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Handelssanktionen
Trump vertagt Strafzölle gegen die EU

Mit den angedrohten Strafzöllen will US-Präsident Trump jetzt Ernst machen, zunächst einmal aber nur bei chinesischen Produkten. Andere Länder, darunter auch die Staaten der EU, bleiben vorerst verschont. Hier soll weiter verhandelt werden - mit welchem Ziel ist noch unklar.

Von Thilo Kößler |
    Auf einem Bildschirm in der New Yorker Börse ist der Schlusskurs des Dow-Jones-Index zu sehen, der nach der Bekanntgabe von Strafzöllen gegen China 700 Punkte niedriger schloss.
    Der Schlusskurs des Dow-Jones schloss nach der Bekanntggabe von Strafzöllen gegen China 700 Punkte niedriger (imago / Wang Ying)
    Die gute Nachricht kam kurz vor knapp – und sorgte auf der anderen Seite des Atlantiks nur kurzfristig für aufgehellte Mienen: Die Entscheidung des amerikanischen Präsidenten, auch die EU zunächst von den Strafzöllen für Stahl- und Aluminiumprodukte auszunehmen, gilt nur unter dem Vorbehalt weiterer Verhandlungen und bedeutet keinesfalls, dass die Drohung damit vom Tisch ist. Der Beschluss besagt lediglich, dass der Vollzug der Strafzölle nicht an diesem Freitag erfolgt.
    Für die EU-Emissäre in Washington, die jetzt mit den hartleibigen Protektionismus-Verfechtern der Ross- und Lighthizer-Fraktion weiter verhandeln müssen, ist der Druck damit keinesfalls gewichen. Wobei völlig unklar ist, welches Entgegenkommen die Vereinigten Staaten eigentlich von ihren europäischen Gesprächspartnern erwarten.
    Der Aufschub der angedrohten Handelssanktionen war überraschend von Robert Lighthizer verkündet worden, als er von einem Senatsausschuss befragt wurde. Lighthizer berief sich auf den Präsidenten, als er die einstweilige Aussetzung der Strafzölle für die EU bekannt gab.
    Sanktionsdrohung wie ein Damoklesschwert
    Der Aufschub der Sanktionen betrifft im Übrigen nicht exklusiv die Europäische Union – auch den NAFTA-Staaten Kanada und Mexiko sowie Australien, Argentinien, Brasilien und Südkorea wurde ein nicht näher definiertes Zeitfenster für Nachverhandlungen eröffnet.
    Dass die Sanktionsdrohung nach wie vor wie ein Damoklesschwert über den amerikanischen Handelspartnern hängt, machte auch der Präsident selbst deutlich, als er wenig später die Europäische Union noch einmal heftig kritisierte. Sie habe unfaire Handelsbarrieren gegenüber den USA errichtet, sagte er.
    US-Handelsminister Wilbur Ross sprach noch einmal dezidiert die deutschen Automobilhersteller an – Stahl, der in Form eines Autos importiert werde, sei nicht weniger problematisch als Stahl in seiner Rohform, sagte er.
    Als Donald Trump schließlich ein Memorandum unterschrieb, mit dem er die konkrete Ausarbeitung der Strafmaßnahmen gegen China auf den Weg brachte, wurde er in seiner Drohgebärde noch deutlicher: Dies sei nur die erste Strafaktion – viele weitere würden folgen.
    Nicht nur Stahl- und Aluminiumprodukte betroffen
    China wird es als erstes treffen, obwohl Trump betonte, wie gut er sich persönlich mit dem chinesischen Staatspräsidenten versteht. Sein Handelsbeauftragter Lighthizer soll binnen 15 Tagen einen Katalog chinesischer Waren und der vorgesehenen Zölle erstellen. Er soll dann veröffentlicht werden. Dabei geht es laut Trump um ein Volumen von 60 Milliarden Dollar und keinesfalls nur um Stahl- und Aluminiumprodukte. Dies sei die amerikanische Antwort auf ein Handelsdefizit in Höhe von 800 Milliarden Dollar, sagte Trump – und auf den milliardenschweren Diebstahl geistigen Eigentums, den China geradezu generalstabsmäßig organisiert habe.
    Auch bei den Strafmaßnahmen gegen China stellt sich jetzt die Frage nach der handelspolitischen Antwort Pekings, nach möglichen Vergeltungsmaßnahmen und den Folgen für die US-amerikanische Wirtschaft. China ist der wichtigste Handelspartner der Vereinigten Staaten und finanziert über Staatsanleihen das amerikanische Haushaltsdefizit mit.