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Gene statt Gift
Neue Methoden gegen das Zika-Virus

Eine Impfung wäre wohl das sicherste Mittel gegen das Zika-Virus und die Schäden, die es bei Ungeborenen verursachen kann. Doch ein solches Medikament ist noch in weiter Ferne. Der Kampf gegen die Ausbreitung gilt also der Mücke selbst.

Von Joachim Budde |
    Das Gebäude der WHO in Genf.
    Am 1. Februar 2016 rief die Weltgesundheitsorganisation WHO wegen der Zika-Epidemie den internationalen Gesundheitsnotstand aus. Nun hat sie zwei Methoden zur Eindämmung des Virus als vielversprechend empfohlen. (dpa/pa/epa Keystone Di Nolfi)
    Die Zika-Mücke Aedes aegypti ist inzwischen gegen viele Arten von Insektengiften resistent, darum suchen Gesundheitsbehörden nach Alternativen. Für eine neuartige Methode hat die britische Firma Oxitec Aedes aegypti gentechnisch verändert. Oxitec-Geschäftsführer Hadyn Parry stellte sie jetzt vor dem Ausschuss für Wissenschaft, Weltraum und Technologie des US-Repräsentantenhauses vor:
    "Wir setzen nur männliche Mücken frei. Sie paaren sich mit wilden Weibchen und vererben dem Nachwuchs ein Gen, das wir ihnen eingepflanzt haben. Das sorgt dafür, dass die Mückenlarven sterben, bevor sie ausgewachsen sind. Wenn wir mehr von unseren Männchen in die Umwelt geben als es wilde Männchen gibt, paaren sich mehr Weibchen mit unseren Männchen, der Nachwuchs stirbt, die Population bricht zusammen."
    Dafür sind riesige Mengen von Mückenmännchen erforderlich. Über ein halbes Jahr verteilt müssen immer wieder Tiere ausgesetzt werden.
    Massive Proteste von Gentechnik-Kritikern
    Moskito der Art Aedes aegypti
    Der Mücken-Nachwuchs entsprechend genveränderter Aedes aegypti stirbt noch im Larvenstadium (AFP / Marco Garro)
    Ursprünglich hat Oxitec die Mücke im Jahr 2002 als Mittel zur Bekämpfung des Dengue-Fiebers entwickelt, deren Überträger ebenfalls Aedes aegypti ist. Seit 2009 gab es bereits größere Freilandversuche auf den Cayman Islands und in Brasilien. Parry:
    "Die Effizienz unserer Methode ist ziemlich bemerkenswert. In jedem einzelnen Freilandversuch haben wir die Aedes-aegypti-Population in sechs Monaten erheblich reduzieren können. Das ist gewaltig effektiver als Insektengifte."
    Diese Freilandversuche waren stets begleitet von starken Protesten. Kritiker wenden ein, es sei überhaupt nicht absehbar, welche Auswirkungen die Mücken auf das Ökosystem hätten und ob die veränderten Gene tatsächlich in dieser einen Mückenart verblieben. Argumente, die Hadyn Parry nicht gelten lässt:
    "Unsere Mücken verschwinden wieder. Die Männchen sterben, ihr Nachwuchs stirbt. Das ist eine Sache von Tagen."
    Immer wieder hat das Unternehmen versucht, in den Vereinigten Staaten eine Genehmigung für Freilandversuche zu bekommen. Bislang erfolglos. Der Zika-Gesundheitsnotstand könnte den Oxitec-Mücken einen gewaltigen Schub geben. Denn in weiten Teilen des Landes gibt es Aedes aegypti. In Brasilien haben die Gesundheitsbehörden die Oxitec-Mücken bereits zugelassen. Dort läuft dieser Tage ein Projekt in einer Stadt mit 60.000 Menschen an.
    Mücken harmlos machen
    Die Weltgesundheitsbehörde WHO hat die Oxitec-Methode unlängst als vielversprechend für den Kampf gegen Zika bezeichnet. Zusammen mit einem weiteren Ansatz: Er zielt direkt auf das Virus ab, sagt Professor Scott O’Neill von der Monash University im australischen Melbourne:
    "Wir versuchen nicht, die Mückenpopulation zu reduzieren, sondern sie harmlos zu machen. Wir bringen ein Bakterium der Gattung Wolbachia in die Mücken. Wenn sie das in sich tragen, können sie keine Viren mehr übertragen."
    Seit Jahren forscht der Biologe an dieser Methode. Auch sie wurde ursprünglich für den Kampf gegen das Dengue-Virus entwickelt. Gerade haben die Wissenschaftler eine Studie veröffentlich:
    "Wir haben dieselben Ergebnisse wie für Dengue: Das Zika-Virus kann sich in der Mücke nicht vermehren, wenn Wolbachia anwesend ist."
    Viren und Bakterien benötigen Cholesterin, um in der Mücke zu überleben. Die Forscher vermuten, dass die Wolbachien den Viren das Cholesterin wegfressen. Außerdem regen die Wolbachien das Immunsystem der Mücken an, sodass es die Viren intensiver bekämpft.
    Scott O’Neill und seine Mitarbeiter setzen Mücken aus, die mit Wolbachia infiziert sind. Die verdrängen nach und nach die Mücken ohne das Bakterium. Denn infizierte Weibchen können sich sowohl mit infizierten als auch mit nicht infizierten Männchen paaren, sagt Scott O’Neill:
    "Mückenweibchen übertragen die Wolbachien auf ihre Eier. Infizierte Männchen wiederum können andere Mücken zwar nicht direkt anstecken, aber über einen Trick sorgen die Wolbachien dafür, dass sich die Eier von nicht infizierten Weibchen nicht entwickeln können, wenn sie sich mit infizierten Männchen paaren."
    Das Bakterium verbreitet sich also über die Weibchen. Infizierte Männchen reduzieren zudem die Konkurrenz an Mücken ohne Wolbachia. Durch diese beiden Mechanismen breitet sich Wolbachia effizient in der Mückenpopulation aus.
    Die Methode ist nachhaltig und kostengünstiger
    Eine indonesische Wissenschaftlerin des Eliminate Dengue Project Centers der Gadjah Mada Universität untersucht mit Wolbachia infizierte Aedes-Aegypti-Mücken im September 2014
    Eine indonesische Wissenschaftlerin des Eliminate Dengue Project Centers der Gadjah Mada Universität untersucht mit Wolbachia infizierte Aedes-Aegypti-Mücken im September 2014 (EPA/ADHYASTA HARIMURTI/DPA PICTURE ALLIANCE)
    Wolbachien kommen zwar von Natur aus in knapp der Hälfte aller Insektenarten vor, jedoch nicht in Aedes aegypti. Nachteile bringt die Infektion nur für die Viren, nicht aber für die Mücken, auch das haben Scott O’Neill und seine Kollegen untersucht.
    Zwei Vorteile sieht der Biologe gegenüber anderen Methoden: Erstens kommt dieser Ansatz mit verhältnismäßig wenig Mücken aus. Zweitens ist er nachhaltig:
    "Man muss die Mücken nur einmal aussetzten, die Wolbachien erhalten sich in der Population. Ganz im Gegensatz zu konventionellen Methoden wie Insektengiften, die jede Saison erneut eingesetzt werden müssen. Das heißt, unsere Methode verursacht nur einmal Kosten, am Anfang. Das macht sie sehr interessant für Bekämpfungsprogramme in Entwicklungsländern."