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Geschichte aktuell: 125 Jahre nach dem Sozialistengesetz:

Als August Bebel, Vorsitzender der noch jungen und ziemlich bedeutungslosen SPD, den Schlachtruf der französischen Revolution aufnahm und auch für Deutschland

Renate Faerber-Husemann |
    Krieg den Palästen! Frieden den Hütten! Tod der Not und dem Müßiggange!

    ... androhte, wurde er für Reichskanzler Otto von Bismarck zum Staatsfeind. Höhepunkt dieser Männerfeindschaft war schließlich am 21. Oktober 1878, also vor 125 Jahren, das Sozialistengesetz, das an diesem Tage in Kraft trat. Lange und mit vielen bösen Intrigen hatte Bismarck darauf hingearbeitet:

    Ich habe in den sozialdemokratischen Elementen einen Feind erkannt, gegen den der Staat, die Gesellschaft sich im Stande der Notwehr befinden.

    Der Albtraum des Reichskanzlers war ein Aufstand ähnlich dem der Pariser Commune. Mit einer Reihe von Sozialreformen sollte deshalb das im Elend lebende Proletariat ruhig gestellt werden. Mit Verfolgungen bis hin zu Festungshaft für August Bebel, Ferdinand Lassalle und Wilhelm Liebknecht hoffte er, die SPD führungs- und damit wirkungslos zu machen.

    Doch es nutzte alles nichts. Die SPD setzte ihre Angriffe gegen Kirche und Großgrundbesitzer, gegen Großindustrie und Militär fort, versprach den Menschen Teilhabe am wachsenden Wohlstand und ließ sie träumen von der internationalen Solidarität der Arbeiter. Das machte Adel und Bürgertum Angst. Es war die Furcht der Besitzenden vor den Habenichtsen . Erhard Eppler, langjähriger Vorsitzender der SPD-Programmkommission und gelernter Historiker:

    Von ihrer Ideologie her haben die Sozialdemokraten die Gesellschaft des späten 19. Jahrhunderts und des frühen 20. Jahrhunderts einfach wider den Strich gebürstet. In einer Zeit, in der das Vermögen, der Besitz für die Bürger oberster Wert war, redeten sie von Sozialisierung. In einer Zeit, in der der Nationalismus sich in alle Parteien ausgedehnt hatte, sprachen sie von internationaler Verständigung.

    Als der Reichskanzler mit einem Verbotsantrag der SPD im Reichstag dennoch scheiterte, begann er eine beispiellose Hetzkampagne gegen die verhassten Reformer. Er schob ihnen – ohne jeden Beweis –die Schuld an zwei Attentaten auf Kaiser Wilhelm I. in die Schuhe. Er ließ den Reichstag auflösen, hoffte auf eine größere konservative Mehrheit bei Neuwahlen. Die Rechnung ging auf, die SPD verlor drei ihrer bis dahin zwölf Mandate, auch Zentrum und liberale Fortschrittspartei, die sich dem Verbot widersetzt hatten, erlitten Einbußen. Mit Hilfe der Konservativen und der Nationalliberalen ließ sich in der aufgeheizten Stimmung nach den Attentaten dann das "Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie” durchsetzen. Im Paragaphen 1 hieß es:

    Vereine, welche durch sozialdemokratische, sozialistische oder kommunistische Bestrebungen den Umsturz der bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung bezwecken, sind zu verbieten.

    Mindestens 175 Zeitungen und Zeitschriften mussten sofort ihr Erscheinen einstellen. Als erstes Blatt traf es den "Vorwärts”. In der letzten Ausgabe vom 21. Oktober 1878, also dem Tag, an dem das Sozialistengesetz in Kraft trat, schrieb die Redaktion:

    Man macht diejenigen mundttot, die auf die Nothlage des Volkes und des Vaterlandes aufmerksam machten. Dass ein solches Verfahren durchaus verkehrt ist, dass man den Arzt vertreibt anstatt die Krankheit, braucht nicht erst betont zu werden. Doch die That ist geschehen, sehen wir den Folgen derselben ruhig ins Auge. Deshalb mit frischem Muthe, mit Vorsicht und Kraft zwischen all den Fußangeln des Gesetzes hindurch – immer "Vorwärts.

    Die Folgen des Gesetzes waren dramatisch und dauerten noch an, als das Sozialistengesetz längst aufgehoben war. Die Historikerin Susanne Miller hat das in ihrer "Kleinen Geschichte der SPD” so beschrieben:

    Tief drang der Stachel des Mißtrauens und der Verbitterung in die Herzen der geächteten und als Staatsschädlinge verketzerten sozialdemokratischen Arbeiter. Aus der Empörung über den gegenwärtigen Staat wuchs eine von Mißtrauen und Abneigung geprägte Feindschaft gegen den Staat schlechthin.

    Insgesamt, so später die Bilanz des Vorsitzenden August Bebel, wurden schon in den ersten Monaten mindestens 900 Sozialdemokraten und ihre Familien aus ihren Wohngebieten verjagt und verbannt. Viele emigrierten in die Schweiz, nach Skandinavien und bis in die USA. 153 Vereine wurden verboten, darunter Turn-, Gesangs- und Arbeiterbildungsvereine. Die Gerichte verhängten in den zwölf Jahren rund 1000 Jahre Gefängnis- und Zuchthausstrafen. Das Leid und die Demütigungen hafteten im kollektiven Gedächtnis der Partei sehr viel stärker als der Stolz darüber, die zwölf Jahre der Illegalität überlebt zu haben und in dieser Zeit sogar von Wahl zu Wahl gewachsen zu sein.

    Da der Reichstag es abgelehnt hatte, die Sozialdemokraten ganz zu verbieten, herrschte nämlich damals die absurde Lage, dass die SPD zwar zur Wahl stand und die Reichstagsabgeordneten im Parlament ihre Arbeit tun konnten, dass sie aber keine Wahlkämpfe durchführen und keine Versammlungen abhalten oder Flugblätter verteilen durften. Ständig bespitzelt von Polizei und Geheimagenten wuchs die Partei dennoch im Untergrund und mauserte sich in den Jahren der politischen Verfolgung zu einer politischen Kraft, mit der zu rechnen war.

    1890, als das Sozialistengesetz aufgehoben wurde, war die SPD stärkste Partei im Reichstag. Und doch hat dieses Gesetz Wunden geschlagen, die nie wirklich verheilt sind. Etiketten wie die von den "vaterlandslosen Gesellen” klebten bis vor wenigen Jahrzehnten noch an der SPD, die im konservativen Lager immer unter Generalverdacht stand, obwohl sie in der praktischen Politik stets patriotisch und staatstragend war. August Bebel und seinen Mitstreitern ging es ja nie um die "Diktatur des Proletariats”, sondern um mehr Verteilungsgerechtigkeit, um die Demokratisierung der Gesellschaft. Erhard Eppler:

    Ich glaube, bei der SPD, mindestens bis Godesberg, also beinahe 100 Jahre lang, gab es eine eigentümliche Spaltung zwischen Rhetorik, ideologischer Rhetorik und praktischem Handeln. Die Rhetorik war immer revolutionär, auch in der Weimarer Republik, die Praxis war bestenfalls reformistisch, sie war bürgernah, sie war realitätsnah, und so hat die SPD mit ihrer Rhetorik auch gerade in der Weimarer Republik das bürgerliche Lager abgestoßen und mit ihrer Praxis häufig die Arbeiterschaft, die dann zur kommunistischen Partei gelaufen ist. Und erst lange nach dem Zweiten Weltkrieg ist diese Kluft zwischen Rhetorik, revolutionärer Rhetorik und bestenfalls reformistischer Praxis dann überwunden worden, indem man dann eine Theorie gefunden hat, die der Praxis entsprach.

    Das geschah beim Godesberger Parteitag 1959. Dort nahmen die "demokratischen Sozialisten” Abschied vom Marxismus, und das war ein schmerzhafter Prozeß besonders für all jene, die als SPD-Mitglieder während der Nazizeit gelitten hatten und sich als Mitglieder einer Weltanschauungspartei sahen. Susanne Miller war intensiv an der Programmarbeit vor Godesberg beteiligt. Sie hat die für die damalige SPD revolutionären Veränderungen, die zu ähnlichen Zerreißproben führten wie die heute anstehenden, später so zusammengefaßt:

    1. In Godesberg hat die SPD ihr ursprüngliches Selbstverständnis, eine Arbeiterpartei zu sein, auch programmatisch aufgegeben. Die SPD ist im Laufe ihrer Geschichte eine linke Volkpartei geworden. 2. Die marxistische Tradition der SPD findet im Godesberger Programm keinen Niederschlag, ja , nicht einmal Erwähnung. 3. Die SPD ist daher nicht mehr eine Weltanschauungspartei, sondern vereinigt Menschen verschiedener Denk- und Glaubensrichtungen, die sich zu den Grundwerten Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität bekennen.

    In der Präambel des Godesberger Programms steht der Satz, der für viele Sozialdemokraten Kern ihrer Identität ist und der bis zu diesem Sommer unumstritten war:

    Nur durch eine neue und bessere Ordnung der Gesellschaft öffnet der Mensch den Weg in seine Freiheit. Diese neue und bessere Ordnung erstrebt der demokratische Sozialismus.

    Geht es nach dem heutigen Parteivorsitzenden Gerhard Schröder und seinem Generalsekretär Olaf Scholz, dann ist auch das Schnee von gestern. Gerhard Schröder im August dieses Jahres:

    Ich glaube, dass man aufpassen muss, dass man nicht Formeln benutzt, die keinen wirklichen Inhalt haben. Also, der Begriff des demokratischen Sozialismus legt ja nahe, dass es eine Form der Ökonomie geben könnte, die anders als marktwirtschaftlich ist und dass die vernünftig wäre. Und ich glaube, dass die Erfahrungen im letzten Teil des vergangenen Jahrhunderts zeigen, dass dem nicht so war.

    Nimmt der Vorsitzende Gerhard Schröder mit solchen Sätzen Abschied von der Geschichte der 140 Jahre alten SPD? Will er seine Partei auf einen Kurs zwingen, der keinen Platz mehr hat für die Mythen von Heldentum, Verfolgung, Widerstand und selbstlosem Einsatz für eine bessere Zukunft der kleinen Leute? Das war immer schon eine Mischung aus Wirklichkeit und Legende. Dennoch warnen nicht nur verstörte Sozialdemokraten: Eine SPD, die sich ohne Not reduziert auf das, was der Kanzler und Parteivorsitzende "moderne Wirtschaftspolitik” nennt, verliert ihre Identität. Denn es war immer zugleich die Stärke und die Crux der SPD, dass von ihr mehr erwartet wurde als pragmatische Politik. Sie sollte Schutzschild sein für die Schwächeren, sie sollte aufpassen, dass die Schere zwischen Arm und Reich nicht immer weiter auseinander klaffte, sie sollte ethische Orientierung geben. Dass die SPD einen ungezügelten Kapitalismus verhinderte, erwarteten von ihr auch jene Bürger, die in der Wahlkabine nie ihr Kreuzchen bei den Sozis machten. Und nun soll ausgerechnet diese Partei den Bürgern klar machen, dass Schluss ist mit dem "Rund-um-sorglos-Paket”. Sie soll sich und das Land verabschieden vom Ideal der Verteilungsgerechtigkeit, weil es – so der Parteivorsitzende –nichts mehr zu verteilen gibt. Sie soll das Land und seine störrischen, verängstigten Bürger zukunftstauglich machen, das Anspruchsdenken radikal zurückschneiden. Man wird es ihr nicht danken.

    Laut einer Umfrage von diesem Sommer glauben 60 Prozent der Bürger nicht mehr, dass die SPD die Partei der sozialen Gerechtigkeit ist. Der Generalsekretär der SPD, Olaf Scholz, scheint das ähnlich zu sehen, denn er will im neuen Grundsatzprogramm, über das zur Zeit nachgedacht wird, das Wörtchen "sozial” vor der "Gerechtigkeit” streichen und sich in einem Abwasch auch gleich vom demokratischen Sozialismus trennen – einem Begriff der im letzten und derzeit gültigen Berliner Programm von 1989 noch zehn mal vorkommt.

    Wird damit der Soziologe Professor Ralf Dahrendorf im Nachhinein rehabilitiert, der schon im Jahre 1987 in der Zeitschrift "Merkur” das” Ende des sozialdemokratischen Jahrhunderts” beschwor und schrieb:

    Das Jahrhundert war in seinem Antrieb und in seinen besten Möglichkeiten sozialdemokratisch. Als es dem Ziel nahe kam, war es folgerichtig mit der Kraft der Sozialdemokraten vorbei.

    Diese Sätze lösten damals Entrüstungsstürme bei Sozialdemokraten von rechts bis links aus. Der These, dass sich die Idee der Sozialdemokratie wegen Erfolges erledigt habe, mochte kaum jemand folgen. Anfang der 90er Jahre legte der Professor, der einst die FDP programmatisch auf sozialliberalen Kurs brachte, nach:

    Es gibt nach wie vor diejenigen, die sich mehr für die Lebenschancen der Unterprivilegierten interessieren und diejenigen, die etwas zu verteidigen haben. Und ich wehre mich immer, dass man dieses völlig vergißt und so tut, als sei das völlig verschwunden, zumal es auch im westlichen Europa nach den achtziger Jahren eine nicht unbeträchtliche Gruppe von Langzeitarbeitslosen, von in jeder Hinsicht Armen, ja, sogar eine Unterklasse gibt. Aber wenn das gesagt ist, bleibt wahr, dass diese Gruppierungen nicht im alten Sinne politischen Ausdruck finden.

    Ob linke, im klassischen Sinne sozialdemokratisch orientierte Parteien aber damit überflüssig sind, ist die Frage. Die Antwort könnte auch lauten: Eine aktive, mit den Wohlstandsverlierern solidarische Linke wäre in Europa notwendiger denn je. Auch deshalb fragen sich viele Sozialdemokraten in diesen Wochen ratlos, warum ihre Parteispitze mit der Verkündung des Abschieds vom demokratischen Sozialismus eine Diskussion über eine erneute "Säkularisierung” der SPD angestoßen hat. Handelt es sich nur um einen der berüchtigten Schnellschüsse aus Berlin?, wird gerätselt. Oder wagt Gerhard Schröder den ernsthaften Versuch, die Bürger auf die Erkenntnis einzustimmen, dass in einer globalen Wirtschaftswelt jede nationale Sozialpolitik zum Scheitern verurteilt ist?

    Dies hat er vor Jahren schon mit dem Schröder-Blair-Papier zu einer modernen Wirtschafts- und Sozialpolitik versucht – ohne dass seine Partei ihm folgen mochte. Diese Debatte findet auch in anderen europäischen Ländern statt, in Frankreich, in Skandinavien, in Großbritannien, bisher allerdings auch dort ohne große Bereitschaft der verunsicherten Bürger, ihrer Führung zu folgen. Erhard Eppler beschreibt die Schwierigkeiten, vor denen alle Nationalstaaten heute stehen, so:

    Das globale Kapital zwingt heute die Nationalstaaten untereinander in Konkurrenz zu treten um die Investitionen eben jenes Kapitals. Deshalb dieser Wetbewerb um Steuersenkungen für die Unternehmen und wehe dem Land, das bei diesem Wettbewerb nicht mitmacht. Um das herum macht das Kapital einen großen Bogen und die Arbeitslosigkeit steigt ins Uferlose. Ich will damit sagen, das Gegenkonzept ist national nicht mehr zu realisieren und deshalb muss ein Sozialdemokrat heute mit Leib und Seele erst einmal Europäer sein und dann versuchen, auf dieser wesentlich größeren Basis ein solches Gegenkonzept zu erarbeiten.

    Doch dazu müsste in Deutschland zunächst der lähmende Streit zwischen den so genannten Traditionalisten und den so genannten Modernisierern in der SPD beendet werden. Die SPD von heute ist, so der Göttinger Politologe Franz Walter, eine verstörte Partei, die sich von ihren Wurzeln abgeschnitten fühlt, "sprachlos und kulturell enteignet”. Das Alte trägt nicht mehr, Alternativen, die Hoffnung machen könnten, zeigen sich noch nicht einmal in Konturen. Wie will man Verteilungsgerechtigkeit fordern, wenn diejenigen, die durchaus abgeben könnten, sich der Verantwortung entziehen? Wenn sie ihren privaten Wohnsitz in die Schweiz oder die Konzernzentrale an irgendeinen beliebigen Ort der Welt verlegen, wo das Steuerklima eben gerade günstig ist?

    Die SPD tut sich schwerer als andere Parteien damit, diesen tiefgreifenden Wandel zu akzeptieren. Ihre Identität hat sie seit der Parteigründung immer aus dem Einsatz für die underdogs bezogen. Die zwölf Jahre des Sozialistengesetzes hat sie überlebt, weil der gemeinsame Kampf gegen das übermächtige Kapital die Mitglieder auch in Zeiten der Verfolgung und der Illegalität einte. Und diese stolze Geschichte, so die Furcht gerade vieler älterer Sozialdemokraten, soll heute entsorgt werden. Der Parteienforscher Peter Lösche hat die Befindlichkeit von großen Teilen in der SPD so analysiert:

    Da ist die Melancholie darüber zu spüren, dass die alte Sozialdemokratie nicht mehr weiter besteht, dass die Solidargemeinschaft auf Grund gesellschaftlicher Veränderungen untergegangen ist. Der Streit zwischen den beiden Gruppen hat schon irgendwo auch einen Inhalt, so sehr er sich in Personalquerelen ausweist. Der Inhalt ist der, dass die so genannten Traditionalisten eben noch mehr und stärker an dem keynesianischen Sozialmodell festhalten und die so genannten Modernisierer stärker sich einstellen wollen auf die Internationalisierung der Arbeitsmärkte, auf die Globalisierung der Kapitalmärkte.

    Gerhard Schröders Dilemma dabei ist: Als Regierungschef muss er schnelle Entscheidungen erzwingen, als Parteivorsitzender muss er geduldig zuhören und überzeugen, sonst laufen ihm die Mitglieder und die Wähler davon. Dass er sich im Meinungs-Dauertief befindet, hat nicht nur mit den handwerklichen Fehlern seiner Regierung zu tun, sondern auch mit der Tatsache, dass die Bürger sich wehren gegen das voraussehbare Ende der sozialen Marktwirtschaft, erfunden nach dem Zweiten Weltkrieg von Christdemokraten, begraben nun ausgerechnet von Sozialdemokraten. Gerhard Schröder, der einst stolz darauf war, zu den politischen Enkeln Willy Brandts gezählt zu werden und der nun den Abschied vom demokratischen Sozialismus will, sagte kürzlich fast trotzig während einer Pressekonferenz:

    Diese ganzen munteren Debatten beunruhigen mich überhaupt nicht. Der Parteitag der SPD im November soll wirklich einer sein, wo solche Grundsatzfragen diskutiert werden. Niemand von uns hat irgend eine Angst, dass das die Regierungsgeschäfte stören würde .Ich bin sehr daran interessiert, über solche Fragen, die ja wirklich viele Menschen bewegen, eine sehr muntere, auch kontroverse Debatte in der SPD zu erleben, und wenn das nicht als Drohung verstanden wird, werde ich mich auch daran beteiligen.

    Auch in Zeiten, in denen der Boden schwankt, nichts mehr sicher zu sein scheint, lässt sich eines mit großer Gewißheit behaupten: "Die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie”, die Reichskanzler Otto von Bismarck vor 125 Jahren in einen geradezu manischen Verfolgungswahn trieben, müssen heute keinem Verfechter einer Marktwirtschaft pur mehr den Schlaf rauben.