Archiv

Genetik in der Rechtsmedizin
Vergängliche Fingerabdrücke

Mit dem genetischen Fingerabdruck lassen sich in der modernen Rechtsmedizin Verbrechen aufklären, die schon ergebnislos zu den Akten gelegt worden waren. Winzige Spuren des Täters genügen dafür. Doch wie lange halten sich die genetischen Fingerabdrücke auf der Haut, wenn diese schon zu faulen begonnen hat?

Von Michael Stang |
    Ein Wattestäbchen zum Einsatz in der Forensik
    Forscher haben untersucht, wie schnell sich DNA-Spuren auf faulender Haut halten. (imago/stock&people/Jochen Tack)
    Ein Tatort. Die Polizei findet einen Leichnam. Bei der Untersuchung des Opfers entdecken Rechtsmediziner einen Bluterguss am Oberarm. Offenbar hat der Täter das Opfer festgehalten. Wissenschaftler aus Freiburg hatten in zwei EU-Studien untersucht, welche Spuren des Täters sich auf der Haut überhaupt nachweisen lassen.
    "Durch die Untersuchung wurde klar, dass Papillarleisten darstellbar sind und auch DNA daraus gefunden werden konnte." Sari Eble vom Institut für Rechtsmedizin der Universitätsklinikum Freiburg zufolge lassen sich nicht nur klassische Fingerabdrücke des Täters auf der Haut des Opfers nachweisen, sondern auch ein genetischer Fingerabdruck erstellen, da bei jeder Berührung automatisch Hautzellen hinterlassen werden.
    Das Fazit damals: In 19 Prozent der Fälle hätten diese Spuren zu einer Identifikation des Spurenlegers führen können. Die Forscher des Universitätsklinikums Freiburg haben nun in einer Folgestudie untersucht, wie lange sich diese genetischen Spuren des Täters noch auf der Haut auch bei bereits einsetzender Fäulnis nachweisen lassen. "Wir haben das Ganze auf Schweinehaut gemacht und haben dann Fingerabdruckspuren gelegt, um dann einfach über die Tage hinweg die Veränderung der DNA uns anzuschauen."
    "Material nach drei bis vier Tagen nicht mehr auswertbar"
    Die Untersuchung an Schweinehaut war notwendig, da derartige Versuche an menschlichen Leichen aus ethischen Gründen nicht durchführbar waren. Sari Eble bat ihren Laborleiter, seine Fingerabdrücke auf den Schweinehäuten zu hinterlassen. Die Frage war: Wie viele Hautzellen verbleiben dort und wie lange können die Forscher daraus noch einen genetischen Fingerabdruck erstellen?
    "Die Probenlagerung war so, dass die Schweinehäute innerhalb der Inkubationszeit in einer feuchten Kammer gelagert wurden und das auch bei Raumtemperatur, also zwischen 18 und 22 Grad." In den folgenden acht Tagen begannen sich die Schweinehäute allmählich zu zersetzen. Dabei schauten die Wissenschaftler, wie lange sich die DNA-Spuren des Laborleiters auf Schweinehaut hielten, beziehungsweise, wie schnell sich diese im Zuge der Fäulnis zu zersetzen begannen. Regelmäßig entnahm Sari Eble kleine Hautproben.
    "Alle 24 Stunden ungefähr, wir hatten auch kürzere Zeiträume am Anfang, um herauszubekommen, wie schnell natürlich auch die DNA degradiert. Allerdings hat sich herausgestellt, dass innerhalb von drei Tagen beziehungsweise vier Tagen das Material dann nicht mehr auswertbar ist."
    DNA hält auf glatten Oberflächen wie Glas länger
    Nach 24 Stunden waren noch 96 Prozent der ursprünglichen DNA-Menge - also die Hautzellen des Laborleiters - vorhanden, tags darauf lag die Quote nur noch bei 40 Prozent. Offenbar beeinflusst die faulende Haut auch die Zersetzung der fremden DNA-Spuren. "Ja, das kann man sagen, dass durch diese Fäulnis der Schweinehaut natürlich auch noch die Degradation vorangetrieben wurde. Wenn man jetzt Fingerabdruckspuren auf einer glatten Oberfläche, wie auf Glas oder so legt, dann passiert mit der DNA relativ lange nichts."
    Um zu überprüfen, wie lange sich die DNA tatsächlich auf der Schweinehaut hält, haben die Rechtsmediziner parallel gleichmäßig Blut auf die Schweinehäute aufgebracht. Denn es war anfangs nicht klar, ob bei den Fingerabdrücken des Laborleiters jedes Mal ausreichend Hautzellen hinterlassen wurden. Also brachten die Forscher auf die Schweinehäute 200 Blutproben und entnahmen ebenfalls acht Tage lang Proben.
    Die Blutuntersuchungen bestätigten die Ergebnisse des ersten Teils mit den Fingerabdrücken. Somit ist es für zukünftige Untersuchungen an einem Tatort gut möglich, noch einen verwertbaren genetischen Fingerabdruck des möglichen Täters von der Haut des Opfers zu nehmen, selbst wenn seit der Tat schon einige Tage vergangen sind.