Über 4.000 französische Unternehmen sind in Saudi-Arabien vertreten, mehr als zwei Drittel von ihnen sind kleine- und mittelständische Betriebe. Sie verkaufen Lebensmittel, Kleidung, Parfum, Kosmetik, die Konzerne liefern Autos, Straßen- und Eisenbahnen. Bei den erneuerbaren Energien arbeitet man zusammen, über den Bau von 16 Atomreaktoren gibt es Kooperationsverträge. Für den Waffenlieferanten Frankreich ist Saudi-Arabien der beste Kunde überhaupt: Zuletzt wurde Interesse an "mehreren hundert" Leclerc-Panzern bekundet, vom Kampfflugzeug "Rafale" will das Königreich 72 Exemplare anschaffen – was wesentlich auf die anhaltenden Bemühungen der französischen Regierung zurückgehen dürfte: War das Flugzeug doch jahrelang praktisch unverkäuflich. Im Oktober 2015 reiste Premierminister Manuel Valls nach Riad, um Handelsverträge und –vorverträge über insgesamt rund zehn Milliarden Euro zu unterschreiben:
"Partnerschaft – das ist sicher das Schlüsselwort unserer Beziehungen und der Verträge, die wir gerade unterschrieben haben. Wir vertiefen unsere vertrauensvollen wirtschaftlichen Beziehungen mit Saudi-Arabien und werden sie entschlossen in die Zukunft führen."
Und auch umgekehrt verspricht sich die französische Regierung viel von ihrem Werben um Saudi-Arabien. Frankreich steht wirtschaftlich mit dem Rücken zur Wand – jeder Geldgeber ist willkommen.
"Kommen Sie und investieren Sie in unserem Land im Herzen Europas – das ist der Moment – mehr denn je!"
Saudischer "Hinrichtungsminister" mit Orden ausgezeichnet
An kritischen Stimmen fehlt es nicht. Schon nach dem Anschlag auf die Redaktion der Zeitschrift "Charlie Hebdo" hatte Oppositionspolitiker Bruno Le Maire gefragt, ob man nicht "das außenpolitsche Verhältnis zu Saudi-Arabien neu überdenken" müsse, ob Staaten, die "terroristische Gruppen unterstützen", Verbündete sein können. Die Zeitung "Le Monde", die Präsident Hollande schon früher den "Francois von Arabien" genannt hatte, stellte nach den Anschlägen vom November 2015 dieselbe Frage und gab zu bedenken: Saudi-Arabien sei am Entstehen genau jener Terrorgruppe beteiligt gewesen, gegen die Frankreich heute "im Krieg" sei.
Frankreich müsse die Menschenrechtsverstöße in Saudi-Arabien anprangern, die Hinrichtungen, das gewaltsame Vorgehen gegen die schiitischen Houthi-Rebellen im Nachbarland Jemen. Vieles wurde kritisiert, doch eine große Debatte wurde daraus nicht. So führte es auch nur zu einem bemerkenswert kleinen Eklat, als Präsident Hollande im März ohne die sonst übliche Ankündigung den saudischen Thronfolger und Innenminister Mohammed ibn Naif im Elysee-Palast empfing, jenen Mann, der in Saudi-Arabien für die Hinrichtungen zuständig ist – und ihn in einer diskret gehaltenen Zeremonie – Zitat : "für seine Verdienste im Kampf gegen den Terrorismus" mit dem Orden der Ehrenlegion auszeichnete, der höchsten Ehrung, die Frankreich zu vergeben hat. Die Aufregung in den Medien, auch bei Menschenrechtsorganisationen, war groß. Michel Tubiana von der "Liga für Menschenrechte":
"Das ist eine Ehrung für einen Menschen, der die Todesstrafe praktiziert; das ist ein Staatsmann, der die rückständigsten Systeme auf der ganzen Welt unterstützt – wir wissen wirklich nicht, warum er diese Ehrung bekommt, sie ist auf jeden Fall äußerst unangebracht!"
Waffenhandel ist neue"französische Obsession"
Zu einer wirklichen Debatte über die Haltung Frankreichs zu Saudi-Arabien kam es indes auch diesmal nicht. Manche Politiker und Militärs zeigten sich empört, der frühere Direktor der Museen in Frankreich, Alain Nicolas, gab unter Protest seinen "Orden der Ehrenlegion" zurück. Außenminister Jean-Marc Ayrault blieben die Reaktionen nicht verborgen, er könne sie verstehen, sagte er, kommentierte dann aber, im Gespräch mit dem Radiosender "France Inter": ausweichend.
"Wir reden mit diesem Land und worüber reden wir: Über den Frieden in Syrien, und da spielt Saudi-Arabien eine große Rolle."
Und es sei nun einmal eine diplomatische Tradition, den Orden der Ehrenlegion auch an Politiker aus dem Ausland zu verleihen: "C’est une tradition diplomatique."
Zu Wochenbeginn war der saudische Verteidigungsminister in Paris. Dazu schrieb die französische Internet-Zeitung "Mediapart", der Waffenhandel mit Saudi-Arabien sei seit der Wahl von Francois Hollande eine "französische Obsession" geworden: Seit 1926 habe es 39 gegenseitige Staatsbesuche gegeben - und 15 davon hätten zwischen 2012 und Ende 2014 stattgefunden. Danach, so hieß es, habe die französische Botschaft in Riad aufgehört zu zählen.