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Gefahr für die Qualität der Forschung

Forschungspolitik. - Angesichts stark gestiegener Preise müssen viele Universitäten und Forschungsinstitute auf den Bezug aktueller Fachjournale zunehmend verzichten. Eine dramatische Situation für die Qualität der Forschung - warnen viele Teilnehmer der Internationalen Bielefeld-Konferenz. Die Bibliothekare von Universitäten und Forschungseinrichtungen aus aller Welt diskutieren vor allem zwei Auswege: Open-Access-Zeitschriften und Facharchive im Web.

Von Mirko Smiljanic |
    Norbert Lossau zählt nicht zu den ständig und überall aufbrausenden Menschen. In Ruhe analysiert der Direktor der Universitätsbibliothek Bielefeld Probleme, um dann ebenso ruhig eine Lösung zu finden. Fast immer geht er so vor - fast. Beim Blick auf den weltweiten Markt elektronischer Fachzeitschriften gerät diese Routine allerdings zunehmend ins Wanken.

    " Statistiken der nordamerikanischen wissenschaftlichen Bibliotheken haben belegt, das in den letzten zehn, fünfzehn Jahren die Preise für diese Zeitschriften um über 220 Prozent gestiegen sind, und das ist ein Preisanstieg, den man so nicht mehr in den Budgets nachvollziehen kann."

    Mit steigender Tendenz vor allem bei Zeitschriften der Natur- und Lebenswissenschaften, wie Medizin und Biotechnologie. Die Gründe für den Preisanstieg sehen je nach Blickwinkel unterschiedlich aus. Aus den Verlagen ist zu hören, man brauche das Geld zur Qualitätssicherung und um die riesigen Papierbestände nachträglich zu digitalisieren. Kritiker wie Norbert Lossau vermuten darin nur vorgeschobene Argumente, in Wirklichkeit gehe es den Investoren global agierender Verlage vor allem um die Rendite.

    " Eine Zahl soll für sich sprechen, um mal das Volumen deutlich zu machen: 2005 ist der frühere Springer-Verlag in Heidelberg zusammengelegt mit dem Kluwer-Verlag aus Holland zu Springer Science, Business and Media und ist dabei für eine Milliarde Pfund an der Londoner Börse gehandelt worden. Man kann sich vorstellen, wenn so viel Geld investiert worden ist, dann möchten die Shareholder entsprechend ihren Anteil daran haben."

    Auf die Frage, warum gerade Fachzeitschriften für Natur- und Lebenswissenschaften diesem Trend unterliegen, nicht aber Fächer wie Literatur, Geschichte oder Archäologie, gibt es zwei Antworten. Zunächst einmal sind Physik und Chemie, Technik und Medizin Gebiete mit hohem finanziellem Potenzial. Da wird, wie es ein Konferenzteilnehmer ausdrückte, "richtig Geld verdient". Norbert Lossau:

    "Des Weiteren hängt es damit zusammen, dass die Wissenschaftler in diesen Bereichen einen hohen Impactfaktor benötigen für ihr eigenes wissenschaftliches Fortkommen. Das führt dazu, dass eine immer stärkere Konzentration auf wenige Zeitschriften stattfindet, dadurch entsteht auch eine gewisse Monopolsituation und überall, wo das so ist - und das ist auch erkannt worden von den Verlagen und von den Investmentbankern im Hintergrund -, lässt sich ein Geschäft machen"

    Wer als Naturwissenschaftler Karriere machen will, muss in bestimmten Fachzeitschriften publizieren, also muss er sie auch lesen, sprich: zum überhöhten Preis kaufen. Dies ist nach Meinung von Kritikern umso ärgerlicher, weil die Forschungsergebnisse einerseits über öffentliche Mittel finanziert werden - etwa an Universitäten - andererseits sind Hochschulen kaum noch in der Lage, die so finanzierten Forschungsergebnisse zu nutzen. Kurz: Die Belastungen werden sozialisiert, die Gewinne privatisiert. Eine prekäre Lage, aus der es aber zwei Auswege gibt, so Lossau:

    " Die eine Alternative ist, dass Kopien von bereits publizierten Artikeln noch einmal auf einem institutionalisierten Server - Max-Planck macht das ja schon und auch CERN - gespeichert werden. Viele Verlage stimmen dieser Green Road mittlerweile zu, das ist der grüne Weg. "

    Die zweite Alternative sind Open-Access-Zeitschriften, bei denen von vornherein klar ist, dass die veröffentlichten Artikel jedem unentgeltlich zur Verfügung stehen. Diese Variante hat allerdings Startschwierigkeiten, zumal wirklich wichtige Publikationen dort nicht landen. Der Impact-Faktor ist zu gering, außerdem möchten die Verlage ihre Gewinnmargen nicht zu sehr schmälern.