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Für eine Weile beschäftigt

Leiharbeit boomt in Deutschland, dank guter Konjunktur. Die Nachfrage der Wirtschaft nach Arbeitskräften, die für einen begrenzten Zeitraum von Zeitarbeitsfirmen an andere Unternehmen verliehen werden, stieg allein im vergangen Jahr um bis zu 20 Prozent. Trotzdem genießt die Leiharbeit nach wie vor einen schlechten Ruf.

Von Tonia Koch |
    "Wohl ist mir nicht, ich habe schon zwei Mal mit Zeitarbeitsfirmen zusammengearbeitet, also gern mache ich das nicht. Ich habe bei der Firma Gemowa vor ein paar Jahren gearbeitet. Die haben mich wieder entlassen, als keine Arbeit mehr da war. Die Firma Brockhaus das Gleiche."

    "Berührungsängste habe ich keine. Ich habe es schon ein paar Mal gemacht. Nur, es ist einfach wenig bezahlt, nie ein fester Job, zwei Monate arbeiten, drei Monate arbeiten und wenn keine Arbeit mehr da ist, Ende."

    1600 arbeitslos gemeldete Frauen und Männer hatte die Agentur für Arbeit Ende April und Anfang Mai im Saarland zu sogenannten Zeitarbeitsmessen eingeladen. Sie drängten sich an den Ständen der bekannten Namen der Branche wie Adecco, Randstad und Manpower. Alle Zeitarbeitsunternehmen werben derzeit um Arbeitskräfte. Markus Patty von manpower Saarbrücken:

    "Zur Zeit suchen wir im Bereich Büro, Bürofachkräfte, Finanzbuchhaltung, aber auch im Bereich Call-Center. Ganz klar auch im gewerblichen Bereich: im Bereich Produktion und im Bereich Stapler-Fahrer und sehr viele im Bereich C&C-Dreher, C&C-Fräser."

    Die Branche meldete Ende Juni bundesweit 200.000 offene Stellen. Das sind ein Drittel aller unbesetzten Stellen, die der deutsche Arbeitsmarkt derzeit zu bieten hat. Für die Arbeitsagenturen gelten Jobs bei den Verleihfirmen inzwischen nicht mehr als diskriminierend. Im Gegenteil. Mittlerweile sei das Verhältnis zu den Zeitarbeitsfirmen von gegenseitigem Vertrauen gekennzeichnet. Otto Werner Schade, Leiter der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz/Saarland:

    "Das war mit Sicherheit in der Vergangenheit anders, als wir die Zeitarbeit als lästigen Konkurrenten betrachtet haben, mit dem wir auch Geschäfte machen können."

    Die Teilnahme an Zeitarbeitsmessen gehört daher für Arbeitslose neuerdings zum Pflichtprogramm. Die Veranstaltungen sollen das Eis brechen, denn die Vorurteile gegenüber der Branche halten sich hartnäckig. Ein Arbeitssuchender:

    "Eine Zeitarbeitsfirma kann nie das bezahlen, was ein normaler Unternehmer zahlt, denn die wollen ja Gewinne machen. Ich hätte 1000 Euro, ich habe Familie und zwei Kinder, was soll ich mit 1000 Euro? Man sollte ein Auto haben, einen Führerschein und den habe ich nicht und dann ist man schwer vermittelbar. Ich bin 51 bei mir ist das Alter das Problem jetzt."

    Zeitarbeitsfirmen zahlten miserabel, sie stellten kaum erfüllbare Ansprüche an die Mobilität eines Menschen und ältere Arbeitnehmer seien auch bei der aufstrebenden Branche nicht gern gesehen. Das waren die häufigsten Argumente, die von den Besuchern der Jobmesse gegen die Zeitarbeit ins Feld geführt wurden. Einige dieser Einschätzungen versuchte die Branche vor Ort zu entkräften. Zum Beispiel die Hürde Mobilität. Die Ansprüche an die Mobilität ihrer Mitarbeiter verringere sich - so Jörg Daub von der Randstad-Niederlassung in Saarlouis - allein schon dadurch, dass die Zahl der nachfragenden Betriebe kontinuierlich steige:

    "Wir haben so viele Kunden, gerade in Saarbrücken, wo man mit öffentlichen Verkehrsmitteln hinkommt. Das ist kein K.O.- Kriterium, wenn jemand keinen Führerschein hat oder kein Auto, denn durch die Arbeitslosigkeit hat nicht jeder das Geld, ein Auto zu unterhalten."

    Nach Angaben der Bundesagentur waren Ende 2006 rund 600.000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte für die Branche tätig. Das sind 2,3 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten. Heide Franken, Vorstandsmitglied beim Bundesverband der Zeitarbeitsfirmen und bei Randstad Deutschland zuständig für Arbeitsmarktpolitik:

    "Mit Ausnahme des Bauhauptgewerbes - im Bauhauptgewerbe ist es im Grundsatz verboten und nur unter besonderen Voraussetzungen möglich - geht die Nachfrage quer durch alle Branchen. Da haben sie von Automotiv, Maschinenbau, Handel, Dienstleistungen alles, denn alle Unternehmen schauen im Moment doch darauf, wie sie ihren Personalstamm flexibel ergänzen können."

    Zu den Branchen, die traditionell auf Zeitarbeit setzen, gehört der Automobilsektor. Vor allem die mittelständisch geprägten Zulieferbetriebe, die auf die Anforderungen der großen Automobilunternehmen flexibel reagieren müssen. Dazu zählt zum Beispiel die saarländische Firma Voith. Etwa 1200 Mitarbeiter fertigen bei Voith in Deutschland, Frankreich und Mexiko Blech- und Aluminium -Teile, die in der Elektro- sowie in der Automobilindustrie eingesetzt werden. Seit mehr als Zwölf Jahren leiht sich das Unternehmen Arbeitskräfte aus, um mit ihrer Hilfe in erster Linie Produktionsspitzen abzudecken. Detlef Blügel, Personalchef bei Voith in St. Ingbert:

    "Wir kriegen nirgendwo Auftragsmengen garantiert, das ist in der Automobilbranche nicht üblich. Das heißt, man muss damit rechnen, dass gewisse prognostizierte Abrufmengen sich reduzieren, weil das Produkt, in das es später eingebaut wird, auf dem Markt nicht so läuft. Man muss natürlich auch Produktionsüberkapazitäten darstellen. Man muss sich verpflichten, zehn Prozent des avisierten Jahressolls an Produktionskapazität zusätzlich sicher zu stellen. Wenn man das alles mit festem Personal abbilden möchte, lässt sich das unter den gegebenen Bedingungen in Deutschland nicht mehr machen."

    Leiharbeitnehmer bildeten - so Blügel -eine Art Flexibilitätsreserve, sie dienten als Rückversicherung auch zum Schutz des angestammten Personals. Dass es den Unternehmen mit Hilfe der Zeitarbeit - im Behördendeutsch Arbeitnehmerüberlassung - gelänge, auch Kosten zu sparen, spiele lediglich eine untergeordnete Rolle. Zu diesem Ergebnis gelangt auch eine Studie des CAR, des Automobilforschungsbereiches der Fachhochschule Gelsenkirchen. Ihr Direktor, Ferdinand Dudenhöffer, hatte im vergangenen Jahr 148 Unternehmen des Automobilsektors nach dem Einsatz von Leiharbeitnehmern befragt. 86 Prozent davon setzen sie ein. Überwiegend aus den gleichen Gründen wie Voith, um Auftragsschwankungen auszugleichen. Ein Einsatzkonzept, das deshalb auch nicht beliebig auszudehnen sei. Detlef Blügel:

    "Ich sehe keine großen Möglichkeiten, dass sich dieser Zeitarbeitsbedarf sprunghaft nach oben entwickeln wird. Maximal in einer Wellenbewegung, dass man starke Auftragszugänge zunächst damit abfedern müsste. Aber auf Dauer gesehen ist ein sehr restriktives Qualitätssystem nicht mit Mitarbeitern zu halten, die sich nicht auch mental ganz an das Unternehmen gebunden fühlen."

    Ausländische Arbeitsmärkte wie der US-amerikanische oder auch der niederländische zeigen, dass es für die Beschäftigungsform Leiharbeit Sättigungsgrenzen gibt. Markus Promberger vom IAB, dem Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit:

    "Die mögen bei drei bis vier Prozent liegen. Aber wir können nicht davon ausgehen, dass die Leiharbeit so wachsen wird, wie sie es im Augenblick tut."

    Im Vergleich zu den Nachbarn, die gemessen an der Gesamtbeschäftigung bis zu fünf Prozent Leiharbeit aufweisen, gibt es in Deutschland weiteres Wachstumspotential. Vorausgesetzt, der Arbeitsmarkt kann es leisten. Heide Franken:

    "Die Firma Randstad hat 6000 bis 7000 offene Stellen. Im Bereich IT, im Ingenieurwesen, im Bereich der kaufmännischen Berufe in Call-Centern. Und selbst in Ballungsräumen wie Hamburg oder München gibt es Nachfrage nach Geringqualifizierten, die teilweise nicht zu besetzen ist."

    Darüber hinaus werde die Nachfrage nach Zeitarbeitskräften durch eine veränderte Personalpolitik der Unternehmen zusätzlich angeheizt. Heide Franken:

    "Die Unternehmen bedienen sich der Zeitarbeit zur Rekrutierung, weil es auch etwas schwieriger geworden ist, insbesondere im qualifizierten Bereich, Arbeitskräfte zu finden. Der Prozess dauert länger und die Unternehmen verzichten darauf, sich selbst Monate damit zu befassen und Ressourcen zu binden, um Mitarbeiter zu suchen. Sie wenden sich zunehmend an die Zeitarbeitsunternehmen."

    Die überwiegende Zahl der Beschäftigten von Zeitarbeitsfirmen kommt aus der Arbeitslosigkeit. Weil nicht immer die passenden Profile auf dem Arbeitsmarkt vorhanden sind, werden vielfach Ausbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen notwendig. Wer versucht, Lücken in der Ausbildung zu schließen, wird dabei von der Bundesagentur für Arbeit unterstützt. Otto Werner Schade, Leiter der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz/Saarland.

    "Das Zeitarbeitsunternehmen wird wie ein Arbeitgeber behandelt. Und wenn er uns eine offene Stelle meldet, die wir nicht kurzfristig besetzten können, kann auch mit Förderung geholfen werden. Konkret heißt das: Einarbeitungszuschuss."

    Die Leiharbeitsfirmen sind zumindest aus Sicht der Arbeitsagenturen raus aus der Schmuddelecke. Arbeitslose, denen ein Job bei einer Zeitarbeitsfirma angeboten wird, dürfen diesen ohne triftigen Grund auch nicht ablehnen. Tun sie es dennoch, drohen Sanktionen. Das Arbeitslosengeld kann gesperrt werden. Denn nach Auffassung der Agentur überwiegen die positiven Effekte der Leiharbeit. Markus Promberger.

    "Leiharbeit hilft das Stigma der Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Jemand, der in Leiharbeit ist, hat es leichter in einen anderen Betrieb zu kommen als derjenige, der den Makel der Arbeitslosigkeit mitbringt."

    Erfahrende Praktiker wie Detlef Blügel, der Personalchef von Voith, durch dessen Hände im Lauf der Jahre tausende von Bewerbungsunterlagen gingen, bestätigen dies:

    "Man ist gezwungen, sich als Personalleiter eines jeden Unternehmens sich über verschiedene Fakten ein Bild von einem Bewerber zu machen. Und dazu gehören nun einmal auch Referenzen in Form von Zeugnissen und ähnlichem, wo man sagen würde: Nach den definierten Kriterien, die man anlegen muss, würden sie durch das Raster fallen. Diese Leute bekommen über diese Schiene die Möglichkeit, ihre Qualifikation in der Tätigkeit unter Beweis zu stellen und da zeigt sich eben, dass Zeugnisse nicht alles sind."

    Nur die von der Branche publizierten Erfolgszahlen halten sowohl Blügel als auch Promberger für überzogen. 30 bis 40 Prozent der Zeitarbeitnehmer gelänge es, in dem Betrieb, an den sie ausgeliehen wurden, auf Dauer Fuß zu fassen. Das IAB unterscheidet jedoch zwischen diesem Klebeeffekt und dem Brückeneffekt. Letzterer - so Promberger -schließe auch ein, dass ein Leiharbeitnehmer nach einer gewissen Zeit in irgendeinen dritten Betrieb wechselt. Dieser könne durchaus auch wieder eine Zeitarbeitsfirma sein:

    "Die Branche nimmt den Brückeneffekt mit dazu und sagt, das sei der Klebeeffekt und landet dann bei 30 bis 40 Prozent Übergänge in reguläre Beschäftigung. Wo ich sagen würde: Maximal die Hälfte davon ist der echte Klebeeffekt."

    Ob die 10 bis 15 Prozent der Beschäftigten, für die Leiharbeit ein Sprungbrett darstellt, auch ohne Zwischenstopp bei einer Zeitarbeitsfirma den Weg in ein dauerhaftes Arbeitsverhältnis gefunden hätten, lässt sich im Nachhinein nicht klären. Nachgewiesen hat das IAB allerdings den entlastenden Effekt der Zeitarbeit für die sozialen Sicherungssysteme. Nur ein geringer Teil der Menschen, die einmal in Zeitarbeit waren, fällt danach in die Arbeitslosigkeit zurück. Sabine Kollmann zum Beispiel hat sich zum wiederholten Mal in die Obhut einer Zeitarbeitsfirma begeben:

    "Zeitarbeit habe ich schon genutzt, als ich Berufsanfängerin war. Da habe ich eine Zeitarbeitsfirma aufgesucht, um zu testen, in welche Bereiche ich möchte. Und jetzt, nachdem ich eine zeitlang freiberuflich tätig war, fällt es schwer, auch in meinem Alter, ich bin 45 Jahre alt, direkt in eine Firma hineinzukommen. Da habe ich es halt genutzt, dass man durch die Zeitarbeit in einer Firma zeigen kann, was man kann, auch in dem Alter noch."

    Kollmann hat eine kaufmännische Lehre abgeschlossen und verfügt über zusätzliche Qualifikationen im IT-Bereich. Seit fast einem Jahr arbeitet sie mit der Zeitarbeitsfirma Randstad zusammen und will bleiben:

    "Wenn ich in einer Zeitarbeitsfirma bin und die Firma, an die ich ausgeliehen bin, keine Einsatzmöglichkeiten mehr für mich hat, suchen die mir halt eine neue Stelle."

    Dass sie dabei geringer entlohnt wird als ihre Kolleginnen in der Firma, an die sie nun schon seit Monaten ausgeliehen ist, stört sie nicht:

    "Ich werde, wenn ich mich umhöre bei den Leuten, die fest angestellt sind, angemessen entlohnt. Es ist kein Spitzenlohn, aber, ich bin zufrieden."

    Im Allgemeinen gilt in Deutschland - wie anderswo in Europa auch - das Prinzip des "equal pay", das heißt, gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Es sei denn, die Branche hat mit den Gewerkschaften anderweitige Vereinbarungen getroffen. Gibt es Tarifverträge, darf vom Gleichbehandlungsgrundsatz abgewichen werden. Genau das ist in Deutschland der Fall. Die etwa 15.000 deutschen Verleihfirmen sind in verschiedenen Dachverbänden organisiert und haben entweder mit den christlichen Gewerkschaften oder mit dem DGB Verträge geschlossen. Im Jahr 2003 waren die Christlichen Gewerkschaften, darunter auch die CGM, die Christliche Gewerkschaft Metall, vorgeprescht und verhandelten mit dem Arbeitgeberverband mittelständischer Personaldienstleister, AMP, die erste Tarifvereinbarung. Bis heute ein Ärgernis für Hans-Peter Kurz, den Präsidenten der saarländischen Arbeitskammer und IG-Metall-Bevollmächtigten für den Bezirk Saarbrücken:

    "Wenn es diesen Schandtarifvertrag nicht gäbe, zwischen CGM und AMP, dann wären die Normen bei den anderen Tarifverträgen, die wir mit dem DGB für Leiharbeit abgeschlossen haben, höher."

    Der Vertrag, den die christlichen Gewerkschaften geschlossen haben, sieht in der untersten Lohngruppe für Westdeutschland Stundentarife von sieben Euro vor. Im Osten sind es lediglich 5,77 Euro. Und während der ersten sechs Monate der Beschäftigung dürfen diese Tarife noch einmal um 9,5 Prozent abgesenkt werden. Das bedeutet, mehr als 1000 Euro kann ein Arbeitnehmer damit monatlich nicht verdienen. Aber auch der Deutsche Gewerkschaftsbund hat sich nicht mit Ruhm bekleckert. Er hat nachgezogen und im Namen seiner Einzelgewerkschaften mit dem BZA, dem Bundesverband Zeitarbeit, ebenfalls Tarifgruppen ausgehandelt. Der Einstiegslohn im Westen liegt hier bei aktuell 7,38 Euro. Im Osten sind es 13 Prozent weniger. Hans Peter Kurz:

    "Das stellt uns in der Metall- und Elektroindustrie vor große Probleme, weil er für alle Branchen abgeschlossen ist. Das mag für manche stimmen, aber für die Metall- und Elektroindustrie stimmt es nicht. Wir haben die Situation, dass in der untersten Lohngruppe im Gegensatz zur BZA, wo 7, 38 Euro vereinbart sind, 11,02 Euro entgegenstehen."

    Allerdings haben längst Fluchtbewegungen aus den Flächentarifverträgen eingesetzt. Ganz gleich, ob in der Chemie bei Metall oder im Öffentlichen Dienst. Und Regelungen, wie sie Telekom und Verdi gefunden haben, dass bei Telekom für weniger Geld zukünftig länger gearbeitet wird, sind für das deutsche Tarifsystem ein einmaliger Vorgang. Vor diesem Hintergrund sei der DGB-Vertrag mit den Zeitarbeitsfirmen auf alle Fälle besser als gar nichts. Professor Joseph Esser, Soziologe an der Universität Frankfurt am Main:

    "Wenn man sich dieses chaotische Feld anschaut, dann ist es eigentlich schon ein Erfolg, dass es über den DGB gelungen ist - weil die Einzelgewerkschaften sich nicht zuständig fühlten - mit den wichtigsten und den soliden Agenturen, die Zeitarbeit vermitteln, einen Einheitstarifvertrag zustande zu bringen, der immerhin einen Mindeststandard von Löhnen und Arbeitsbedingungen festlegt."

    Lange Zeit wurde das Thema Leiharbeit von den Gewerkschaften stiefmütterlich behandelt. Aber nachdem gerade in der Metall- und Elektro-Industrie immer mehr Unternehmen dazu übergegangen sind, ihre Personalkonzepte ganz selbstverständlich mit Hilfe der Leiharbeit zu konzipieren, können die Gewerkschaften nicht mehr tatenlos zusehen. Im Bereich Leiharbeit will die IG-Metall nach eigenen Angaben "tarifmächtig" werden. Das aber geht nur, wenn es gelingt, die Leiharbeiter zu organisieren. Hans Peter Kurz:
    "Wir haben die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen im Blickfeld, die in großen Betrieben der Metall- und Elektroindustrie beschäftigt sind. Da haben wir die Situation, dass in einem Betrieb nicht nur ein einzelner Leiharbeiter beschäftigt ist, sondern mal 100 oder mal 300 und von daher gibt es auch die Möglichkeit, dass wir als IG-Metall dorthin gehen und die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen organisieren."

    Von den Großen in der Zeitarbeitsbranche einmal abgesehen, gilt nach Angaben des IAB, der Sektor Zeitarbeit bislang noch als weitgehend mitbestimmungfreie Zone. Und auch bei der IG-Metall weiß man, dass es vieler kleiner Schritte bedarf, um die Betriebräte für die Problematik zu sensibilisieren. Andernfalls kann den grundsätzlichen Forderungen der IG-Metall nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit und einer zeitlichen Befristung des Einsatzes von Leiharbeitnehmern kein Nachdruck verliehen werden. Bislang war das Interesse gering ausgeprägt, denn was für Sabine Kollmann gilt, gilt auch für Leiharbeitnehmer an den Werkbänken:

    " Oft wird man gut aufgenommen, denn man kommt, wenn sie Arbeitsdruck haben und wenn keine Arbeit mehr da ist, werden die Leute nicht entlassen, sondern die Zeitarbeitnehmer nach Hause geschickt."

    Die Angst der Betriebe, Leute langfristig an sich zu binden, sei in Deutschland sehr ausgeprägt, sagt der Soziologe Joseph Esser. Die steigende Zahl an Leiharbeitnehmern sei in erster Linie darauf zurückzuführen:

    "Die Alternative dazu wäre, dass die Firmen die Leute überhaupt nicht einstellen, insofern ist es das kleinere Übel, aber weiterhin ein Übel."