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Gesetzlicher Mindestlohn
Zahl der Hartz-IV-Aufstocker sinkt

Für den Deutschen Gewerkschaftsbund sind die Zahlen ein Beleg dafür, dass der Mindestlohn zur Überwindung von Armut beiträgt. Einige Branchen aber hätten mit den Folgen des Mindestlohns erwartungsgemäß zu kämpfen, kritisiert hingegen die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. Sehr hart habe es zum Beispiel die Landwirtschaft, die Gastronomie und das Baugewerbe getroffen.

Von Stefan Maas |
    Ein Fünf-Euro-Schein liegt mit einem Ein- und Zwei-Euro und einem 50-Cent-Stück auf einem Stapel.
    Der Mindestlohn kommt nicht bei allen gut an. (Deutschlandradio / Ellen Wilke)
    Seit Beginn des Jahres ist die Zahl derjenigen Arbeitnehmer, die trotz eines Jobs auf Hartz IV angewiesen sind um rund 45.000 gesunken. Mussten nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung im Dezember des vergangenen Jahres noch 1,268 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufstocken, sank die Zahl bis zum Februar dieses Jahres auf 1,223 Millionen. Zwar gebe es zum Jahreswechsel immer einen leichten Rückgang bei den Hartz-IV-Beziehern mit Job, sagte Marina Küchen, Sprecherin des Arbeitsministeriums in Berlin, "aber in diesem Jahr ist er etwas stärker ausgefallen. Das ist erfreulich. Diese positive Entwicklung ist auch auf die Einführung des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns zurückzuführen."
    Die Unternehmen zahlten seit der Einführung des Mindestlohns von 8,50 pro Stunde häufiger Löhne in existenzsichernder Höhe.
    Mindestlohn zur Überwindung von Armut
    Für den Deutschen Gewerkschaftsbund sind die Zahlen aus dem Januar und Februar dieses Jahres, neuere statistische Daten gibt es noch nicht, ein Beleg dafür, dass der Mindestlohn zur Überwindung von Armut beiträgt. Wolfgang Strengmann-Kuhn, der Sprecher für Sozialpolitik der grünen Bundestagsfraktion, ist angesichts der Zahlen weniger optimistisch.
    "Ich finde das Entscheidende, dass die Anzahl fast gar nicht zurückgegangen ist. Das sind ja wenige im zweistelligen Tausenderbereich. Das heißt für mich vor allem, dass der Mindestlohn am Armutsproblem zumindest vorbeigeht."
    Vor allem Selbstständige würden vom Mindestlohn nicht erreicht, "aber auch wenn Kinder mit versorgt werden, dann reicht der Mindestlohn gegebenenfalls nicht aus. Oder auch bei Teilzeiterwerbstätigen."
    Deshalb müsse es, um die Gefahr von Armut zu bekämpfen, eine Kindergrundsicherung für jedes Kind genauso geben wie eine Gutschrift vom Finanzamt für Selbstständige, wenn der Betrag, den sie steuerlich absetzen können, größer ist als ihre Steuerschuld.
    Auch die Arbeitgebervereinigung deutet die Zahlen nicht als positive Folge der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns. Der Rückgang derjenigen, die trotz Arbeit auf Hartz-IV angewiesen seien, liege bei lediglich rund vier Prozent aller Aufstocker. Es sei zu befürchten, dass die Zahlen gesunken seien, weil geringfügig Beschäftigte ihren Minijob verloren hätten und nun vollständig auf Grundsicherungsleistungen angewiesen seien.
    Landwirtschaft hat es hart getroffen
    Einige Branchen hätten mit den Folgen des Mindestlohns erwartungsgemäß zu kämpfen, sagt Roland Wolf, Leiter der Abteilung Arbeitsrecht bei der BDA:
    "Das betrifft zum Beispiel die Landwirtschaft, die davon besonders negativ betroffen ist. Das betrifft aber auch Gaststätten und Hotels."
    Oder das Baugewerbe. Sein Vorschlag: Würde man schwierige Punkte wie etwa die Auftraggeberhaftung oder die Arbeitszeitdokumentation entbürokratisieren, werde den Arbeitgebern geholfen, ohne dass der Mindestlohn als solcher infrage gestellt werde.