Zecken übertragen Borrelien - Bakterien, die die gefürchtete Borreliose auslösen - oder FSME-Viren. An der Hirnhautentzündung FSME, der Frühsommer-Meningoenzephalitis, erkranken weniger Menschen als an Borreliose, dafür kann die FSME nicht behandelt werden, wenn sie einmal ausgebrochen ist. Gerhard Dobler ist Leiter des Nationalen Konsiliarlabors für Frühsommer-Meningoenzephalitis. Noch immer sei die die FSME in in erster Linie auf Süddeutschland begrenzt, auf Bayern, Baden-Württemberg, Teile Thüringens und Sachsens sowie einen kleinen Teil Hessens. Vereinzelt habe man in den vergangenen Jahren aber auch Fälle in Norddeutschland gesehen. Auch aus den Niederlanden seien 2016 erstmals Fälle gemeldet worden.
FSME kann tödlichen Verlauf nehmen
Im Durchschnitt gebe es in Deutschland etwa 200 bis 450 Erkrankungsfälle pro Jahr, die diagnostiziert würden - etwa 90 Prozent davon in Bayern und Baden-Württemberg. "Die FSME kann einen schweren und auch tödlichen Verlauf nehmen", sagte Dobler. "Wenn eine Symptomatik auftritt, können wir sie entsprechend therapieren, aber wir können sie nicht therapieren im Sinne, dass sie milder verlaufen wird". In den Gebieten, in denen das Virus vorkommt, gibt es die Möglichkeit der Impfung.
Die Symptome unterschieden sich je nach Verlaufsform: "Es gibt zum einen die meningitische Verlaufsform, das ist eine Gehirnhautentzündung, das ist die milde Form", so Dobler. Symptome seien hohes Fieber, sehr starke Kopfschmerzen, Nackenstarre, manchmal auch Erbrechen. "Dann gibt es die Formen, bei denen das Gehirn mit beteiligt ist, da kann es zu epileptischen Anfällen, Orientierungs- und Sprechstörungen, zu Bewusstseinseintrübungen bis hin zum Koma kommen. Und es gibt das schwerste Stadium, da ist der Hirnstamm und das Rückenmark betroffen und da kann es zu bleibenden Lähmungserscheinungen kommen, die auch nicht mehr weggehen, wenn man die Krankheit überlebt".
Verbreiteter Irrglaube über Zecken
Dobler betonte, es sei ein weit verbreiteter Irrglaube, dass Zecken auf Bäumen säßen. Das sei nicht der Fall. "Sie sitzen nicht auf den Bäumen und stürzen sich auch nicht wie die Vampire auf den Menschen, der darunter vorbeigeht." Zecken befänden sich in der Bodenvegetation bis zu einer Höhe von etwa einem Meter. "Dort sitzen sie an den Grasspitzen, an den Blättern und warten darauf, dass ein Tier oder ein Mensch vorbeigeht und sie abstreift und so kommen sie dann auf das Tier oder den Menschen".
In der Natur sollte man daher lange Kleidung tragen, um sich zu schützen. Anschließend sollte man sich auf Zecken absuchen. Experten sprechen eher vom Zeckenstich als vom Zeckenbiss, weil die Mundwerkzeuge ähnlich denen sind, wie man sie bei Stechmücken finden. "Die Zecke schneidet ein kleines Loch in die Haut und geht dann mit dem Stechapparat in diese Wunde hinein und saugt das Blut", erklärte Dobler. Allerdings steche die Zecke nicht sofort, wie es Mücken tun, sondern sie krabbelten meistens mehrere Stunden auf der Haut, um sich dann eine optimale Stelle zu suchen, um Blut zu saugen.
Neue Zeckenart entdeckt
Die am weitesten verbreitete Zeckenart in Deutschland ist nach Angaben von Dobler der Holzbock. Er entwickelt sich über drei Stadien: Larven-, Nymphen- und Erwachsenenstadium. Jedes dieser Stadien benötigt Blut, um sich weiterzuentwickeln.
Kürzlich ist eine neue Zeckenart entdeckt worden, Ixodes inopinatus genannt - inopinatus heißt die Unerwartete auf Lateinisch. Sie sei unerwartet in mehrerlei Hinsicht: 2014 erstmals im Mittelmeergebiet beschrieben, könne sie jetzt auch in Deutschland nachgewiesen werden, sagte Dobler. Es scheine so zu sein, dass diese Zeckenart temperaturunempfindlicher sei, sowohl was Kälte als auch Wärme und Trockenheit betreffe. "Von daher wäre es natürlich möglich, dass sie aus dem Süden mit unserem Klimawandel jetzt nach Deutschland eingewandert ist. Aber das muss geklärt werden".