Eine Seitenstraße im Pariser Stadtbezirk Montparnasse. Ein unscheinbarer Eingang führt in die Räumlichkeiten der Kanzlei Dante. Hier arbeitet Charles Oudin-Joseph mit insgesamt vier Kolleginnen und Kollegen. Der Schwerpunkt der Beratung liegt im Wirtschaftsrecht – von Arbeitsrecht über Bankenrecht bis hin zum Wettbewerbsrecht. Charles Oudin-Joseph selbst hat sich darauf spezialisiert, Schadenersatzansprüche durchzusetzen – insbesondere solche, die im Zusammenhang mit medizinischen Behandlungen entstanden sind. Und hier hat er sich für einige seiner Fälle einen mächtigen Gegner ausgesucht – den Pharmariesen Bayer.
Es geht um eine von Bayer hergestellte Sterilisation-Spirale. Essure ist ein Verhütungsmittel für Frauen, die mit dem Kinderwunsch abgeschlossen haben. Es besteht aus zwei kleineren Spiralen, die in den Eileiter eingesetzt werden und langfristig zur Sterilität führen. Es sei minimal-invasiv, erfordere keine aufwendige Operation und hinterlasse keine sichtbaren Narben, heißt es auf der amerikanischen Seite von Essure. Das ist aber nicht die ganze Wahrheit.
"Ich habe mich 2011 für die Methode Essure entschieden und im Oktober die Spiralen einsetzen lassen. Schon kurz danach hat sich mein gesundheitlicher Zustand erheblich verschlechtert. Am Anfang war es nur Müdigkeit, später dann kam eine chronische Nebenhöhlenentzündung dazu."
Marielle Klein ist eine derjenigen, die mit einer Sammelklage gegen Bayer vorgehen wollen. Denn Essure scheint nicht so harmlos zu sein, sondern im Gegenteil erhebliche Nebenwirkungen zu haben. Seit August hat Bayer das Produkt nicht mehr vertrieben, vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass der Handel komplett eingestellt wurde.
"Letztendlich hat sich meine Gesundheit immer weiter verschlechtert. Ich bekam eine Darmentzündung und Herzrasen. 2015 ist dann wortwörtlich alles über mir zusammengebrochen - ich bin aufgewacht und ich konnte einfach überhaupt nichts mehr hören. Ich hatte eine Mittelohrentzündung mit einer Perforation des Trommelfells. Dann ist auch die Nasennebenhöhlenentzündung wiedergekommen, die Schmerzen waren nicht zum Aushalten. Ich hätte nie gedacht, dass es solche Schmerzen überhaupt geben kann."
Für die fünffache Mutter folgte eine Odyssee von Arzt zu Arzt – vom Gynäkologen zum Neurologen, der zunächst eine Depression diagnostizierte, wieder zu einem, diesmal allerdings anderen Gynäkologen und letztendlich zum Chirurgen, der die Implantate wieder entfernte.
"Und tatsächlich, ab dem Moment als die Implantate entfernt wurden, ging es mir radikal besser. Und da habe ich verstanden, dass das alles Auswirkungen von Essure waren."
"Wir wollen gehört werden"
Marielle Klein wollte das nicht auf sich beruhen lassen, zu viele Jahre lang hatte sie gelitten. Sie wollte ihre Geschichte erzählen und vor allem wollte sie wissen, ob sie mit ihrem Schicksal alleine war. Das war sie nicht. Marielle Klein schloss sich einer Facebook-Gruppe an, in der sie sich mit anderen Frauen, die ähnliche Erfahrungen gemacht hatten, austauschen konnte, sie startete eine Online-Petition und sie ging an die Presse. Und letztendlich war sie es, die mit dem von ihr gegründeten Opferhilfeverein R.E.S.I.S.T die Sammelklage gegen Bayer initiierte. Ende September soll die bei Gericht eingereicht werden.
"Es geht uns nicht unbedingt um eine finanzielle Wiedergutmachung. Wir wollen gehört werden, wir wollen, dass uns zugehört wird. Und wir wollen als Opfer anerkannt werden. Denn wir sind Opfer, Opfer des Produktes Essure."
Sammelklagen sind in Frankreich seit drei Jahren möglich. 2014 wurde das Gesetz erlassen, das die "action de groupe" für Verbraucher erlaubt. Seit dem vergangenen Jahr sind Gruppenklagen auch im Gesundheitsbereich und seit Mai 2017 auch bei Diskriminierungen am Arbeitsplatz und im Umweltrecht möglich. Das Verfahren muss dabei von einer entsprechenden Verbraucherschutzvereinigung geführt werden. Damit wollte der französische Gesetzgeber vermeiden, dass sich eine Klageindustrie nach amerikanischem Vorbild entwickelt.
Das französische Sammelklageverfahren gliedert sich in mehrere Abschnitte, die Rechtsanwalt Charles Oudin-Joseph am Beispiel der Essure-Sammelklage erläutert:
"Das Verfahren kann nur durch einen Verband geführt werden, der durch die Regierung, in unserem Fall durch das Gesundheitsministerium, für Sammelklagen zugelassen wurde. Das ist bei R.E.S.I.S.T der Fall. Es wird zunächst ausschließlich über die Verantwortlichkeit des Unternehmens an sich geurteilt. Erst wenn feststeht, dass diese Verantwortung gegeben ist, entscheidet der Richter darüber, wer sich an der Sammelklage beteiligen kann: hier eben Frauen, die das Produkt in der und der Zeit verwendet haben und die unter diesen und jenen Problemen leiden."
Außerdem wird in dieser Phase festgelegt, in welcher Weise potenziell Betroffene über die anhängige Klage zu informieren sind - zum Beispiel über die Tageszeitung, das Fernsehen oder über das Internet.
Stellt der Richter fest, dass ein Unternehmen grundsätzlich verantwortlich ist, können andere Betroffene, im konkreten Fall also Frauen, die nach der Verwendung von Essure ebenfalls Folgeschäden erlitten haben, innerhalb einer bestimmten Frist der Klage beitreten.
Erst dann wird eine konkrete Entschädigungssumme festgelegt. Der klagende Verband verteilt diese dann entsprechend der richterlichen Entscheidung an die Beteiligten der Sammelklage. Möglich ist auch ein Vergleich zwischen dem beklagten Unternehmen und dem Verband. Der muss durch den Richter gebilligt werden. So soll sichergestellt werden, dass die Interessen der Sammelkläger gewahrt werden.
Ein sehr nützliches Werkzeug
Francois Carlier ist Geschäftsführer des französischen Verbraucherschutzverbandes clcv. Die Organisation hat bisher drei Sammelklageverfahren eingeleitet. Sein erstes Resümee zur Sammelklage für Verbraucher ist positiv:
"Bisher haben wir Sammelklagen eingebracht, die insgesamt 100.000 Menschen betreffen, für uns ist es also ein sehr nützliches Werkzeug. Wir werden sehen müssen, bisher gibt es ja noch keine gerichtlichen Entscheidungen, wir werden also sehen müssen, was die Richter letztendlich sagen werden."
Aber nicht nur direkte, sondern auch indirekte Auswirkungen wird die Sammelklage seiner Ansicht nach haben. Unternehmen werden ihre Praktiken ändern, wenn nun eine Sammelklage droht, wo man es früher allenfalls mit einzelnen Klägern zu tun hatte. Und außerdem:
"Insbesondere im Bereich Lebensversicherungen und Geldanlagen führen wir einige wichtige Sammelklagen. Wir und auch andere Verbraucherschutzorganisationen. Und diese Verfahren werden auch Auswirkungen haben auf künftige gesetzliche Regulierungen in diesem Bereich."
Allein in den ersten zwei Jahren seit der Einführung der Sammelklage im Jahr 2014 sind neun Verfahren eingeleitet worden: gegen Lebensversicherer, Immobiliengesellschaften, Kommunikationsdienstleister, Banken und Kreditgeber. Überwiegend sind es große Unternehmen, gegen die geklagt wird: die französische Geschäftsbank BNP Paribas zum Beispiel oder SFR, der zweitgrößte französische Mobilfunkanbieter. Und auch gegen die französische Tochter von BMW läuft ein Verfahren.
Mit einer Sammelklage können Kunden, die einen Schaden erlitten haben, auf relativ einfache Weise ihre Rechte durchsetzen. Während ein einzelner allein schon einen sehr langen Atem und vor allem auch viel Geld bräuchte, um sich gegen einen solchen Wirtschaftsgiganten zur Wehr zu setzen.
In Frankreich kam es bisher in einem Fall zum Vergleich, die übrigen Verfahren sind noch offen. Das ist für Francois Carlier auch der Wermutstropfen:
"Wir haben hier ein sehr, sehr langes Verfahren, mit sehr strengen Regeln. Meine erste Sammelklage – gegen AXA – haben wir im Oktober 2014 eingereicht. Wir hatten noch immer keinen ersten Termin, ich hoffe, dass das 2018 was wird. Die Verfahrensvorschriften bei Sammelklagen sind deutlich strenger als in einem normalen Prozess."
Im Fall Essure keine schnelle Entscheidung erwartet
Auch Rechtsanwalt Oudin-Joseph rechnet im Fall Essure nicht mit einer schnellen Entscheidung.
"Die französische Justiz ist keine schnelle Justiz für die Opfer. Das ist ein großes Problem. Wir hoffen, dass unsere Sammelklage schneller läuft als die Individualklagen. Dafür gibt es aber keine Garantie. Ich hoffe aber, dass wir in den kommenden zwei, drei Jahren eine endgültige Antwort im Interesse der Opfer bekommen werden."
Das französische Modell wird sehr genau beobachtet. Auch von den europäischen Verbraucherschützern. Ursula Pachl ist stellvertretende Generaldirektorin der europäischen Verbraucherschutzorganisation BEUC in Brüssel:
"Hier scheint es eigentlich hauptsächlich positives Feedback zu geben. Das heißt, es scheint bisher relativ gut zu funktionieren, aber nach drei Jahren ist man immer noch in den Anfängen um ein solches Instrument auch auszuprobieren."
Bisher nur in wenigen Ländern Sammelklage überhaupt möglich
Verbesserungsmöglichkeiten gibt es aber auch jetzt schon: Sowohl die französischen als auch die europäischen Verbraucherschützer wünschen sich, dass nicht nur wie bisher materielle Schäden, sondern auch immaterielle Schäden ersetzt werden können.
"Man muss sich vorstellen, zum Beispiel eine Salmonellenvergiftung im Urlaub im Hotel, wo man natürlich wertvolle Urlaubstage verliert, dafür würde es in Frankreich dann keinen Rechtsanspruch durch eine Sammelklage geben."
Im Vergleich zu anderen Mitgliedsländern der EU steht Frankreich aber aus Sicht der Verbraucherschützer dennoch sehr gut da. Denn:
"Insgesamt muss man sagen, dass es in vielen europäischen Ländern nach wie vor überhaupt keine Sammelklage gibt. Das sind derzeit sieben Länder. Und aus unserer Sicht, nach unserer Analyse hat sich gezeigt, dass ungefähr in zehn Ländern es eine Art Sammelklage gibt, die aber aus verbraucherpolitischer Sicht nicht effektiv ist."
Ein Beispiel, für eine eher ineffektive Sammelklage ist in den Augen der Verbraucherschützer die sogenannte Sammelklage österreichischer Prägung.
"Österreich ist ein komplizierter Fall. Hier geht es praktisch darum, dass man prozessrechtlich konstruiert, dass individuelle Klagen gebündelt werden und dann so eine Art Sammelklage entsteht."
Max Schrems kennt das österreichische Verfahren genau. Der Jurist reichte beim Landesgericht Wien im August 2014 eine Klage gegen die irische Tochter von Facebook ein. Er warf dem Unternehmen zahlreiche datenschutzrechtliche Verstöße vor: ungültige Datenschutzbestimmungen; unrechtmäßiges Sammeln und Weitergeben von Daten; Ausspähen des Surfverhaltens der Nutzer sowie die Teilnahme am NSA-Überwachungsprogramm "PRISM".
Mehrere tausend Nutzer, vor allem aus Europa, aber auch aus Asien, Lateinamerika und Australien haben in der Folgezeit ihre Ansprüche an Maximilan Schrems abgetreten und sich auf diese Weise der Klage angeschlossen. So wurde im Wege einer sogenannten Klagsausdehnung aus einer Individualklage eine Sammelklage.
"Bei der Sammelklage österreichischer Prägung, das ist in Wirklichkeit eine Inkasso-Zession. Nutzer A gibt Nutzer B seinen Anspruch und der klagt es dann ein. Und indem er das einfach ganz oft macht, hat Nutzer B dann am Ende 10.000 verschiedene Ansprüche und bringt die gesammelt ein. Dabei ist es eben notwendig, dass jeder einzelne Nutzer seinen Anspruch übergibt, dass man sich einige wird, wer welche Kosten trägt, wie das alles aufgeteilt wird."
Höchste Zeit für Gruppenklagen
In erster Instanz konnte sich Schrems nicht durchsetzen. Das Wiener Gericht befand die Sammelklage für unzulässig. Das lag vor allem daran, dass die Richter die Ansicht vertraten, dass Schrems im Sinne des österreichischen Prozessrechts kein Verbraucher sei. Nur dann hätte er das Recht, vor einem Gericht im Inland zu klagen. Weil er sich aber die Ansprüche anderer hat übertragen lassen, auch vieler Nicht-Österreicher, sei er eben kein Verbraucher mehr und könne deshalb in Österreich nicht klagen, so das Gericht in Wien.
Das Verfahren liegt jetzt beim Europäischen Gerichtshof. Schrems rechnet damit, dass im November der Generalanwalt sein Gutachten abgeben wird und die Luxemburger Richter dann im kommenden Jahr entscheiden.
Angesichts der Hürden, die mit einer Sammelklage nach österreichischer Prägung verbunden sind, fordert der österreichische Verband für Konsumenteninformation gemeinsam mit der Wiener Arbeiterkammer die Einführung einer "echten" Sammelklage. Es sei höchste Zeit für Gruppenklagen, heißt es in einer gemeinsamen Presseerklärung der beiden Organisationen, die vor wenigen Tagen versandt wurde. Bereits seit 2007 liege ein entsprechender Gesetzentwurf vor und seither sei nichts geschehen. Gabriele Zgubic ist Leiterin der Abteilung Konsumentenpolitik der Arbeiterkammer in Wien. Sie ärgert sich sehr über die Untätigkeit der Regierung
"Uns reicht es sozusagen! Wir brauchen dieses Instrument, das haben die Anlegerskandale aber auch Dieselgate gezeigt."
Einer der enttäuschendsten Punkte der euorpäischen Verbraucherpolitik
Und auch in Brüssel wird man ungeduldig. Ursula Pachl vom europäischen Verbraucherschutzverband:
"Ich würde mal sagen, dass die Thematik der Sammelklage eine der enttäuschendsten Punkte der europäischen Verbraucherpolitik ist, bis jetzt. Die Diskussion ist jetzt schon seit dreißig Jahren auf dem Tisch der EU, es hat unzählige Konsultationen gegeben, es hat zwei Grünbücher gegeben – angefangen mit 1987. Das heißt, diese große Thematik des Zugangs zum Recht ist immer schon diskutiert worden im Lichte des Problems, dass, wenn Massenschäden entstehen, man keine befriedigenden Antworten hat."
Aus ihrer Sicht muss sich endlich etwas tun:
"Wir hoffen jetzt, dass vor allem durch die Volkswagen-Betrugsaffäre die Kommission verstanden hat, dass es nun endlich Zeit ist, mit bindenden Maßnahmen zu kommen."
So weit wie Österreich ist Deutschland dabei schon. Hierzulande wird es zwar nicht Sammelklage genannt, sondern Einziehungsklage. Das System ist aber grundsätzlich das Gleiche. Verbraucherschutzverbände lassen sich Ansprüche von einzelnen Verbrauchern abtreten um diese dann vor Gericht durchsetzen. Allerdings ist der organisatorische Aufwand hierfür immens, wie Otmar Lell vom Verbraucherzentrale-Bundesverband erläutert.
"Wir müssten dann tatsächlich die einzelnen Ansprüche einsammeln und auch immer vor Gericht nachweisen, dass jeder der Ansprüche auch gleichartig ist und ganz schnell kommt dann eben vonseiten der Unternehmen – ne, ne, der Sachverhalt war doch unterschiedlich. Dann werden die Verfahren auseinandergenommen und die ganze Sache funktioniert dann eben doch nicht mehr. Also wir haben das immer wieder versucht, aber so die Schmerzgrenze wo es nicht mehr funktioniert, ist schon bei 100 Fällen erreicht. Und das ist gerade in Fällen, wo es oft 1000 Geschädigte gibt, oder Tausende, ist das einfach viel zu wenig. Und deswegen kommen wir mit diesem Instrument alleine nicht mehr weiter."
Auf diese Weise hat beispielsweise die Verbraucherzentrale Berlin 2006 eine vom Energie-Unternehmen GASAG verwendete Preisanpassungsklausel für unwirksam erklären lassen. Eigentlich wären Verträge von 300.000 Kunden betroffen gewesen. Wegen des bürokratischen Aufwandes haben sich aber letztendlich nur 194 Betroffene beteiligt.
Musterklage ist keine echte Sammelklage
Die Verbraucherschützer begrüßen daher die aktuelle Diskussion um die Einführung einer sogenannten Musterfeststellungsklage. Ende vergangenen Jahres hatte das Bundesjustizministerium den Entwurf für ein entsprechendes Gesetz vorgelegt – das ist aber in der Abstimmung zwischen den Ressorts versandet. Union und SPD werfen sich seitdem gegenseitig Blockade vor.
Allerdings ist das in dem Maas'schen Gesetzentwurf vorgesehene Verfahren streng genommen auch keine echte Sammelklage. Zwar können sich nach den Vorstellungen des Ministeriums mehrere Geschädigte zusammentun, um gegen Unternehmen vorzugehen. Wenn es dann aber um eine konkrete Entschädigung geht, muss wieder jeder für sich vor Gericht ziehen. Es handelt sich eben nur um eine Musterklage, in der erst einmal nur festgestellt wird, ob das Unternehmen für einen Schaden überhaupt verantwortlich ist, ob also vom Grundsatz her Schadenersatzansprüche bestehen. Einen solchen Anspruch dann durchsetzen muss jeder Betroffene selbst.
Für den Verbraucherzentrale Bundesverband würde aber schon die Musterfeststellungsklage wichtige Vorteile für Verbraucher bringen, sagt Otmar Lell:
"Die Musterfeststellungsklage ist ein Instrument, um eine Rechtsfrage einmal grundsätzlich klären zu lassen. Und die Verbraucher, die diese Klärung brauchen, um meinetwegen eine Schadensersatzklage durchzusetzen, die können sich dann darauf berufen, auf dieses Musterurteil. Und wenn sie sich dann anmelden bei dem Verfahren, sind sie auch davor gesichert, dass die Ansprüche verjähren, die sie geltend machen wollen."
Nur der erste Schritt
Dies jedoch, so der Berliner Rechtsprofessor Jürgen Kessler, kann das nur der erste Schritt sein:
"Ich meine, das deutsche, jetzt vorgesehene Modell der Musterfeststellungsklage wäre schon ein erheblicher Vorteil gegenüber dem gegenwärtig bestehenden Zustand.
Auf der anderen Seite muss man deutlich sagen, das französische Modell ist erheblich attraktiver. Durch die Spaltung der Klage in die Feststellung der Haftung des Unternehmens und die Frage, inwieweit der einzelne Verbraucher davon umfasst ist, schafft größere Anreize für den Verbraucher, dort tätig zu werden, weil er ja, bevor er sich in das Verfahren mit einklinkt, weiß, dass das Unternehmen eine Verantwortlichkeit trägt für den gemeinsam mit anderen Konsumenten erlittenen Schaden."
Es bleibt abzuwarten, ob und wenn ja wann eine neue Regierung sich wieder diesem Thema widmen wird. Zumindest im Wahlkampf haben sich sowohl Unions- als auch SPD-Politiker für die Musterfeststellungsklage ausgesprochen. Es besteht also gute Hoffnung, dass der Instrumentenschrank des Verbraucherschutzes bald ein neues Werkzeug erhält.