Er ist alles andere als eine verkrachte Existenz aus dem Dunstkreis der Schlapphüte. Christopher Steele war Chef des Russland-Desk im britischen Auslandsgeheimdienst MI6, der schräg gegenüber von Westminster auf der anderen Themse-Seite sein Hauptquartier hat.
Seit gestern Abend ist Steele abgetaucht beziehungsweise in Sicherheit gebracht worden. Der zur Zeit berühmteste ehemalige britische Geheimagent fürchtet um seine Sicherheit und hat Angst vor Repressalien aus Moskau. Sein Firmenpartner Christopher Burrow wollte wohl auch deswegen heute nichts sagen.
"Im Lichte dessen, was in den letzten 24 Stunden passiert ist, halten wir es für angebracht, keinen Kommentar im Moment abzugeben. Über das was geschehen ist und ob unsere Firma Orbis involviert ist oder nicht. Wir werden die Lage in den nächsten Tagen fortwährend überprüfen."
Steele soll mit Litwinenko zusammgearbeitet haben
Christopher Steele, 53 Jahre alt, ist Direktor einer Sicherheitsfirma mit Sitz in London und erhielt letztes Jahr den Auftrag, ein Dossier über den US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump anzulegen. Die Auftraggeber waren Rivalen unter den US-Republikanern, später dann wohl die Demokraten. Steele verfügt über sehr gute Kontakte zum russischen Geheimdienst FSB.
Er habe in Moskau aus Geheimdienstkreisen erfahren, dass es ein Trump belastendes Sex-Video gäbe, aber auch Material über seine geschäftlichen Verbindungen. Geheimdienst-Kenner in Großbritannien gehen allerdings davon aus, dass Steele von diesem Material nur gehört, es aber nicht selbst gesehen hat.
Dass Steele jetzt auf der Flucht ist, hat seine Gründe. Er soll mit dem russischen Geheimdienstmann Alexander Litwinenko zusammengearbeitet haben, der – nach Überzeugung eines britischen Gerichts – auf Geheiß des Kremls mit Polonium vergiftet und ermordet wurde. Steele sei ein Top-Mann in seiner Branche. So habe er für das FBI in Russland Material über die Korruption innerhalb der FIFA und gegen Sepp Blatter recherchiert.
Steel übergab Dossier ans FBI
Steele scheint die Brisanz seiner Informationen sofort klar geworden zu sein. Denn entgegen dem Rat seiner Firma übergab er das Dossier über Donald Trump der amerikanischen Polizeibehörde FBI. Offenbar wussten eine ganze Reihe von Leuten schon vor der Präsidentschaftswahl am 8. November, dass es dieses Dossier gibt. Auch die BBC will es gekannt haben. Da die Behauptungen darin aber nicht belegt seien, habe man darauf verzichtet, sie zu veröffentlichen.
Noch ein zweiter Brite soll in die Affäre verwickelt sein. Mehreren Zeitungsberichten zufolge hatte ein früherer Botschafter Großbritanniens in Moskau das Dossier an US-Senator John McCain gegeben, der es ebenfalls dem FBI weiterleitete. Wer der Botschafter gewesen sein soll, ist allerdings nicht bekannt.
Christopher Steele selbst hat sich jedenfalls dafür entschieden, alle Interviews abzulehnen und sich an einem unbekannten Ort versteckt zu halten. Sein Nachbar berichtet, Steele habe ihn noch gebeten, sich für die Zeit seiner Abwesenheit um seine drei Katzen zu kümmern.