Im schwarzen Anzug und blauer Krawatte steht Klaus Johannis hinter einem Rednerpult im Bukarester Präsidentenamt: Er wolle künftig mehr erklären, warum er Gesetze unterschreibe oder warum er manche von ihnen wieder ans Parlament zurückschicke, um Missverständnissen vorzubeugen, erläutert er an diesem Nachmittag. Die Statements auf seinen Pressekonferenzen sind stets kurz und knapp. Johannis ist damit eine Ausnahme im geschwätzigen Politik- und Medienbetrieb in Bukarest, wo sich allabendlich ranghohe Politiker in Talkshows verbale Gefechte liefern. Der Siebenbürger Sachse verfolgt hingegen einen neuen Diskurs, meint der Bukarester Politikwissenschaftler Andrei Taranu:
"Klaus Johannis zeigt uns, dass es auch eine andere Art von Politik in Rumänien geben kann, als nur den Dauerkonflikt zwischen den Staatsgewalten. Das ist schon eine Errungenschaft an sich. Klar würden es vor allem die Medien gern sehen, dass er sich mit dem Premier öffentlich zofft. So hat sein Vorgänger Traian Basescu agiert. Johannis ist da ein ganz anderer Präsident und diese Art wird er beibehalten."
Monatlich ruft Johannis die Chefs aller Parlamentsparteien in den Präsidentenpalast, um Reformprojekte mit ihnen zu besprechen. Seit langem wird damit erstmals wieder in Bukarest ein politischer Dialog geführt, in dem es um Themen geht und nicht um Befindlichkeiten.
Auch außenpolitisch setzt Johannis neue Akzente. Er will engere Beziehungen zum ukrainischen Nachbarn. Andere Auslandreisen führten ihn nach Berlin, Brüssel und Warschau. Ein deutliches Signal, dass der neue Staatschef den Fokus auf Europa legt und nicht wie sein Vorgänger Basescu vor allem auf Washington.
"Er hat schon mehr erreicht, als seine Vorgänger"
Mit seiner Politik genießt Johannis derzeit enormen Rückhalt in der Bevölkerung. Das besagen landesweite Umfragen, und das ist auch auf den Straßen von Bukarest zu spüren:
"So jemand wie er hätte schon längst in Rumänien an der Macht sein müssen. Er ist nicht einmal ein halbes Jahr im Amt, aber er hat schon mehr erreicht, als seine Vorgänger, die nichts anderes getan haben, als Vermögen anzuhäufen für sich und ihre Interessengruppen."
"Manche kritisieren, Johannis würde ein stiller Amtsträger sein. Aber genau das gefällt mir an ihm. Er geht seiner Arbeit nach, ohne zu streiten und zu lärmen, wie das Basescu immer gemacht hat."
"Johannis könnte mit seinem deutschen Verstand und seiner rumänischen Seele etwas verändern in unserem Land. Nur hat er im Parlament leider keine Mehrheit hinter sich, dort stößt er auf großen Widerstand."
In der Tat: Innenpolitisch tonangebend ist die sozialdemokratische PSD von Premier Victor Ponta - dem erbitterten Kontrahenten von Johannis während der Präsidentschaftswahl. Die PSD verfügt mit ihren kleineren Koalitionspartnern über eine bequeme Parlamentsmehrheit. Ein Teil ihrer Abgeordneten plant derzeit eine Gesetzesänderung, um die Korruptionsbekämpfung in Rumänien deutlich zu erschweren. Johannis ist als Staatschef so gut wie machtlos dagegen, kraft seines Amtes bleiben ihm oft nur mahnende Worte. Durchsetzen könne er sich damit nicht, meint auch Politikwissenschaftler Taranu:
"Johannis wird im Parlament nicht gehört. Die meisten Parlamentier täuschen nur vor, dass sie Reformen wollen. In Wirklichkeit bilden sie gemeinsam ein Kartell, um ihre Interessen zu verteidigen und nicht jene der Gesellschaft."
Wie dem 55-Jährigen trotz aller Widerstände der Weg ins höchste Staatsamt gelungen ist, hat Klaus Johannis jetzt in einem Buch beschrieben. Schon der erste Teil seiner Autobiografie war 2014 das meistverkaufte Buch des Jahres. Ob Johannis ein neuer Bestseller gelingt, ist fraglich. Der Enthusiasmus seiner Anhänger ist pragmatischer geworden - zumindest auf der Facebook-Seite des Präsidenten. In Kommentaren fragt man ihn ironisch, ob er mit seinem Job nicht ausgelastet sei, weil er schon wieder ein Buch geschrieben habe. Verlagschefin Iren Arsene nimmt den Staatschef in Schutz:
"Vielen kann der Wandel, den wir mit Johannis verbinden, nicht schnell genug gehen. Die meisten haben keine Geduld. Doch was sich in 25 Jahren politisch manifestiert hat, kann nicht in ein paar Monaten korrigiert werden. Das ist ein langer Prozess, an dem wir uns alle beteiligen müssen. Der Präsident macht den Wandel schließlich nicht allein."