden. "Es gibt mehr Verdunkelungsexperten." Der einzige Weg sei eine gute Ausbildung. Dass die notwendig sei, werde beispielsweise bei Kfz-Mechanikern nicht infrage gestellt, wohl aber bei Journalisten. Dabei könne man eine fundierte Ausbildung nicht ersetzen. Ludes betonte zudem, dass guter Journalismus Geld koste. Alle Bürger moderner Gesellschaften müssten begreifen, dass Sie für einen Mindeststandard bei den Informationen bezahlten.
Die Journalistik-Professorin Petra Werner von der FH Köln, die den Studiengang "Online-Redakteur" anbietet, hat festgestellt: "Die Studienanfänger heute sagen nicht mehr: Ich will was mit Medien machen, sondern: Ich will was mit Web machen." Sie sieht ein Problem darin, dass PR-Redakteure per Internet direkt mit dem Publikum kommunizieren können und nicht mehr den Weg über Medien gehen müssen. Sie forderte ähnlich wie Frank Olbert, dass Journalisten viel mehr vernetzt im Team arbeiten.
"Irrsinn, was sich manche Leute erlauben"
Der Autor und investigative Journalist Walter van Rossum hält einige Probleme der Branche im digitalen Zeitalter für hausgemacht. Er nahm seine Kollegen in die Pflicht und formulierte überspitzt: "Der Profijournalismus ist in einem schauerlich-dümmlichen Narrativ von den Guten und den Bösen." Als Beispiel nannte er die Ermordung des russischen Oppositionellen Boris Nemzow. In den deutschen Medien sei sofort gemeldet oder zumindest insinuiert worden, dass Präsident Wladimir Putin dahinterstecke. Es sei Irrsinn und gefährlich, was manche Redakteure sich erlaubten. Aber: "Journalisten sind nicht belangbar." Er beklagte zudem, dass es keine interne Kritik an der Branche gebe, sondern nur von außen. Eine ähnliche Entwicklung hat Frank Olbert festgestellt. "Innerhalb der Medien gibt es keine Kritik an Medien."
Van Rossum sagte weiter, ihm gefalle es, dass es im Internet keine Instanz wie Journalisten gebe, die zwischen den Nutzern und den Informationen stehe. Er bevorzuge gut vernetzte Laien statt Profijournalisten. "Medien trennen uns von der Welt." Van Rossum beklagte aber auch, dass die medienkritische Kompetenz zuletzt erheblich gesunken sei. "Man kann heute immer noch das Publikum total beeindrucken, wenn man ein Foto so bearbeitet, sodass man das nicht merkt."