Es klingt wie das "Who's who" des europäischen Vereinsfußballs: AC Mailand, FC Arsenal, Manchester City, FC Barcelona, Juventus Turin, FC Chelsea, Paris Saint-Germain, FC Liverpool und der FC Bayern München haben sich zusammengeschlossen, um Dugout zu gründen - ein digitales Fanportal, welches in acht Sprachen noch diesen Monat an den Start gehen soll.
Das "Facebook für Fußballfans" liefert dem registrierten Nutzer dabei exklusive Inhalte der genannten Vereine – noch bevor diese auf anderen sozialen Netzwerken auftauchen. So kündigte beispielsweise der FC Barcelona schon im Vorfeld an, seine auf Dugout veröffentlichten Inhalte allen anderen Netzwerken erst 24 Stunden später zur Verfügung zu stellen. Egal, ob es sich um Videos vom Training, eigene Interviews mit Spielern oder aktuelle Nachrichten handelt: Facebook und Co. werden erst in zweiter Linie bedient.
"Mehrwert für die Fans"
Mehrere Anbieter planten ein solches reines Fußballportal und konkurrierten schon seit über einem Jahr um die Gunst der großen Klubs. Schließlich zieht der Fußball mit seinen Inhalten die Massen auch im Netz an. Letztendlich bekam Dugout mit seinem Konzept den Zuschlag, wie der Direktor Medien, Digital und Kommunikation beim FC Bayern, Stefan Mennerich, erklärt: "Wir haben das genau analysiert, und haben uns letztlich entschieden, das zusammen mit Dugout und vielen anderen europäischen Klubs zu machen. Weil wir glauben, dass Dugout die besten Voraussetzungen hat, um wirklich eine Fußball-Plattform für die Fußballfans speziell zu etablieren, die einen Mehrwert für die Fans darstellt. Wo sie sich über ihren eigenen Verein, aber auch über andere Vereine informieren können."
Allein der FC Bayern erreicht über Facebook fast 40 Millionen Menschen weltweit, dazu kommen über Twitter, Instagram und Co. noch einmal rund 15 Millionen User. Mit dieser digitalen Reichweite sind die Bayern die Nummer eins der deutschen Klubs. In Europa nimmt den Spitzenplatz der FC Barcelona ein – mit unglaublichen 180 Millionen Followern.
Mehr Reichweite: mehr Einnahmen
In den letzten Jahren sind klassische Kanäle wie die Vereins-Homepage oder das Club-TV stetig ausgebaut worden, eben um darüber mehr Reichweite, aber auch mehr Einnahmen zu erzielen. Und das funktioniert, weil die dort von den Klubs bereit gestellten Inhalte für die Anhänger eine hohe Relevanz besitzen. Schon letztes Jahr folgten mehr als elf Millionen Menschen hierzulande einem Fußball-Spieler oder Fußballverein in den sozialen Medien. Nur zum Vergleich: Die Sportschau in der ARD besitzt im Schnitt fünf Millionen Zuschauer. Mit Hilfe von Social Media erreichen die Profiklubs also ständig ihre Fans und können so ungefiltert ihre eigene Agenda an sie senden.
Für Prof. Thomas Horky von der Hochschule Macromedia Hamburg ist Dugout deshalb die logische Konsequenz dieser Entwicklung: "Mit dem Portal Dugout wird in diesem Fall der FC Bayern sicherlich noch einmal eine neue Medienwelt aufmachen und versuchen, dort besonders zu wirken. Fußballvereine können, wenn sie eigenes Medium, eigenes Content-Haus werden, damit zum einen Geld verdienen. Das heißt also, sie können durch das Ausstrahlen von eigenem Programm Werbung und ähnliches schalten. Aber vor allem können sie national und international ihr Image, ihr Ansehen steigern. Das ist das Entscheidende, dass man die eigenen Botschaften, die eigenen Informationen nach außen trägt. Ungefiltert, ohne den Sportjournalismus als Zwischenhändler."
Umsätze im zweiten Jahr: 70 Millionen Euro
Mit Dugout wollen die Top-Klubs ihre Abhängigkeit von Facebook und Co. verringern. Auf einer eigenen Plattform ist dies naturgemäß besser möglich, weil die gesamten Umsätze an die Vereine gehen. Und die sollen schon im zweiten Jahr nach Gründung laut englischen Medienberichten um die 70 Millionen Euro betragen.
Dann mit angeblich 30 weiteren Vereinen aus Europa, mit denen das Portal schon Verträge abgeschlossen haben soll. Stefan Mennerich vom FC Bayern will aber etwas anderes als die Umsätze als Ziel herausstellen: "Dass wir nicht mehr davon abhängig sind, was ein Dritter, eine große Firma vielleicht, im Internet gestaltet. Sondern, dass wir es selber gestalten können, und so an die Wünsche unserer Fans anpassen können. Und Ihnen damit genau den Content und die Mehrwerte anbieten können, die sie sich wünschen."
Ernstzunehmende Konkurrenz für Facebook und Co?
Schritt für Schritt soll Dugout demnach wachsen. Doch kann es der Fußball wirklich schaffen, Facebook und Co. User abzugraben, und selber ein erfolgreiches und reichweitenstarkes soziales Netzwerk schaffen? Schließlich ist die Konkurrenz milliardenschwer, der Markt unheimlich dynamisch. War Facebook vor Jahren noch der Magnet im Internet, wird gerade Snapchat als heißestes Eisen im Netz gehandelt. Anders als in den sozialen Netzwerken kommunizieren hier die Menschen direkt miteinander. Und das ausschließlich über das Mobiltelefon.
Prof. Jo Groebel ist Vorsitzender des Deutschen Digital Instituts und beschäftigt sich genau mit diesen rasanten Entwicklungen im Netz. Für ihn sind die dynamischen Veränderungen in der digitalen Welt kein Grund auf eher althergebrachte Modelle im Bereich "Social Media", wie es nun der Fußball tut, zu verzichten: "Social Media werden bleiben, weil sie, als sie eingeführt wurden, eine ganz neue Art von bislang nicht gekannter Gruppenkommunikation ermöglichten. Insofern werden auch rund um den Fußball entstehende soziale Netzwerke ihre eigene, auch langfristige Existenzberechtigung haben. So wie es immer noch Radio, Fernsehen und natürlich auch alle möglichen anderen Webangebote tun."
Bisher ist es noch keiner Branche wirklich gelungen, Facebook, Twitter, Instagram und Co. mit einer inhaltsspezifischen Social-Media-Plattform Konkurrenz zu machen. Der Fußball hat wegen seiner Popularität vielleicht noch die besten Chancen, ein solches Netzwerk zu etablieren. Jedenfalls vollziehen die Profi-Vereine mit Dugout unabhängig von seinem Erfolg den letzten Schritt hin zu einem autarken Medienhaus.