Im Mittelalter und der frühen Neuzeit habe man vor allem Bücher vererbt, mit denen wichtiges Wissen weitergeben wurde. In der Moderne dann wurde das Vererben monetarisiert. Der Anspruch nach einer Gleichbehandlung der Geschwister - und damit die Frage nach Gerechtigkeit - sei erst dann ins Spiel gekommen. Gerechtigkeit aber sei illusionär, betonte Weigel. Deshalb müsse sich die Gesellschaft die Frage stellen, ob sie Regeln schaffe, die diese Ungerechtigkeit ausgleiche.
"In einer egalitären Gesellschaft wäre es konsequent, das Erben abzuschaffen", sagte die Autorin des Buches "Erbe: Übertragungskonzepte zwischen Natur und Kultur". Doch Liberalität und Gleichheit gingen nicht überein. Deshalb müsste man einen vernünftigen Ausgleich finden.
In Deutschland gehe die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander. Deshalb stelle sich nicht allein die Frage nach sozialer Gerechtigkeit, sondern auch, was man nachfolgenden Generationen mitgebe.
Andererseits sei es nicht gut, wenn man immer mehr Biografien von Menschen habe, die sich auf ihr Erbe verlassen würden. "Das kann nicht gesund sein", betonte Weigel.
"Wir leben in einer transgenerationellen Kette"
Weigel warnte: "Man darf das Erben nicht reduzieren auf die "egoistische Vermögensanhäufung für den eigenen Clan." Erben bedeute das Übertragen nicht allein von Vermögenswerten, sondern auch von Kulturwerten. Für eine Gesellschaft sei es wichtig, ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, was man von den vorausgegangenen Generationen übertragen bekommen habe - und sich dann kritisch damit auseinander zu setzen.
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