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Frankreich
Emmanuel Macron mischt die politische Szene auf

Die politische Bewegung "En marche!" des parteilosen französischen Wirtschaftsministers Emmanuel Macron hat schnell großen Anklang in der Bevölkerung gefunden. Die etablierten Parteien scheinen eher verunsichert, zumal nicht ganz klar ist, welches Ziel Macron genau verfolgt.

Von Jürgen König |
    Frankreichs Wirtschaftminister Emmanuel Macron, im Hintergrund eine Fahne
    Hat seine eigene Bewegung gegründet: Frankreichs Wirtschaftsminister Emmanuel Macron. (dpa / picture alliance / Etienne Laurent)
    Mit seiner politischen Bewegung "En marche!" hat Emmanuel Macron die politische Klasse des Landes in erhebliche Unruhe versetzt. "En marche!" – "in Bewegung, unterwegs" – aber wohin? fragen sich die Kommentatoren und werden nicht müde zu betonen, diese Bewegung "En marche" trage ja doch schon seine Initialen: "EM"/"Emmanuel Macron", und umgehend wird immer wieder die Vermutung geäußert, es werde womöglich am Ende alles auf eine Präsidentschaftskandidatur des jetzigen Wirtschaftsministers hinauslaufen. Diesen Gedanken weist Emmanuel Macron weit von sich. "Diese Bewegung ist kein persönliches Abenteuer. Mein Ziel ist, in Frankreich eine neue Dynamik, eine kollektive Bewegung zu schaffen, in der die Fortschrittlichen zusammenfinden."
    Präsident Francois Hollande kommentierte das Thema bisher nur mit eher dürren Worten. Wenn ein Minister mit der Bevölkerung in Dialog trete, dann sei das doch einfach nur "politisches Handeln".
    "Die Gutwilligen der Linken und der Rechten zusammenbringen"
    Doch Emmanuel Macron betont, mit dem Präsident sei alles abgesprochen gewesen. "Er hat meinen Wunsch respektiert, wofür ich ihm dankbar bin. Mir liegt viel an der Stabilität unserer Institutionen, zumal in so schwierigen Zeiten für unser Land. Ich werde nichts tun, was den Präsidenten beschädigen könnte; mir liegt auch viel an meiner persönlichen Beziehung zu Francois Hollande."
    Und auch mit Premierminister Manuel Valls habe er gesprochen und auch da gebe es keinen Widerstand: Heftig wehrt sich Emmanuel Macron gegen den Gedanken, allein schon die Gründung seiner Bewegung sei eine Kritik an der Regierung. "Ich bin Mitglied einer linken Regierung. Ich komme aus der Linken, ich bin ein Linker. Aber ich habe Lust, mit den Frauen und Männern der Rechten zu arbeiten. Und ich habe eine Lebensregel, nämlich: das Entgegenkommen, das Wohlwollen. Um leben zu können, muss ich nichts Schlechtes über andere sagen. Was ich nur sage, ist: Wir können in einer gemeinsamen Anstrengung die Gutwilligen der Linken und der Rechten zusammenbringen! All jene, die sich eine Weiterentwicklung der Arbeit vorstellen können, Arbeiter, Unternehmer, die Investoren! All jene, die sich eine Aussöhnung von Freiheit und Gerechtigkeit vorstellen können! All jene, die an Europa glauben! Ist die Linke bei diesen drei wichtigen Themen mit sich im Reinen? Nein! Ist die Rechte dabei mit sich im Reinen? Nein!"
    Eine Bilanz des Landes ziehen
    Mehr als 13.000 Unterstützer hat Emmanuel Macron schon gefunden, mit ihnen gemeinsam will er "von jetzt an bis zum Sommer" auf den "großen Marsch durchs ganze Land" und "von Tür zu Tür" gehen, um eine Art "Bilanz des Landes" zu ziehen. Und er will für die Probleme des Landes Lösungen suchen, die "ein bisschen origineller" und vor allem "radikaler" sind als die bisher vorgeschlagenen.
    "Seit ich Minister bin, versuche ich, innerhalb dieser Regierung so viel wie möglich zu machen. Und gleichzeitig möchte ich sehr viel mehr machen! Was uns heute fehlt innerhalb der französischen Politik, ist, dass wir uns gemeinsam klar machen, was wir tun müssen! Und dass wir dann radikale Vorschläge machen! Wenn man will, dass Frankreich in der Globalisierung vorankommt, muss man unser Arbeitsrecht ändern. Wie soll man dem Arbeiter seinen Platz zurückgeben? Sicherlich nicht durch die Debatten, wie wir sie gerade führen, die etwas Karikaturenhaftes haben, weil es so viele Spannungen im Land gibt. Wie kommen wir zu einem Konsens – noch vor der Wahl?"
    Führung in den Umfragen
    Viele im Parlament erfreuen die Pläne Macrons durchaus nicht. Die sozialistische Abgeordnete Aurelie Filipetti: "Das ist die Politik von früher! Man spricht von sich, gibt ein bisschen Blabla, man sagt, dass man Diskrepanzen überwinden will et cetera – aber was will man damit wirklich sagen? Welche Ideen stecken dahinter? Welche Vorstellungen von dieser Welt? Welche Vorschläge gibt es, zum Beispiel für den Kampf gegen Steuerhinterziehungen in internationalem Ausmaß? Aber so etwas kommt von ihm nicht."
    Emmanuel Macron indes wird das nicht groß stören und aufhalten erst recht nicht. Wozu vielleicht auch beiträgt, dass nur noch 20 Prozent der Franzosen glauben, dass Francois Hollande bei den Vorwahlen zur Präsidentschaft im Dezember antreten wird. Und für den Fall, dass er nicht antritt, könnten sich 34 Prozent der Franzosen vorstellen, als Kandidat der Linken Emmanuel Macron zu wählen: Er, der keiner Partei angehört, führt die Umfrageergebnisse an.