Von Politikern der linken Syriza ist selten Positives zu hören über Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Doch Trifon Alexiadis , hält sich mit Lob nicht zurück. Der stellvertretende griechische Finanzminister bewundert die schlagkräftige Steuerfahndung in Deutschland.
"Ich habe von Anfang an gesagt, dass ich auch in Griechenland Razzien sehen will, Steuerfahnder, die früh morgens in Banken gehen und sie kontrollieren. Wenn ich Herrn Schäuble treffen würde, würde ich ihn fragen: Wie haben sie es geschafft, dass die Steuerfahndung so gut funktioniert?"
Der frühere Chef der Gewerkschaft der Steuerbeamten will konsequent gegen die Steuerflucht vorgehen – und möglichst viel zurück holen von reichen Griechen, die ihr Geld ins Ausland verschoben haben.
Lagarde-Liste lag zwei Jahre in der Schublade
Das war nicht immer so. Bereits 2010 hatte die damalige Regierung Kontodaten von griechischen Steuerflüchtlingen zugespielt bekommen – die so genannte Lagarde-Liste, benannt nach der damaligen französischen Finanzministerin.
Doch die sei drei Jahre lang in irgendeiner Schublade verschwunden, sagte der Syriza-Politiker, weil die Vorgänger-Regierungen nicht an die dicken Fische ran wollten. Mit der neuen Borjans-Liste habe es nicht mal drei Wochen gedauert, bis die ersten Fälle identifiziert waren.
"Nach den Informationen, die mir vorliegen, wurden bereits die Namen von hunderten Steuerzahlern festgestellt, die illegal Geld ins Ausland transferiert haben. Aber das ist Sache der Steuerbehörden. Die Regierung will deren Arbeit nicht beeinflussen."
600.000 Euro hinterzogene Steuern - pro Fall
Borjans-Liste - so heißt in Griechenland die CD mit Schweizer Bankdaten, die der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans seinen griechischen Kollegen zur Verfügung gestellt hat. Auch die Lagarde-Liste haben die griechischen Steuerfahnder inzwischen durchforstet. Insgesamt seien Tausende Fälle von Steuerhinterziehung in Bearbeitung. Pro Fall gehe es um durchschnittlich 600.000 Euro hinterzogene Steuern, so der stellvertretende Finanzminister - in Einzelfällen aber auch um hohe Millionenbeträge. Wenn die Steuerfahnder jetzt unbehelligt von der Politik arbeiten könnten, sei das ein großer Fortschritt, sagt Nikos Vettas, Direktor des Athener Wirtschaftsforschungsinstituts "Iobe". Zu lange sei es beim Umgang mit den Steuer-CDs gar nicht um die Sache gegangen.
"Leider hat die Politik das Thema für gegenseitige Vorwürfe missbraucht. Statt es - ohne großen Lärm - zu einem nützlichen Werkzeug der Steuerverwaltung zu machen."
Einen großen Fortschritt gebe es in der griechischen Finanzverwaltung: Sämtliche Steuererklärungen würden inzwischen elektronisch abgewickelt. Das habe Kräfte freigesetzt - zum Beispiel, um sich stärker mit der Steuerflucht zu beschäftigen.
Unterbezahlte Steuerfahnder sind anfällig für Bestechung
Aber offenbar nicht genügend. So forderten griechische Staatsanwälte, die Regierung müsse 300 zusätzliche Ermittler einstellen. Auch der stellvertretende Finanzminister würde die Schlagkraft der Steuerfahndung gerne erhöhen. Die Sparauflagen der internationalen Gläubiger ließen dafür aber nicht viel Spielraum.
"Laut Reformprogramm ist das Personal beschränkt, wir können nicht einfach neue Leute einstellen. Es geht aber auch um die Bezahlung. Wenn sie einen Steuerfahnder Millionenfälle kontrollieren lassen und er verdient nur 850 Euro im Monat, ist klar, was passieren wird."
Was Trifon Alexiadis meint: Unterbezahlte Steuerfahnder sind anfällig für Bestechung. Er hofft auch auf die Hilfe aus Deutschland und speziell Nordrhein-Westfalen – nicht nur durch das Bereitstellen von Steuerdaten. Geplant ist auch, dass NRW Know-how liefert und die Griechen bei der Ausbildung von Finanzbeamten unterstützt. Grundsätzlich eine gute Sache, findet auch Wirtschafswissenschaftler Nikos Vettas.
Steuerhinterziehung im Alltag: Schwarzarbeit
"Wenn Sie schlau sind, schauen sie sich an, was diejenigen tun, die erfolgreich sind, und kopieren deren System. Know-how zu importieren, kann entscheidend sein. Aber man sollte auch keine Wunder erwarten."
Damit die Steuern in Griechenland sprudeln, müsse sich noch viel verändern. Steuerhinterziehung gebe es nicht nur im großen Stil, sondern auch im Alltag. Viele Griechen arbeiten schwarz. Und der Trend nimmt eher zu, weil die Steuern und Abgaben in den letzten Jahren immer weiter gestiegen sind.