Bei Genehmigungsverfahren für neue Flughäfen und beim Ausbau bestehender gibt es zahlreiche Schwachstellen wenn es um das Thema Fluglärm geht. Denn bislang sind viele Verfahren nicht aufeinander abgestimmt. Kompetenzen sind auf Bund und Bundesländer verteilt, eine gesamtstaatliche Bedarfsplanung über die Interessen der Bundesländer und Fluggesellschaften hinaus gibt es nicht. Wird bei bestehenden Flughäfen die Kapazität langsam erhöht, kann es zu Problemen kommen, die im ursprünglichen Planungsverfahren noch gar nicht berücksichtigt waren. Auch gibt es im Luftverkehrsgesetz bislang keine Grenzwerte für Fluglärm.
Es gibt keine gesamtstaatliche Bedarfsplanung
Gerade eine Neuplanung wie der BER, der neue Hauptstadtflughafen, habe viele Defizite aufgedeckt, die es bei den bisherigen Verfahren gebe, sagt Christian Callies vom Sachverständigenrat für Umweltfragen. Zum einen sei die Genehmigung des Flughafens zeitlich getrennt von der Festlegung der Flugrouten:
"Das heißt, viele Bewohner, die dann von den An- und Abflügen betroffen sind, sich damals gar nicht angesprochen fühlten, sich in diesem Verfahren zu beteiligen, weil ihnen gar nicht bewusst war, dass sie davon betroffen sein können."
Sondergutachten mit zahlreichen Vorschlägen
In seinem Sondergutachten, das am Mittag auch Bundesumweltministerin Barbara Hendriks übergeben wird, macht der Sachverständigenrat für Umweltfragen zahlreiche Vorschläge, wie diese Probleme angegangen werden könnten.
"Und hier schlagen wir als Sachverständigenrat eben eine bessere Kopplung zwischen Flughafenplanung, Genehmigung und Flugrouten vor. Ferner schlagen wir vor, dass die Flugrouten, auch dann, wenn sie wesentlich geändert werden, einer eigene Umweltverträglichkeitsprüfung mit Öffentlichkeitsbeteiligung unterworfen werden."
Lärm könnte regional gerechter verteilt werden
Nach Ansicht des Sachverständigenrates sollte außerdem der Bund für die bundesweite Bedarfsplanung für den Luftverkehr zuständig sein. Und damit bestimmen können, ob und wo ein Flughafen notwendig und sinnvoll ist. Damit könne der Lärm regional gerechter verteilt werden.
Das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung sollte frühzeitig am Planfeststellungsverfahren beteiligt werden und dabei die Prognosen für die geplanten Flugrouten bestätigen müssen. Auf diese Weise wüssten Anwohner rechtzeitig über die potenzielle Lärmbelästigung Bescheid. Um den Lärmschutz zu stärken sollte, so heißt es in dem Gutachten, das Umweltbundesamt einer Flugroutenverordnung zustimmen müssen. Bislang ist dessen Stellungnahme nicht bindend.
Feste Grenzwerte für Fluglärm gefordert
Wichtig sei auch, dass ähnlich wie bei Straßen- und Schienenlärm feste Grenzwerte für Fluglärm festgelegt würden, sagt Christian Callies.
Der Gesetzgeber sollte außerdem Kriterien festlegen, die bei der Festsetzung der Flugrouten eine maßgebliche Rolle spielen. Dabei, so heißt es in dem Gutachten, müsse dem Schutz vor unzumutbarem Fluglärm ein erhöhtes Gewicht zukommen. Besonders der Bedeutung der ungestörten Nachtruhe sei Rechnung zutragen. Das bedeute aber auch eine Einschränkung der Nutzungszeiten an Flughäfen sagt Callies. Für die Nacht sollte gelten:
"Dass diese Kernzeiten von zehn bis sechs Uhr praktisch in der Regel flugverkehrsfrei sind. Und in den Randzeiten zwischen 22 Uhr und Mitternacht sowie zwischen fünf und sechs Uhr morgens nur ausnahmsweise Flugverkehr zulässig ist."
Das Umweltbundesamt, das heute ebenfalls ein eigenes Gutachten veröffentlicht, stimmt dem des Sachverständigenrates weitgehend zu.