"Sie beschimpfte mich mit ziemlich schlimmen Worten. Ich sagte, es tut mir leid, ich bleibe jetzt hier stehen und du kannst das Schulgelände jetzt nicht verlassen. Und daraufhin trat sie einen Schritt zurück, hob die beiden Gehkrücken, die sie zu dem Zeitpunkt gerade hatte, und schlug damit auf mich ein."
Ina Müller, seit 25 Jahren Lehrerin an einer Oberschule in Lüneburg, wurde mehrmals an Oberarmen und Beinen getroffen. Die 14-jährige Schülerin schlug zu, weil die Lehrerin ihr die Zigaretten wegnehmen wollte. Es passiert an jeder Schule - im sozialen Brennpunkt, wie im Villenviertel - hat dieser junge Lehrer an einer Düsseldorfer Sekundarschule erlebt:
"In meiner fünften Klasse hatte ich den einen Schüler, der seine Hausaufgaben zum wiederholten Male nicht gemacht hatte. Daraufhin konfrontierte ich ihn damit und er tickte völlig aus und warf dann mit einem Radiergummi und einem Lineal nach mir."
Gewalt schon an der Grundschule
Laut einer Umfrage des Verbandes Bildung und Erziehung VBE wurde jeder fünfte Lehrer schon gemobbt, bespuckt, geschlagen. Selbst an Grundschulen werden 33 Prozent der Lehrer von ihren jungen Schülern angegriffen, an Gymnasien waren neun Prozent der Pädagogen Opfer körperlicher Gewalt. Besonderen Schutz, wie ihn andere Staatsbedienstete genießen, haben Lehrer nicht, kritisiert Udo Beckmann, Bundesvorsitzender des VBE:
"Die bisherigen Gesetzesvorhaben beziehen sich nur auf den Schutz von Polizisten, Sanitätern und Feuerwehrleuten. Warum werden nicht alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst gesetzlich gegen Gewalt geschützt?"
In NRW gab es unter der jetzt abgewählten rot-grünen Landesregierung zumindest eine Bundesratsinitiative, nach der Beleidigungen und Bedrohungen gegen Lehrer härter bestraft werden sollten. Beckmann: "Das ist von der jetzigen Bundesregierung nicht umgesetzt worden."
Gewalt gehört zum Berufsrisiko
Gewalt gegen Lehrer wird nicht ernst genug genommen oder schlicht als Berufsrisiko abgetan, sagt Gitta Franke-Zöllmer, niedersächsische Landesvorsitzende des VBE. "Ich selber habe erleben müssen, dass die Richter gesagt haben: Naja, dafür sind sie doch ausgebildet. Das gehört zu ihrem Job."
Die Schülerin, die ihre Lehrerin mit den Gehstützen angegriffen hatte, wurde jedoch zu zwei Wochen Gefängnis verurteilt. Sie war schon mehrfach handgreiflich geworden und fühlt sich dabei im Recht. Und die Eltern des Radiergummiwerfers drohten dem jungen Lehrer mit einem Anwalt.