Holz schleifen, Schrauben eindrehen, Brot backen – einiges können die Besucher der Internationalen Handwerksmesse in München selbst ausprobieren. Das ist interessant – auch für Menschen, die aus Krisenregionen nach Deutschland geflohen sind und jetzt eine Ausbildung suchen. Wie ein junger Mann aus Somalia:
"I wanted to working and I am searching a job."
Zusammen mit anderen jungen Flüchtlingen schaut er sich auf der Handwerksmesse um – auch wenn er eigentlich als Pfleger im Krankenhaus arbeiten will.
"I’m interested in nursing – hospital."
Mehr als 1.000 Aussteller präsentieren ihre Arbeit: Dachdecker, Anlagenmechaniker, Metzger, Konditoren. Am Stand der Handwerkskammer für München und Oberbayern steht Christoph Karmann. Er berät Betriebe, die Flüchtlinge ausbilden.
"Ganz wichtig ist ja nicht nur, junge Flüchtlinge in Ausbildung zu bringen, sondern auch die Betriebe zu unterstützen, damit die Ausbildung erfolgreich abgeschlossen wird."
Zwei Jahre Integrationsklasse, um Abbrecherquote zu verringern
Denn immer wieder brechen Flüchtlinge ihre Lehre ab: Sprachprobleme, zu hohe Anforderungen in der Berufsschule, schmales Gehalt. Inzwischen, sagt der Vertreter der Handwerkskammer, wollen sie die hohe Abbrecherquote von vornherein verhindern. In Bayern etwa werden Neuankömmlinge in Berufsintegrationsklassen zwei Jahre lang auf den Arbeitsmarkt vorbereitet. Sie lernen Deutsch und können einen Schulabschluss nachholen. Christoph Karmann erklärt ihnen in dieser Zeit das deutsche Ausbildungsmodell.
"Wenn man aus einem Land kommt, in eine Berufsausbildung nicht in dieser Form existiert, dauert das schon, bis man das so versteht. Man muss den Leuten die Perspektive aufzeigen: Mit der Ausbildung habt ihr danach sehr große Möglichkeiten. Die Ausbildung ist nur die Basis eines Hauses, das ihr für euer Leben aufbaut."
Laut Handwerksverband haben mehr als 40 Prozent der Betriebe Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen. Eine Befragung des Ifo-Instituts zeigt: Ein Drittel der Unternehmen hierzulande will in diesem oder im kommenden Jahr geflüchtete Menschen anstellen. Das ist eine deutliche Steigerung. Denn zuletzt haben nur sieben Prozent der Firmen Flüchtlinge beschäftigt.
"Betriebe sind immer offen, Auszubildende bei sich zu haben. Wenn der- oder diejenige zu einem passt, spielt es keine Rolle, wo jemand herkommt."
Persönliches Engagement kann Sprachlücken auffangen
Entscheidend ist die Sprache, heißt es auch auf der Handwerksmesse immer wieder. Verlangt wird mindestens der Sprachstandard B1, also Stufe drei von sechs. Sonst hätten die Lehrlinge spätestens in der Berufsschule ein Problem. Am Stand der Metallinnung München steht Walter Stiegler, selbstständiger Schlossermeister.
"Da ist halt einfach die Kommunikation wichtig, die Sprache ist das A und O. Und dann würde es auch funktionieren. Wenn man kommunizieren kann, warum nicht."
Der Münchner Schlosser berichtet, auch in seiner Innung seien zuletzt Dutzende Lehrlingsstellen unbesetzt geblieben. Junge Flüchtlinge könnten diese Lücke mit abdecken.
"Unser Lehrlingswart hat jetzt einen Iraker gehabt, der hat die Ausbildung abgeschlossen. Und obwohl er Sprachprobleme hatte, konnte er die Lehrzeit verkürzen. Weil er sich engagiert und Interesse gezeigt hat, dass er diesen Beruf machen möchte. Und der macht ihm auch richtig Spaß."
Facharbeiter nach der Ausbildung für zwei Jahre im Betrieb halten
Eine Hürde ist bisher die Frage, ob ein Flüchtling für die Dauer seiner Ausbildung überhaupt in Deutschland bleiben darf. Im sogenannten Asylpaket II hat der Bundestag dazu gestern ein Gesetz in Aussicht gestellt: Auszubildende sollen für die Dauer ihrer Ausbildung, meist drei Jahre, und für zwei Jahre danach ein Aufenthaltsrecht bekommen. Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer:
"Wenn die solche jungen Leute mit erhöhtem Ausbildungsaufwand in die Ausbildung nehmen, dann muss für die Betriebe sichergestellt sein, dass es dann auch möglich ist, die Ausbildung zu Ende zu machen. Und dass der Betrieb dann auch noch für zwei Jahre einen guten Facharbeiter im Betrieb halten kann."
Die rund eine Million Handwerksbetriebe in Deutschland hoffen, dass sie künftig wieder mehr Lehrstellen besetzen können: mit möglichst gut vorbereiteten Flüchtlingen.