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Gewaltgeschichte
Wider das Klischee vom sauberen Krieg

Ob im Irak, in Gaza oder in der Ukraine: Der asymmetrische Krieg hat wieder Konjunktur, staatliches Militär trifft auf bewaffnete Gruppen. Deren Gewaltbereitschaft gegenüber Zivilisten sei generell stärker ausgeprägt, sagte der Politikwissenschaftler Thomas Speckmann im DLF. Doch auch den klassischen Staatenkrieg ohne zivile Opfer habe es nie gegeben.

Thomas Speckmann im Gespräch mit Anne Reith |
    Zwei staatliche Armeen begegnen sich in der Schlacht, es gibt einen Gewinner und Zivilisten werden verschont - so sehe die Vorstellung eines klassischen zwischenstaatlichen Kriegs aus, sagte der Politikwissenschaftler Thomas Speckmann von der Uni Bonn im Deutschlandfunk. Auch völkerrechtlich sei Krieg als Auseinandersetzung zwischen zwei Staaten definiert. Doch diese Reinform ohne zivile Opfer habe es praktisch nie gegeben. "Das Asymmetrische ist eigentlich der Normalzustand in der Kriegsgeschichte."
    Disziplinproblem in Rebellengruppen
    Dennoch tut sich der Westen laut Speckmann schwer mit diesen Konflikten, wie sie jetzt in der Ukraine, im Irak oder im Gazastreifen ausgetragen werden. Die Staaten versuchten immer noch so Krieg zu führen, als kämpften sie gegen einen anderen Staat. Die Gegner fühlten sich jedoch nicht an Regularien gebunden, die einmal für Kriege zwischen Staaten entwickelt worden seien. Die Gewaltbereitschaft von nicht-staatlichen Kräften gegenüber Zivilisten sei stärker ausgeprägt als bei staatlichen Sicherheitskräften - es sei denn, die Gewalt sei politisch gewollt, wie es teilweise während des Zweiten Weltkriegs der Fall war. Bei den nicht-staatlichen Kräften seien Führung und Disziplin nicht so angelegt, dass man die Kämpfer auf Schritt und Tritt verfolge und Gewaltexzesse ahnde.
    Boomende private Sicherheitsbranche
    Allerdings setzen auch Staaten auf nicht-staatliche Kräfte: In den vergangenen Jahren hätten sich unter anderem viele NATO-Staaten vermehrt der boomenden Sicherheitsbranche bedient und Söldner angeheuert, sagte Speckmann. Etwa die USA für die Kriege in Afghanistan und Irak. Für die Feldzüge seien schlichtweg mehr Kräfte gebraucht worden, als in den Berufsarmeen vorhanden waren. Diese privaten Kämpfer bewegten sich in einer rechtlichen Grauzone. Viele juristische Verfahren gegen Söldner wegen Vergehen gegen die Zivilbevölkerung seien wegen der unklaren Rechtslage äußerst unbefriedigend für die Opfer ausgegangen.
    Das vollständige Interview mit Thomas Speckmann können Sie mindestens fünf Monate lang in unserem Audio-on-demand-Player nachhören.